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Am Anfang des Weges

Am Anfang des Weges

Titel: Am Anfang des Weges
Autoren: Richard Paul Evans
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schwarze Rennwagenstreifen. Ich konnte die Musik aus dem Wagen hören, noch bevor er mich eingeholt hatte, das schwere Wummern von Rap-Bässen. Der Wagen kam näher und fuhr dann im Schritttempo neben mir her. Ein hässlicher Junge mit pockennarbiger Haut beugte sich aus dem Fenster.
    »Hey, was geht ab?«
    Ich sah, dass der Wagen voller junger Leute war. »Nichts«, sagte ich. »Ich gehe nur.«
    »Was hast’n du da?«
    »Nichts.« Ich ging weiter, in der Hoffnung, dass die Typen das Interesse verlieren würden. Ein anderer Wagen fuhr vorbei. Der Junge sagte etwas zu dem Fahrer, und die Reifen des Wagens quietschten, als er sich vor mir auf der Straße querstellte. Die Türen wurden aufgerissen, und fünf Jugendliche kletterten heraus. Bedauerlicherweise war der pockennarbige Junge der kleinste der Gruppe. Einer der Burschen war ein Riese, mindestens fünfzehn Zentimeter größer als ich. Er hatte die Arme vor der Brust verschränkt, und auf beiden Armen hatte er Tätowierungen und Narben.
    Die Gang umringte mich.
    »Was hast’n du da in deinem Rucksack?«, fragte der hässliche Junge.
    »Nichts, was du haben wolltest.«
    »Gib schon her.«
    »Das willst du doch nicht tun«, sagte ich.
    Seine Miene verfinsterte sich. »Sag du mir nicht, was ich will, Mann.«
    »Wir machen dich fertig«, sagte jemand hinter mir.
    Meine Augen huschten zwischen ihnen hin und her. Ich änderte meine Meinung. »Ihr könnt meinen Rucksack haben«, sagte ich.
    »Den nehmen wir uns, wenn wir fertig sind«, sagte eine andere Stimme.
    »Wir wollten jemandem den Arsch versohlen«, sagte der hässliche Junge. »Und hier bist du.«
    »Das ist nicht sehr cool«, sagte ich. »Warum steigt ihr nicht einfach wieder in euren Wagen …«
    Der hässliche Junge sagte zu dem Riesen: »Er quatscht schon wieder. Du solltest ihm das Maul stopfen.«
    Der Ring schloss sich enger um mich.
    Ich nahm meinen Rucksack ab. »Hey, kommt schon, warum wollt ihr denn …«
    Ich kam schon wieder nicht dazu, auszureden. Der erste Schlag traf mich am Hinterkopf. Es war keine Faust. Irgendetwas Hölzernes, ein Baseballschläger vermutlich. Ich sah Sterne, aber irgendwie schaffte ich es, mich auf den Beinen zu halten. Während ich mir an den Kopf fasste, gingen zwei von ihnen auf mich los, der hässliche Junge und ein anderer.
    Ich holte zu einem Schlag gegen den hässlichen Jungen aus und traf ihn so hart, dass er zu Boden ging. Einer seiner Freunde lachte ihn aus, und ich hörte ihn laut fluchen, während er sich wieder hochrappelte. Er ging wieder auf mich los.
    Die nächsten Minuten schienen in Zeitlupe abzulaufen. Ich fühlte mich wie in einem Albtraum, in dem man fliehen will, sich aber nicht bewegen kann. Ich wurde zu Boden geschlagen, und dann wurde von allen Seiten auf mich eingeprügelt und -getreten. Ich riss die Arme hoch, um mein Gesicht zu schützen, während der Riese mir immer wieder mit Stiefeln auf den Kopf trat, die sich anfühlten, als würden sie fünfzig Kilo wiegen.
    Auf einmal hörten die Tritte und Schläge auf. Ich rollte mich auf die Seite und hustete Flüssigkeit. Blut tropfte mir übers Gesicht. Der hässliche Junge hielt ein Messer in der Hand.
    »Willst du sterben, Loser?«
    Ich starrte zu ihm hoch, während er über mir stand. Nach den vielen Schlägen konnte ich nur noch verschwommen sehen. Das war meine Chance. Dieser Schlägertyp konnte zu Ende bringen, was ich selbst nicht tun konnte oder wollte. Leben oder Tod. Irgendwie hatte ich das Gefühl, dass ich diesmal wirklich die Wahl hatte.
    »Nein«, sagte ich. »Das will ich nicht.«
    »Du hast keine Wahl«, sagte er.
    In dem Augenblick landete ein Stiefel mitten in meinem Gesicht, und ich verlor das Bewusstsein.

Fünfunddreißigstes Kapitel
    Kierkegaard schrieb, dass »wir unser Leben rückwärts verstehen, aber vorwärts leben müssen«. Er hatte natürlich Recht. Aber wenn wir auf die Hammerschläge zurückblicken, die unsere Seelen bearbeiten und formen, dann verstehen wir mehr als unser Leben oder uns selbst – wir beginnen, den Bildhauer zu begreifen.
    Alan Christoffersens Tagebuch
    Ich würde das, was ich als Nächstes erlebte, als eine Art außerkörperliche Erfahrung beschreiben, nur dass ich dafür eigentlich zu viele Schmerzen hatte. Ich hatte höllische Schmerzen.
    Jemand kniete neben mir. Rings um mich hörte ich Stimmen, es waren andere als die meiner Angreifer. Ältere. Klarere. Sie wirbelten um mich herum und sprachen über mich. Keine davon sprach mit mir – als wäre
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