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Althars Wolkenhort

Althars Wolkenhort

Titel: Althars Wolkenhort
Autoren: Horst Hoffmann
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trennte sie den zweiten Hauer vom Kopf des Keilers.
    »Du spießt niemanden mehr auf!« schrie Mythor. »Und nun...«
    Er ließ die Mähne des Riesen los, der jetzt wie von Dämonen besessen um die eigene Körperachse wirbelte. Mythor nahm den Griff Altons in beide Hände und machte Anstalten, das Gläserne Schwert wie einen Dolch in den Nacken des Tieres zu stoßen.
    Die Melodie verstummte. Mythor zögerte und strengte seine Ohren an. Dann folgten zwei, drei helle Pfiffe.
    »He!« brüllte Nottr. »Was ist in euch gefahren? Verdammt, bleib stehen, du.«
    »Spring ab!« rief Mythor, selbst schon wieder auf festem Boden.
    Die Wildschweine flohen. Eines nach dem anderen verschwanden sie im Dunkel zwischen den dicht beieinanderstehenden Stämmen.
    Noch einmal sahen sich Mythor und der Keiler mit der goldenen Kette gegenseitig in die Augen. Dann stürmte auch das Leittier davon.
    Mythor atmete auf. Noch verstand er nicht ganz, was hier gespielt wurde, aber er war sicher, es schnell zu erfahren. Er drehte sich um und wischte die Klinge des Gläsernen Schwerts am Fell eines getöteten Tieres ab.
    Nottr kam von einem Baum herunter, an dessen Stamm er sich in höchster Not geklammert hatte, als sein Tier mit den anderen davongeprescht war. Mythor half Kalathee von der Eiche herunter.
    »Sie werden zurückkommen«, flüsterte das Mädchen.
    »Kaum. Wo steckt Sadagar?«
    Der Steinmann schob seinen Kopf zwischen drei toten Wildschweinen hervor, die dicht beieinanderlagen. Er grinste verlegen und machte sich daran, seine Messer einzusammeln.
    Nottr kam heran. Er blutete aus einer Beinwunde. »Was ist in sie gefahren?« wollte er wissen. »Mythor, du weißt etwas!«
    Der Lorvaner war außer Atem. Er wischte sich Schweiß von der Stirn. Sadagars Grinsen verflog schnell. Ängstlich sah er sich um. Sie waren alle weit mehr geschwächt, als es im ersten Moment den Anschein gehabt hatte.
    Auch Mythor atmete schwer. »Komm heraus!« rief er. »Mit deiner Flöte!«
    »Was.?« wollte Nottr fragen, doch da klappte seine Kinnlade nach unten. Seine Augen wurden weit, und fast zaghaft hob er den Arm mit dem Schwert. Mythor brauchte sich nicht umzudrehen, um zu wissen, auf wen er zeigte. Erst als Nottr dröhnend zu lachen begann, wandte er sich langsam um.
    »Was. was ist das für eine Jammergestalt?« rief der Lorvaner. »Mythor, träume ich? Das ist...«
    »Der Herr der Wildschweine«, vollendete Mythor, nicht minder überrascht als Nottr.
    Der Mann stand zwischen den Bäumen, nur einen Steinwurf von den Freunden entfernt. Nottr hatte ihn nicht kommen sehen. Er war einfach plötzlich dagewesen, als habe ihn der Boden ausgespuckt.
    Er war kaum größer als Kalathee und so dürr, dass die Knochen seines Schädels sich deutlich unter der bleichen Haut abzeichneten. Auch die Hände schienen nur aus Haut und Knochen zu bestehen. Eine lange, spitze Nase zierte dieses hagere Gesicht. Strohblonde Borstenhaare standen lang und ungepflegt nach allen Seiten von seinem Kopf ab. Dazu trug er ein schütteres Bärtchen.
    Gekleidet war er in ein weites, buntkariertes Kostüm und eine Schellenmütze, deren Zipfel bis auf seine Brust reichte. Unglaublich große rote Schuhe mit nach oben geschwungenen Spitzen rundeten die Erscheinung ab.
    »Das ist ein entsprungener Hofnarr!« entfuhr es Steinmann Sadagar.
    »Der Herr dieser Wildschweinbande«, wiederholte Mythor, der als einziger ernst geblieben war. Selbst Kalathee lächelte. Mythor sah in die Augen des kleinen Männchens, dann auf das Instrument in seiner rechten Hand, das in der Tat an eine Panflöte erinnerte.
    Er deutete mit dem Schwert darauf. »Ihr habt die Melodie gehört. Mit dieser Flöte blies er die Schweine zum Angriff, und mit ihr blies er sie zurück.«
    Der Mann kam näher, zögernd zunächst, dann mit sicheren, tänzelnden Schritten. Ein kindisches Grinsen überzog sein Gesicht.
    »Dann sollten wir ihm das Fell über...«
    Mythor legte die Hand auf Nottrs Mund. »Lass ihn kommen«, flüsterte er.
    Und der seltsame Mann kam weiter heran. Zwei Schritte vor den Freunden blieb er stehen und machte eine tiefe Verbeugung. »Verzeiht mir«, bat er mit heller Stimme. »Verzeiht Baumer, dem Hüter der Wälder, dem Beschützer von Mensch und Tier, dass er euch in seiner großen Unwissenheit für Caer hielt.«
    Er richtete sich auf. Listig funkelnde Augen musterten die Freunde und blieben lange auf Kalathee gerichtet. Dann schlug er sich mit der flachen Hand gegen die Stirn. Dabei lächelte er immer
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