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Alterra: Der Herr des Nebels: Roman (German Edition)

Alterra: Der Herr des Nebels: Roman (German Edition)

Titel: Alterra: Der Herr des Nebels: Roman (German Edition)
Autoren: Maxime Chattam
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Nachtschleicher hat mit Abwechslung nichts zu tun. Wir fünf würden ihm keine Nacht lang standhalten.«
    Gavan zuckte die Achseln.
    »War nur so dahingesagt, mir ist einfach langweilig. Außerdem gibt’s hier im Norden eh keine mehr. Sie sind alle fort. Glaubst du, dass es in den kommenden sechs Monaten so ruhig bleiben wird?«
    »Keine Ahnung.«
    »Im Krieg gegen die Erwachsenen hatten wir wenigstens keine Wahl, da mussten wir wachsam sein. Gut, ich sag nicht, dass ich mich nach dieser Zeit zurücksehne, das ist ja wohl klar, aber hier schlafen wir ein …«

    Das Bündnis mit den Zyniks war drei Monate zuvor unterzeichnet worden, und das Leben der beiden Völker nahm allmählich Form an. Jeder blieb auf seinem Gebiet, die Großen – wie die Erwachsenen inzwischen genannt wurden – südlich des Blinden Waldes, regiert von König Balthazar, der Babylon zur Hauptstadt gemacht hatte, die Pans nördlich davon. Sie unterstanden dem Rat von Eden, der versuchte, gerechte Regeln für alle zu erlassen.
    Die Festung im Pass der Wölfe war die Grenze, eine neutrale Zone, in die die Pans und die Großen Botschafter entsandten. Obwohl die Großen noch immer viel Angst vor den Kindern hatten, willigten sie ein, ihre Neugeborenen nicht zu töten. Balthazar versuchte, seine Mitbürger wieder mit der Liebe vertraut zu machen. So brachten die Frauen trotz ihrer Furcht Babys zur Welt und übergaben sie nach der Geburt den Pans, damit diese sich um die Aufzucht kümmerten, weil die Mütter noch nicht dazu in der Lage waren. Im Gegenzug nahmen die Erwachsenen jene Pans auf, die ein gewisses Alter erreicht hatten und sich unter ihresgleichen nicht mehr wohl fühlten, und gliederten sie in ihre Gesellschaft ein.
    Es war schon eine seltsame Zivilisation, in der Kinder andere Kinder aufzogen und die Erwachsenen zurückgezogen und in Angst lebten. Alle waren sich im Klaren darüber, dass es eine Weile dauern würde, bis ein harmonisches Miteinander möglich wäre.
    »Wann kommt denn wieder ein Weitwanderer vorbei?«, fragte Gavan.
    »Der Letzte war vor anderthalb Monaten da, der Nächste dürfte also bald auftauchen. Normalerweise kommen sie alle sechs Wochen.«
    »Ich hoffe, dass er uns viel Neues aus Eden zu berichten hat!«
    Jon nickte abwesend und starrte geradeaus.
    War da nicht eine Bewegung im Unterholz gewesen? Mit hohen Tannen bewachsene Hügel umgaben das Fort, und nicht selten konnte man dort Rehe, Hirsche und Wildschweine beobachten. Aber auch merkwürdigere Lebewesen, die vom Sturm geschaffen worden waren, streiften durchs Unterholz – mutierte Insekten beispielsweise oder Kreuzungen verschiedener Säugetiere.
    Was Jon jedoch gesehen hatte, passte nicht in dieses Raster. Es bewegte sich vielmehr … flink und auf zwei Beinen!
    »Was ist los? Du machst vielleicht ein komisches Gesicht!«, sagte Gavan überrascht.
    »Ich glaube, ich habe dort drüben etwas gesehen. Unter der großen Tanne.«
    »Ein Tier?«
    »Ich weiß nicht … ich glaube … ich glaube, es war eher ein Mensch.«
    »Die anderen sind drinnen, von uns kann es keiner sein. Bist du sicher?«
    In diesem Augenblick glitt eine längliche Gestalt zwischen den Ästen hindurch und verschwand im Schatten des Waldes.
    »Hast du das gesehen?«, rief Jon.
    »Ganz klar ein Mensch! Wir haben einen Besucher!«
    Die beiden Jungen kletterten hastig die Leiter hinab, um ihren drei Freunden Bescheid zu geben. Dann öffneten sie das Tor des Forts und stürmten auf den Wald zu.
    Michael, der Älteste der Garnison, blieb am Eingang stehen und rief Jon hinterher:
    »Wir sollten nicht alle auf einmal rausgehen!«
    »Ich habe einen Jugendlichen gesehen, einen wie uns! Kommt mit! Wenn er Angst hat und flieht, können wir seiner Spur zu fünft besser folgen!«
    »Aber … was ist mit dem Fort?«
    »Mach das Tor zu, so lassen wir es doch immer, wenn wir auf Expedition gehen. Los! Beeilt euch!«
    Michael hatte es offenkundig nicht so eilig wie Jon, dennoch gab er seinen Kameraden im Fort mit einer Handbewegung zu verstehen, dass sie mitkommen sollten. Sie schlossen das Holztor hinter sich und eilten Jon und Gavan durch den Schnee hinterher.
    »Glaubst du, es ist ein Pan aus dem Norden?«, fragte Gavan.
    »Was sonst? Die Gestalt war nicht sehr groß, so wie wir. Und sie war angezogen. Ich habe den Stoff gesehen. Ein Überlebender des Sturms, der uns bestimmt mehr über das Gebiet jenseits der zugefrorenen Flüsse berichten kann. Stell dir vor! Der erste Überlebende aus dem hohen
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