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Almas Baby

Almas Baby

Titel: Almas Baby
Autoren: Christina Fuessmann
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sie zu und legte ihr den Arm um die Schulter: „Komm schon oder hast du Angst, sie könnte dich beißen?“
    Eine Antwort darauf musste Alma ihm schuldig bleiben, denn Gisela Behrend schien ihre Gäste bereits erwartet und beobachtet zu haben. Sie öffnete die Tür, bevor die beiden noch davor standen.
    Nein, sie biss wirklich nicht. Im Gegenteil. Sie war ausgesprochen freundlich: „Das freut mich aber, dass ich Sie mal kennenlerne. Berthold hat mir schon so viel von Ihnen erzählt. Er hat aber nie erwähnt, was für ein hübsches Mädchen Sie sind. Sie sollten Ihr wunderschönes Haar offen tragen.“
    Alma zog das Gummiband von ihrem Pferdeschwanz und schüttelte ihre lockige, rotblonde Mähne: „Auf dem Fahrrad ist es praktischer, wenn man die Haare zusammenbindet.“
    „Tolle Farbe. Ist die echt? Entschuldigung, aber bei einer ehemaligen Friseuse liegt die Frage schließlich nahe.“
    „Friseurin,“ korrigierte Alma automatisch.
    „Ach ja, so sagt man wohl heute. Aber eigentlich ist es doch ganz egal.“ Das klang genau so, als stünde dieser Beruf ohnedies bei Gisela Behrend nicht in besonders hohem Ansehen.
    Aber vielleicht war es ja auch nur schlichtes Geplänkel auf dem Weg von der Haustür durch das Wohnzimmer - in dem jedes noch so kleine Detail an seinem Platz schien. Auf der Terrasse war bereits der Kaffeetisch gedeckt. Kein Überraschungsbesuch also.
    Die Tischdecke so weiß wie der Phlox, der im frisch gejäteten Beet blühte. Kein Platz für Unkraut. Die Natur nach Farben geordnet.
    „Ihr habt euch auf dem Straßenfest kennengelernt? Na, ja, das Leben geht eben oft seltsame Wege. Ich dachte ja immer, Berthold würde seiner Lebenspartnerin im Amt begegnen. Das liegt doch nahe, oder? Mein verstorbener Mann war auch Beamter, müssen Sie wissen.“ Gisela schenkte die Kaffeetassen voll. „Ein Stückchen Kirschkuchen? Der hat nicht so viele Kalorien. Ihr jungen Frauen achtet ja heutzutage so sehr auf die schlanke Linie.“
    Sie ist Bertholds Mutter, dachte Alma, und sie ist eine sympathische Frau. Sympathisch wie ihr Sohn. Trotzdem besteht kein Grund, sie allzu häufig zu treffen. Das ist heute die Ausnahme.
    „Wir sind vorbei gekommen, Mutti“, begann Berthold feierlich, „weil ich dir sagen wollte, dass ich Alma gerne heiraten möchte - falls sie mich überhaupt will.“
    Beide Frauen erstarrten. So habe ich mir einen Heiratsantrag eigentlich nicht vorgestellt, dachte Alma und starrte Gisela Behrend an, wie das sprichwörtliche Kaninchen die Schlange. Aber ihre zukünftige Schwiegermutter zeigte keine auffälligen Reaktionen. Sie führte ihre Kaffeetasse mit abgespreiztem kleinen Finger an die Lippen, nahm einen kleinen Schluck und setzte das Meißener Porzellan vorsichtig wieder ab: „So, so. Habt ihr’s so eilig? Eigentlich sollte so ein Schritt ja reiflich überlegt sein. Aber das habt ihr ja bestimmt getan. Noch ein Stückchen Kuchen, Alma? Angesichts der überraschend neuen Lage darf ich doch jetzt wohl Alma sagen, oder?“ Alma nickte, wobei offen blieb, ob sie damit der vorgeschlagenen Duzform zustimmen wollte oder noch Lust auf Kirschtorte verspürte. Sie war wie gelähmt. Alles, was am Kaffeetisch an diesem Nachmittag noch geredet wurde, rauschte an ihr vorbei, wie ein Schwall, der sie nicht berührte, ja ihr Interesse nicht einmal streifte. Selbst die Erörterung, ob und wann das junge Paar nach der Hochzeit die obere Etage in Bertholds Elternhaus beziehen sollte, schien sie zunächst nichts anzugehen. Sie reagierte erst wieder, als Gisela sie direkt ansprach: „Das wäre doch praktisch. Wenn du mal wieder in deinem Beruf arbeiten willst, hast du in mir später den idealen Babysitter.“
    Kinder. Ja, Alma wollte Kinder. Auf jeden Fall. Vor Kindern musste man sich nicht fürchten. Denen konnte man alle Liebe geben, ohne Angst zu haben, dass man zurückgewiesen würde. Und außerdem: Eine Frau musste ihrem Mann Kinder schenken. Das war schließlich der Sinn der Ehe. So hatte sie es zu Hause oft genug von ihrem Vater gehört. Er selbst kümmerte sich allerdings eher wenig um seine Familie, aber trotzdem war er sich in diesem Punkt ganz sicher. Prinzipien wurden von ihm stets hochgehalten. Wenn Alma an ihre Familie zu Hause dachte, erinnerte sie die Situation oft an die jener Frau, die sich öffentlich beim Wunschkonzert im Radio mit der Wahl eines Liebeslieds dafür bedankte, dass ihr Ehemann ihr nach ihrem Beinbruch im Haushalt geholfen habe. Für sie schien ihr Mann offenbar etwas
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