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Als ich im Sterben lag (German Edition)

Als ich im Sterben lag (German Edition)

Titel: Als ich im Sterben lag (German Edition)
Autoren: William Faulkner
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heraus. Sie sieht mich an.
    «Lass uns jetzt auf die andere Seite gehn», sage ich.
    Sie sieht mich an. «Es wirkt ganz sicher nicht. Dieses Schwein.»
    «Was wirkt nicht, Dewey Dell?»
    «Ich weiß einfach, dass es nicht wirkt», sagt sie. Ihre Augen sehn nirgendwohin. «Ich weiß es einfach.»
    «Lass uns doch rübergehn», sag ich.
    «Wir müssen zum Hotel zurück. Es ist spät. Wir müssen uns reinschleichen.»
    «Können wir nicht trotzdem dran vorbeigehn und reingucken?»
    «Möchtest du nicht lieber Bananen? Wären die dir nicht lieber?»
    «Na gut.» Mein Bruder er hat den Verstand verloren und er ist nach Jackson gefahren. Jackson ist weiter weg als ein verlorener Verstand 
    «Es hilft nicht», sagt Dewey Dell. «Ich weiß es, es hilft nicht.»
    «Was hilft nicht?», frage ich. Er musste in den Zug steigen und nach Jackson fahren. Ich bin nicht in dem Zug gewesen, aber Darl musste in den Zug. Darl. Darl ist mein Bruder. Darl. Darl  

[zur Inhaltsübersicht]
    Darl
    Darl ist nach Jackson gefahren. Sie haben ihn in den Zug gebracht, er lachte; sie gingen mit ihm durch den langen Wagen, er lachte; die Köpfe haben sich nach ihm umgedreht wie die Köpfe von Eulen, als er vorbeiging. «Worüber lachst du?», habe ich gefragt.
    «Ja ja ja ja ja.»
    Zwei Männer haben ihn in den Zug gebracht. Sie hatten schlecht sitzende Jacketts an, die sich über den rechten Gesäßtaschen vorwölbten. Ihre Nacken waren ganz gerade ausrasiert, als hätten die Friseure beiden Männern gleichzeitig die Haare geschnitten und dabei eine Richtschnur gehabt, wie Cash. «Sind es die Pistolen, über die du lachst?», fragte ich. «Warum lachst du?», fragte ich. «Vielleicht, weil du das Geräusch von Lachen hasst?»
    Sie rückten zwei Sitze zusammen, damit Darl am Fenster sitzen und lachen konnte. Einer saß neben ihm, der andere auf dem Platz gegenüber und fuhr rückwärts. Einer von ihnen musste rückwärts fahren, denn das Geld des Staats hat gegenüber jeder Rückseite ein Gesicht und gegenüber jedem Gesicht eine Rückseite, und sie fahren mit dem Geld des Staats, was Inzest ist. Ein Fünfcentstück zeigt auf der einen Seite eine Frau und auf der andern einen Bison: zwei Gesichter und kein Rücken. Ich weiß nicht, was das bedeutet. Darl hatte ein kleines Guckglas, in der Form ähnlich wie ein Kaleidoskop, das er im Krieg in Frankreich gekauft hat. Darin sah man eine Frau und ein Schwein mit zwei Rücken und keinem Gesicht. Ich weiß, was das bedeutet.
    «Musst du darüber so lachen, Darl?»
    «Ja ja ja ja ja ja.»
    Der Wagen steht auf dem Platz, angebunden, die Maultiere rühren sich nicht, die Zügel sind um die Sitzrunge geschlungen, die Rückseite des Wagens ist dem Verwaltungsgebäude zugekehrt. Er sieht nicht anders aus als hundert andere Wagen dort; Jewel steht daneben und sieht die Straße hinauf wie irgendeiner in der Stadt an diesem Tag, und doch ist etwas anders, deutlich anders. Um den Wagen ist die untrügliche Aura einer endgültigen, unmittelbar bevorstehenden Abfahrt, wie Züge sie haben; vielleicht liegt es daran, dass Dewey Dell und Vardaman vorn auf der Bank und Cash hinten auf der Decke aus einer großen Tüte Bananen essen. «Lachst du darum, Darl?»
    Darl ist unser Bruder, unser Bruder Darl. Unser Bruder Darl in einem Käfig in Jackson, aus dem er, die schmutzigen Hände leicht in die Zwischenräume zwischen den Gitterstäben gelegt, heraussieht, schäumend.
    «Ja ja ja ja ja ja ja ja.»

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    Dewey Dell
    Als er das Geld sah, sagte ich: «Es ist nicht mein Geld. Es gehört mir nicht.»
    «Wem dann?»
    «Es ist Cora Tulls Geld. Es gehört Mrs. Tull. Ich hab dafür die Kuchen verkauft.»
    «Zehn Dollar für zwei Kuchen?»
    «Rühr’s nicht an, es gehört mir nicht.»
    «Du hast diese Kuchen nie gehabt. Du lügst. In dem Paket waren deine Sonntagssachen.»
    «Rühr es an! Wenn du es nimmst, bist du ein Dieb.»
    «Meine eigene Tochter beschuldigt mich, dass ich ein Dieb bin. Meine eigene Tochter.»
    «Pa. Pa.»
    «Ich hab dich ernährt und dir ein Dach überm Kopf gegeben. Ich geb dir Liebe und Fürsorge, aber meine eigene Tochter, die Tochter von meiner toten Frau, sagt, ich bin ein Dieb, übers Grab von ihrer Mutter hinweg.»
    «Es ist nicht meins, ich sag’s dir doch. Wenn es meins wär, weiß Gott, du könntest es haben.»
    «Wo hast du zehn Dollar her?»
    «Pa. Pa.»
    «Du willst es mir nicht sagen. Hast du sie auf so schändliche Weise gekriegt, dass du dich nicht traust, es mir zu
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