Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Alterra: Der Herr des Nebels: Roman (German Edition)

Alterra: Der Herr des Nebels: Roman (German Edition)

Titel: Alterra: Der Herr des Nebels: Roman (German Edition)
Autoren: Maxime Chattam
Vom Netzwerk:
Norden! Und wir werden ihn treffen!«
    Je weiter sie sich vom Fort entfernten, desto tiefer wurde der Schnee. Sie kamen nur langsam voran und mussten die Beine bei jedem Schritt mühsam aus dem Schnee ziehen, aber sie näherten sich der Stelle, an der die Gestalt zwischen den Bäumen verschwunden war.
    Gavan zeigte auf das Beil, das Jon am Ledergürtel trug.
    »Warum hast du deine Waffe mitgenommen, wenn du so sicher bist, dass es ein überlebender Pan ist?«
    »Man kann nie vorsichtig genug sein. Hier wimmelt es vor Tieren, die nicht so friedlich wie ein Pan sind!«
    Sie schlüpften unter den ersten Zweigen hindurch und starrten in die Dunkelheit. Wo war der Besucher?
    »Hallo!«, schrie Gavan. »Wir sind Freunde! Du kannst aus deinem Versteck kommen!«
    Die Rufe des jungen Pans blieben ohne Antwort. Nur das Knarren der Äste unter dem Gewicht des Schnees war zu hören und der Wind, der bei dem vergeblichen Versuch, in den Wald einzudringen, gegen die Bäume peitschte und die pulvrigen Flocken aufwirbelte.
    »Hab keine Angst! Wir sind auf deiner Seite!«, rief Gavan.
    Michael schüttelte den Kopf.
    »Seid ihr sicher, dass ihr euch das Ganze nicht nur eingebildet habt?«, fragte er.
    »Ganz sicher«, erwiderte Jon. »Er war –«
    Plötzlich stand die Gestalt auf einer kleinen Anhöhe zwischen zwei Ästen. In ihrem braunen Mantel mit großer Kapuze sah sie wie ein gesichtsloser Mönch aus. Sie war nicht größer als einen Meter sechzig.
    Jon hob die Hand, um ihr zu zeigen, dass sie in friedlicher Absicht kamen.
    »Hallo«, sagte er. »Willkommen am nördlichen Vorposten. Ich heiße Jon.«
    Als die Gestalt sich nicht regte, kletterte Gavan über einen Haufen loser Zweige und näherte sich ihr langsam.
    »Fürchte dich nicht«, sagte er. »Sprichst du Englisch?«
    Die Kapuze wandte sich Gavan zu, doch in der Dunkelheit war immer noch kein Gesicht zu sehen.
    Gavan legte die letzten Meter zurück, blieb vor dem Besucher stehen und streckte die Hand zum Gruß aus. Von seiner Position aus konnte Jon keine Einzelheiten erkennen, aber er sah, wie Gavan plötzlich zurückwich.
    Ein gellender Schrei hallte durch die Nacht.
    Ein Schrei des Entsetzens.
    »Was ist los?«, rief Michael.
    »Das ist kein Pan!«
    Der kurz gewachsene Mönch duckte sich und schnellte so unerwartet vor, als hätte er Sprungfedern unter den Füßen. Mit einem Satz war er über Gavan. Zwei kleine Hände mit lederner Haut, die von schwarzen Furunkeln übersät waren, schossen aus den Ärmeln hervor und griffen nach Gavans Gesicht. Es gab kein Entkommen.
    Bevor die anderen Pans reagieren konnten, floss dichter schwarzer Rauch wie ein Wasserstrahl aus der Kapuze und ergoss sich über Gavans Kopf.
    Michael zog einen langen Dolch und stürzte sich auf den Angreifer. Da sauste aus dem Nichts ein schwarzer Riemen herbei und wickelte sich blitzschnell um seinen Hals.
    Jon fuhr herum und erblickte eine zweite Gestalt hinter sich. Sie hielt einen peitschenähnlichen Gegenstand. Aus den Augenwinkeln nahm er neben sich eine Bewegung wahr und warf sich instinktiv zu Boden. Dadurch entging er um Haaresbreite einer dritten Attacke. Jon stützte sich mit einem Knie am Boden ab und hieb mit seinem Beil um sich. Wie viele waren es?
    Sie kamen von überall. Bald zählte er sechs Gegner. Alle identisch, klein, mit pusteligen Händen, das Gesicht unter einer Kapuze verborgen.
    Bevor Michael den Mund öffnen konnte, wurde sein Kopf vom Rumpf abgetrennt und flog durch die Luft.
    »Nein!«, brüllte einer der Pans.
    Zwei Gestalten stürzten sich auf ihn. Die eine wehrte seinen Faustschlag ab, während die andere ihm eine dunkle Wolke ins Gesicht spuckte.
    Mittlerweile wurde Gavan von Krämpfen geschüttelt. Er konnte sich kaum noch auf den Beinen halten und sperrte den Mund auf wie ein Fisch an Land. Seine Augen waren weit aufgerissen, seine Lippen hatten sich schwarz verfärbt. Auf einmal nahm seine Haut ein düsteres Grau an, dicke schwarze Adern zeichneten sich auf Wangen, Schläfen und Stirn ab, und er brach zusammen.
    Um Jon herum sanken die vier anderen Pans in weniger als fünf Sekunden zu Boden. Leblos.
    Jon wich zurück. Er musste hier weg. Zurück zum Fort.
    Und dann? Nie im Leben kann ich mich allein gegen diese … diese Monster zur Wehr setzen!
    Eine Gestalt glitt lautlos heran und blieb vor ihm stehen. Sie hob den Kopf. Da erblickte Jon ihr Gesicht.
    Er ließ sein Beil fallen und wusste, dass es keine Hoffnung mehr gab.

1. Zwietracht in Friedenszeiten
    P
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher