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Als ich im Sterben lag (German Edition)

Als ich im Sterben lag (German Edition)

Titel: Als ich im Sterben lag (German Edition)
Autoren: William Faulkner
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mit tausend kurzen zärtlichen Schlägen auf den Nacken und stößt dabei wüste obszöne Flüche aus.
    Einen schreckstarren Augenblick stehen sie so da, das Pferd zittert und stöhnt. Dann sitzt Jewel oben. In gekrümmter schnellender Bewegung wie eine durch die Luft sausende Peitschenschnur hat er sich hinaufgeschwungen, den Körper schon mitten im Sprung dem Rücken des Pferds angepasst. Noch einen kurzen Augenblick bleibt das Pferd mit gesenktem Kopf stehen, dann bricht es aus. Sie jagen in halsbrecherischen Sprüngen die Böschung hinunter, Jewel oben, blutegelgleich sich am Widerrist festhaltend, bis zum Zaun, wo das Pferd mit einem Zittern, das seinen Körper durchläuft, wieder zum Stehen kommt.
    «Na schön», sagt Jewel, «kannst jetzt aufgeben, wenn du genug hast.»
    In der Scheune lässt Jewel sich zu Boden gleiten, noch bevor das Pferd stillsteht. Es geht in die Box, Jewel hinterher. Ohne den Kopf zu wenden, schlägt das Pferd nach ihm aus und knallt mit dem Huf gegen die Bretterwand, dass es wie ein Pistolenschuss kracht. Jewel versetzt ihm einen Tritt in den Magen; das Pferd wirft den Kopf in den Nacken und bleckt die Zähne; Jewel haut ihm mit der Faust ins Gesicht, schlängelt sich zur Heuraufe durch und springt hinauf. Sich an der Futterkrippe festhaltend beugt er den Kopf nach unten und späht über die Boxen hinweg durchs Tor. Der Weg ist leer; von hier kann er nicht mal Cash sägen hören. Er langt nach oben, zerrt hastig ein paar Armvoll Heu aus der Raufe und stopft es in die Krippe.
    «Friss», sagt er. «Stopf das verdammte Zeug in dich rein, solange man dich noch lässt, du lahmer Schlappschwanz du. Du braves altes Mistvieh», sagt er.

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    Jewel
    Muss sich ausgerechnet draußen unmittelbar vor ihrem Fenster hinstellen und an diesem gottverdammten Sarg rumsägen und -hämmern. Wo sie ihn sehn muss. Wo jeder Atemzug, den sie tut, voll ist von seinem Klopfen und Sägen. Wo sie sehn kann, wie er sagt: Sieh her. Sieh, was für einen schönen Sarg ich dir mache. Ich hab ihm gesagt, er soll woanders hingehn. Ich hab gesagt, guter Gott, willst du sie denn in dem Ding sehn. Es ist wie früher, als er ein kleiner Junge war, und sie sagt, wenn sie ein bisschen Dünger hätte, würde sie versuchen, ein paar Blumen zu ziehen, und er hat die Brotbackform genommen und sie ihr voll mit Dung aus dem Stall zurückgebracht.
    Und jetzt hocken diese andern da, wie Bussarde. Warten und fächeln sich Luft zu. Weil ich gesagt habe: Wenn du bloß nicht dauernd dran rumsägen und -nageln würdest, dass kein Mensch mehr schlafen kann, und ihre Hände liegen da auf der Steppdecke wie zwei frisch ausgegrabene Wurzeln, die man hat waschen wollen, aber man hat sie nicht sauber gekriegt. Ich kann den Fächer sehn und Dewey Dells Arm. Ich hab gesagt: Wenn du sie bloß mal in Ruhe lassen würdest. Sägen und hämmern und die Luft über ihrem Gesicht die ganze Zeit so schnell hin und her bewegen, dass man nicht atmen kann, wenn man müde ist, und dies verdammte Breitbeil mit seinem Wieder-ein-Schnitz-weniger. Wieder einer weniger. Wieder einer weniger, bis jeder, der auf der Straße vorbeikommt, stehen bleiben muss und zusehn und sagen: Was der doch für ein guter Tischler ist.
    Wär’s nach mir gegangen, als Cash damals vom Kirchendach gefallen ist, und wär’s nach mir gegangen, als Pa krank ins Bett musste, weil die Holzfuhre auf ihn gekracht ist, wär’s nie so weit gekommen, dass jeder Mistkerl im County reinkommt und sie anstarrt, weil wenn es einen Gott gibt, wozu zum Teufel ist er dann da. Wenn ich’s bestimmen könnte, wären nur ich und sie auf einem hohen Hügel, und ich würde Felsbrocken den Hügel runterrollen lassen mitten in ihre Fressen, ich würde die Felsbrocken hochheben und sie den Hügel runterwerfen in ihre Fressen, ihre Zähne, all das bei Gott, bis sie Ruhe hätte und dies elende Breitbeil nicht mehr hören müsste mit seinem Ein-Schnitz-weniger. Ein Schnitz weniger, und wir hätten Ruhe.

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    Darl
    Wir sehn ihn um die Ecke kommen und die Stufen raufgehn. Er sieht uns nicht an. «Fertig?», fragt er.
    «Wenn du angespannt hast», sag ich. Ich sage: «Warte.» Er bleibt stehn und sieht zu Pa hin. Vernon spuckt aus, ohne sich zu regen. Er spuckt mit punktgenauer Präzision in den narbigen Staub unterhalb der Veranda. Pa reibt die Hände langsam auf seinen Knien. Er späht über den Kamm des Steilhangs ins Land hinaus. Jewel sieht ihn kurz an, dann geht er
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