Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
ALTEA (Sturmflut) (German Edition)

ALTEA (Sturmflut) (German Edition)

Titel: ALTEA (Sturmflut) (German Edition)
Autoren: Nina Suslik
Vom Netzwerk:
war los? In den letzten zwei Minuten war Ibrahims Verstand zu einem undurchschaubaren Rätsel geworden.
    Feuer schnellte wieder den Tunnelabgang hinunter und erhellte für einen kurzen Moment alles um uns herum. Die Flammen erreichten uns nicht, doch die Hitze begann alles zu erfüllen. Schweiß tropfte meine Nasenspitze hinunter.
             „Ich habe eine Wahl getroffen.“ Sprach Ibrahim unerwartet weiter. Direkt danach riss er die Waffe wieder hoch und schoss sich in den Kopf. Sein Körper sackte in sich zusammen und Anna schrie vor Entsetzten auf. Ich stand einfach nur da ohne einen Laut von mir zu geben. Ohne mich zu bewegen. Nicht einmal denken konnte ich. Ich starrte bloß auf ihn hinunter, als wäre das alles gerade nur in meiner Fantasie passiert. Wieder rieselte mir Erde auf den Kopf und das Knarren der Holzbalken war zu hören, die langsam anfingen unter den Erschütterungen nachzugeben. Ich sah noch immer auf ihn hinunter. Obwohl ich es doch gesehen hatte, konnte ich es kaum glauben. Ibrahim war tot. Er hatte seiner Existenz selbst ein Ende gesetzt. Es kam so unerwartet und schien doch so… logisch. Für ihn musste es der einzige Weg gewesen sein die Macht über sich selbst zu erlangen. Es war nicht einmal ein wieder erlangen, denn er hatte sie nie gehabt. Für jeden anderen erschien es wie eine völlig unmotivierte Verzweiflungstat. Für ihn war es die Ultima Ratio .
    Zumindest entging er nun seiner größten Angst. Zu seiner Entsorgung würde es nicht mehr kommen. Er würde mehr bekommen, als all die Menschen, die ich verloren hatte: Ein Grab. Nur für einen Sekundenbruchteil empfand ich noch einmal so etwas wie Mitgefühl für Ibrahim. Dann wollte ich nur noch weg. Ich nahm ihm seine Waffe aus der Hand und lief los.
    Der Tunnel führte immer wieder um einige Ecken. Vermutlich, um eventuelle Verfolger besser abzuwehren. Ich konnte die Hand vor Augen nicht sehen. Sich mit ausgestreckten Händen an der Wand entlang zu tasten, war die einzige Möglichkeit. Dieser Fluchtweg war eine enorme Leistung. Dutzende Männer mussten über Monate hinweg daran gearbeitet haben und am Ende konnte er seinen Zweck nicht einmal erfüllen. Vom STEA hatte niemand überlebt.
    Immer wieder rief ich nach Aljoscha, doch bekam keine Antwort. Die Erschütterungen wurden stärker und dann gab es einen heftigen Ruck. Aufgewirbelte Erde schlug uns entgegen und ich fing an zu husten. Ein Teil des Tunnels war bereits eingestürzt. Ein zweiter Ruck warf mich auf die Knie, doch anstatt im Dreck, landete meine rechte Hand auf etwas anderem. Ich hörte ein schwaches Stöhnen. Es war Aljoscha. Ich tastete mich an seinem Körper entlang, bis ich seinen Kopf fühlen konnte. Er lehnte an der Wand und schien bereits völlig kraftlos.
             „Aljoscha!“ Stieß ich voller Erleichterung aus. Ich hatte ihn wiedergefunden und er war noch am Leben. Es war alles was ich wollte. Alles woran ich denken konnte. Die Starre hatte begonnen einzusetzen und er konnte sich nur noch schwer bewegen.
             „Milla…Ibrahim. Er ist hier.“
    Er sagte es mit einem Ton in der Stimme, als wenn ihm bereits Episoden der letzten Minuten fehlen würden. Sein Verstand war langsam geworden.
             „Ich weiß. Keine Sorge. Er wird uns nicht mehr folgen.“ Ich würde ihm später sagen, was mit Ibrahim passiert war.
             „Anna… Ist sie da?“ Fragte er etwas orientierungslos.
             „Ich bin hier.“ Antwortete sie hastig. Ich schlang meine Arme um Aljoschas Brustkorb und begann ihn ein Stück hochzuziehen.
             „Kannst du laufen?“
    Seine Antwort darauf war ein schwaches Lachen. Trotzdem schien er es mit seiner verbliebenen Kraft zu versuchen und es ging erstaunlich gut. Er hatte noch immer sehr viel Willen in sich und die Bereitschaft zum Limit zu gehen. Anna half mir ihn zu stützten. Irgendwie schaffte er es tatsächlich noch sich fast aus eigener Kraft fortzubewegen, aber immer wieder knickten Aljoscha die Beine weg. Es blieben vielleicht noch Minuten, bis er sich nicht mehr rühren würde und noch immer war vom Ende des Tunnels weder etwas zu sehen, noch zu fühlen.
             „Verdammt, wo ist nur das Ende?“ Stieß ich frustriert aus. In diesem Moment war tatsächlich schwaches Licht zu sehen und kurze Zeit später ging es nicht mehr weiter. Ich starrte voller Horror nach oben, als ich realisiert, dass es natürlich nur einen Weg aus diesem Tunnel gab. Nach
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher