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Alles total groovy hier

Alles total groovy hier

Titel: Alles total groovy hier
Autoren: Jörg Juretzka
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saß mit dem Rücken zur Wulst im Zodiac, sah ihr entgegen. Sie hielt voll auf uns zu, der Bug der Yacht scharf wie ein Messer aus dieser Perspektive.
    Wie von allein hob sich die Schrotflinte, schmiegte sich an meine Wange.
    Leroy erschien neben Roxanne, Haar und Miene wuschig von Schlaf, dann Alma, eine Pistole in der Hand. Ich zielte über ihre Köpfe.
    Die Gizelle hielt Kurs.
    »Sie wollen uns unterpflügen!«, rief Scuzzi. »Mach was!«
    Ich senkte den Lauf, zielte auf die Köpfe. Alma und Leroy gingen in Deckung. Roxanne nicht.
    Unsere Blicke trafen sich.
    Frostbeulen, dachte ich.
    Die Gizelle hielt Kurs. Ich senkte die Waffe auf ihren Bug, knapp unterhalb der Wasserlinie. Zählte innerlich bis drei.
    Bei zweineunzehntel warf Roxanne das Steuer herum, die Gizelle drehte ab, verfehlte das Schlauchboot um nicht viel mehr als einen Meter.
    Scuzzi atmete auf.
    Und ich drückte ab.
    Hektik kam auf an Bord der Yacht, die schlürfend Wasser aufnahm durch das tellergroße Loch in ihrem Bug. Alma bekam einen Tobsuchtsanfall und legte auf mich an, änderte ihre Meinung aber angesichts des genau auf sie gerichteten Doppellaufs.
    Auch bei abgestelltem Motor glitt die Gizelle weiter und weiter, steckte ihre Nase dabei tiefer und tiefer in den Atlantik, und ich dachte daran, ihr einen Fangschuss ins Heck zu verpassen und dann nach den Paddeln zu greifen und kehrtzumachen. Dachte einen Moment zu lang.
    »Waffe fallen lassen!«, schallte über das Wasser. Okay, nicht exakt in diesen Worten, man sprach Spanisch, doch in diesem Tonfall, klar verständlich in ganz gleich welcher Sprache auch immer. Es war ein Kommando mit einem Unterton von Prophetie, vorausahnend, dass der Angesprochene jeden Augenblick die Waffe fallen lassen wird, völlig unabhängig davon, ob er den Wortlaut verstanden hat, sich kooperativ zeigt oder nicht. Gesprochen wie mit der Zunge um einen Abzugsbügel, wenn man so will. Unwiderstehlich.
    Ich legte das Gewehr ins Boot und beide Hände gut sichtbar auf die Gummiwulst.
    »Ich wollte ihnen exakt dieselbe Chance geben, die sie dem kleinen Mädchen gelassen hatten.« Ich hatte eine halbe Stunde nonstop geredet, und Scuzzi hatte gedolmetscht, doch jetzt blickte er mich skeptisch an. Als ich keine Anstalten machte, die Aussage zurückzunehmen, zuckte er die Achseln und übersetzte auch das. Wir saßen zu dritt in Rodriguez' privater Kabine, wo der Capitan sich ein Bild von den Geschehnissen zu machen versuchte. Ein Band lief mit, zur Beweisaufnahme. Nun seufzte Rodriguez auf, beugte sich vor, spulte das Band ein Stück zurück und gab mit einiger Schärfe zwei Sätze von sich, an denen Scuzzi ein bisschen zu knacken hatte.
    »>Wirversuchten, die flüchtigen Straftäter zu stellen, als uns der Treibstoff ausging. Antriebslos musste ich von meiner Waffe Gebrauch machen, um eine von der Besatzung der Gizelle absichtlich eingeleitete Havarie zu verhindern(<<,übersetzte er schließlich, gefolgt von einem selbstkritischen »Oder so ähnlich«. Beide sahen mich an. Ich zuckte die Achseln, Rodriguez drückte einen Knopf, und Scuzzi wiederholte das Gesagte noch mal auf Spanisch, unmerklich souffliert vom Capitan.
    »Wirhätten sie ersaufen lassen sollen«, brach es aus mir heraus. »Sie hatten es verdient!«
    Capitan Rodriguez hieb auf den Stopp schalter des Bandes. Dann lehnte er sich in seinem Stuhl zurück, nahm die Arme hinter den Kopf, sah zur Decke, seufzte und begann einen kleinen Vortrag, in Häppchen.
    »Von Zeit zu Zeit«, übersetzte Scuzzi, »müssen wir dem König ... und der Admiralität ... und dem Verteidigungsministerium ... und dem Ministerpräsidenten ... mal etwas zurückgeben ... dafür, dass sie uns ... Tag für Tag, Jahr für Jahr ... mit so einem schönen Schiff ... herumfahren lassen.«
    Rodriguez lachte, Scuzzi feixte, nur ich grunzte. Und brauchte beide Hände, um mir ein Bier unter den Rüssel zu halten, mein Nervenkostüm immer noch in einem Zustand wie eine frisch angerissene Saite. Sie hatten nicht nur Alma, Leroy und Roxanne festgenommen, sondern auch die Gizelle vor dem Versinken gerettet, indem sie den Bug so weit anhoben, dass das Loch im Rumpf über Wasser blieb. Matrosen bargen kistenweise Unterlagen und den Warenbestand des Headshops aus derYacht, luden alles um ins Schlauchboot, während der gesamte Schleppverband gemächlichen Kurs auf die Bucht hielt.
    Blaulicht erwartete uns.
    Als es ans Anlegen ging, holten sie die drei an Deck,Hände sorgsam auf dem Rücken gefesselt. Leroy
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