Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Alpenlust

Alpenlust

Titel: Alpenlust
Autoren: Willibald Spatz
Vom Netzwerk:
nicht. Spaß musste wirken, sich ausbreiten können. Spaß musste Folgen haben, einen Kater verursachen und Platz haben dürfen im Leben. Birne hatte einen Menschen weggeschossen, einfach, da war überhaupt nicht gedacht worden. Wumme genommen und bumm. Fertig. Jetzt zierte er sich. Eigenartig in jeder Beziehung. Birne war nicht unkompliziert. Birne stellte sich ganz schön an. Er überlegte: Er hatte ein unheimliches Angebot unterbreitet bekommen. Ben würde alles auf sich nehmen: Birne wäre aus der Sache raus, wenn alle um ihn herum das Maul halten würden. Es wäre zweifellos gut, Tanja auf seiner Seite zu haben. Er könnte sich vorstellen, sich deswegen mit ihr einzulassen für eine Weile, bis er am sicheren Ufer war.
    »Ich bin sehr müde«, sagte Birne.
    »Ich lege mich zu dir«, sagte Tanja und tat es, schlüpfte unter seine Decke und legte ihre Hand auf Birnes Oberschenkel, bereit zu wandern.
    Das Telefon: Es klingelte. Birne sprang auf wie auf ein Stichwort, nahezu besessen davon, vom Gesprächspartner erlöst zu werden und den Verkehr umgehen zu können.
    Es freute und überraschte ihn, mit Nina zu sprechen, nachdem er abgenommen hatte. Keiner hatte ihm gesagt, was aus ihr geworden war. Sie klang gehetzt, sie entschuldigte sich wegen der Störung. Sie hielt sich nicht lange an Vorreden auf, sondern bat Birne um Hilfe, eine Kleinigkeit. Sie brauchte ein Auto und einen, der es für sie fuhr. Birne versprach, sich darum zu kümmern. Er notierte ihre Nummer und drehte sich zu Tanja um, die in seinem Bett wartete. Sie hatte zugehört und sich nicht ausgezogen, was Birne einigermaßen recht war.
    »Es war meine Schwester«, erklärte er und war ein schlechter Lügner dabei. Das zu wissen, machte einen noch schlechteren aus ihm. »Sie hat ein Problem, ich muss ihr helfen. Kannst du mir sagen, wie ich Trimalchio erreiche?«
    Tanja schnaufte verärgert und drehte den Kopf zur Decke. Eine Niederlage. »Er hat ein Telefon.«
    »Willst du ihn besuchen?«
    »Ich muss ihn was fragen.«
    »Bist du jetzt nicht mehr müde?«
    Birne zögerte. Da lag eine Frau auf seinem Bett, die wollte mit ihm feiern. »Es ist wichtig.«
    »Dann geh ich wohl besser.«
    Sie wollte kein ja hören, doch Birne konnte sich zu keinem nein durchringen. Er wählte Trimalchios Nummer. Dreimal klingelte es, dann war sein Chef dran. Er klang ausgeglichen und fröhlich.
    »Birne, Kamerad. Schön von dir zu hören. Wie geht’s? Wieder auf den Beinen?«
    »Wunderbar. Und dir?«
    »Ebenfalls. Alles glücklich gelaufen.«
    »Folgendes: Ich bräuchte kurzfristig ein Auto, und weil ich hier niemanden kenne, den ich sonst fragen kann, habe ich mir gedacht, ich frage dich, ob ich heute Nachmittag dein Auto haben kann.«
    »Das ist doch keine Frage, aber selbstverständlich. Es ist bei mir daheim, ich sage meiner Frau Bescheid, dass du es holen kommst. Allerdings nur unter einer Bedingung.«
    »Ja?«
    »Du kommst spätestens morgen Mittag hier vorbei und wir trinken in einem Café ein, zwei Weizen.«
    Birne lachte auf. »Keine Frage. Diesmal bezahle ich sogar.«
    »Pass aber auf, der Wagen ist teuer.«
    »Klaro.«
    »Ich bin dir nicht böse, wenn du noch jemand anderen fragen solltest.«
    »Mir fällt niemand ein.«
    Tanja war aufgestanden, sie stand mit böser Miene an der Türe und winkte, sie wollte das Telefonat nicht stören und abhauen. Birne drückte den Hörer an seine Schulter und sagte: »Warte.«
    Trimalchio fragte: »Was?«
    Birne: »Warte einen Moment, ich muss kurz zur Tür.«
    Da stand Tanja, sie hatte Tränen in den Augen und wehrte sich gegen einen Ausbruch. »Ich habe auch ein Auto. Warum fragst du nicht mich? Ich existiere gar nicht für dich. Egal, was ich mache, alles ist selbstverständlich.«
    »Das kann man so nicht sagen.«
    »Ich will nicht viel zurück, ein kleines Danke höchstens.«
    »Jetzt komm schon, also gut: Danke.«
    »Du Idiot.« Und dann brachen sie aus, die Tränen. Birne hatte ein Herz gebrochen, unabsichtlich. Er berührte Tanja, doch die wand sich und schrie: »Nur Karriere, du kommst hier dazu, ohne etwas dafür getan zu haben. Alle lieben dich, alle wollen immer nur Birne, Birne, Birne. Doch Birne ist nur ein kleines, blödes Ego-Schwein. Aber, Birne, einen Fan hast du verloren. Ich weiß, wer du bist.«
    Sie trabte wütend davon. Der Himmel war grau, der Sommer vorbei, Birne fror.
    Erster September. Dieses Jahr kommen keine warmen Tage mehr.
    Birne hatte Angst, dass Trimalchio etwas mitbekommen hatte, weil Tanja zu
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher