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Alles total groovy hier

Alles total groovy hier

Titel: Alles total groovy hier
Autoren: Jörg Juretzka
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schluchzte, wankte, er gab den Sterbenden Schwan, wie ich es selten bei einem Verhafteten erlebt habe, und die Matrosen, unwillig ihn zu tragen, blickten angewidert und ließen ihn auf die Knie fallen. Sein Kaftan rutschte hoch. Er trug Römersandalen, mit Lederschnüren um die Waden, an denen er trotz gefesselter Hände eifrig herumfummelte. Plötzlich hielt er ein Handy in den Fingern, presste eine Taste. Ich rief dem Matrosen neben ihm etwas zu, da zerriss ein dumpfer Knall die morgendliche Stille. Der Matrose stieß Leroy mit dem Gesicht voran zu Boden und kickte ihm das Handy aus der Hand, doch der Rest von uns starrte gebannt in die Richtung, aus der der Knall gekommen war. Aus der abgesperrten Bucht. Eine Wassersäule stieg auf, höher als die Klippen, und niemand rührte sich, niemand atmete, bis sie wieder in sich zusammengefallen war. Eine unbestimmte Zeit später erreichte uns die von der Explosion verursachte Welle, schaukelte das Schiff durch und löste die allgemeine Lähmung.
    Ganz Pathos über Courage hatte Leroy lieber sterben, lieber die Bucht und die ganze Gegend in ein Inferno verwandeln wollen, als sich vor Gericht zu verantworten. Pech gehabt.
    Capitan Rodriguez begleitete uns an Land, erläuterte einem Lametta-behangenem , vor Wut schmallippigen Offizier der Guardia Civil die ihm bekannten Sachverhalte und gab kurz unsere Aussagen wieder. Bei Alma, Leroy und Roxanne wurden die Handschellen der Küstenwache gegen solche der Guardia ausgetauscht und die drei in einen schwarzen Gefangenentransporter verfrachtet. Etliche Zottelköpfe warteten schon hinter den vergitterten Fenstern, Romans hagerer CharakterschädeI mitten unter ihnen. ZumAbschied trat Rodriguez noch mal an mich und Scuzzi heran, schüttelte erst ihm die Hand, nahm dann meine Rechte mit festem Griff, legte mir seine Linke fest auf die Schulter, schenkte mir einen äußerst festen Blick.
    »Good luck«, sagte er und fügte, mit spürbar erhöhtem Druck auf Hand und Schulter, hinzu: »And don't ever come back.«
    Was immer Rodriguez ihnen erzählt hatte, war für die Guardia offenbar ohne Belang, denn sie legten uns direkt in Eisen. Wir protestierten, ich auf Deutsch, Scuzzi auf Spanisch, doch sie verwiesen lapidar auf die aus Deutschland stammenden Haftbefehle und schoben uns zu den anderen in die Schwarze Minna.
    >Hufschmidt, Kriminalbeamter und Volltrottel<, möchte ich eigenhändig in deinen Stein meißeln, dachte ich. Und dann möchte ich die Hose runterlassen und auf dein Grab scheiPlötzlich schoss mir etwas ganz anderes durch den Kopf.
    »WOist eigentlich Vishna?«, fragte ich in die Runde. Weg, war die Antwort. Sie hatte sich den Landrover geschnappt und war abgehauen, allein, sobald klar wurde, dass die gesamte Situation auf der Kippe stand. Fast hätte ich gelacht.
    Egal, worauf sie sich einlassen, was immer sie anstellen, welche Verbrechen sie auch begehen mögen, bestimmte Menschen werden nie erwischt, nie für irgendetwas zur Rechenschaft gezogen, landen nie hinter Gittern. Irgendwelche andere Idioten ziehen immer die Arschkarte und für sie gleich mit. Es ist wie das Gegenteil von einem Fluch, ein Segen, nur bestimmt für von einer ganz speziellen Sonne Beschienene, und die kleine, goldlockige Vishna gehörte dazu.
    Während wir also in Ketten in die Guardia-Civil-Kaserne gekarrt wurden, stieg sie daheim voll entspannt aus dem Flieger, kehrte zurück in den Schoß ihrer sicherlich gut situierten Familie. Während wir in U-Haft vergammelten und hoffnungs froh unseren Auslieferungsterminen oder Gerichtsverhandlungen entgegenblickten, würde sie ihr Studium wieder aufnehmen, sich nebenbei einen BallsportIer oder sonst einen grotesk überbezahlten Schwachkopf anlachen und nach und nach mit ihm ein paar ach so blonde Kinderchen in die Welt setzen. Und manchmal, wirklich nur manchmal, wird sie dann bei Kaffee, Kuchen und Likör ihre besten Freundinnen mit Anekdoten aus ihrer }wilden Zeit in Spanien    Sie verhörten Scuzzi, mich und Roman getrennt von den anderen für zwei Tage und den besten Teil von zwei Nächten. Sie versuchten, mir weiszumachen, es stünde mies für mich, doch habe ich in meinem Leben mehr Zeit auf der falschen Seite von Verhörsituationen
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