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Alles ist mir nicht genug

Alles ist mir nicht genug

Titel: Alles ist mir nicht genug
Autoren: Cecily von Ziegesar
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dessen Wirkung noch
nicht ganz abgeflaut war. Nettes Kleid, das Jenny da anhatte. Lang und
schwarz, hinten und vorne reichlich tief ausgeschnitten und mit fetten weißen
Rüschen am Saum, die um ihre zarten Knöchel wogten.
    Jenny hatte es
bei Century 21 gekauft. Einem Laden mit reduzierter Designermode für
Schnäppchenwütige und modische Blindgänger, die sich alles andrehen lassen,
solange ein Designerlabel draufklebt, selbst wenn die Teile eindeutig zweite
Wahl sind oder geschmacklich so was von daneben, dass man sie nirgendwo loswird
- außer eben bei Century 21.
    Für das Kleid
schuldete Jenny ihrem Vater das Taschengeld der nächsten vier Monate, aber das
hatte sie Nate nicht erzählt. Er fand, dass sie wie ein kleiner schwarz-weißer
Engel aussah. Ein Engel mit dem hervorragendsten Paar Glocken, das ihm je
untergekommen war. Er zog sie an sich und ließ seine Hände über ihre blassen,
babypopo-zarten Arme gleiten. Jenny fühlte sich auch sehr gut an, weich und
warm wie frisch gebackenes Brot in einem Fünf-Sterne-Restaurant.
    Der DJ legte
den aktuellen Charthit von 45 auf, »Korrupt Me«, und wie aus dem Nirgendwo kam
in diesem Moment Flow auf die Tanzfläche geschlendert. Auf dem roten T-Shirt
unter seinem Smokingjackett stand in weißen Großbuchstaben BE KIND, und er
lächelte sein berühmtes scheues Lächeln, das ihn zu einem der begehrtesten
Männer des Planeten machte. Seine Mutter war ein dänisches Dessous-Model und
sein Vater ein Kaffeebaron aus Jamaika. Flow sah aus wie eine gebräunte,
blauäugige Ausgabe von Jim Morrison, dem Sänger der Sixties-Kultband »The
Doors«. Sobald er hinter das transparente Rednerpult trat, verebbte die Musik
und die Menge johlte und klatschte. Jenny schob ihre kleine Hand in Nates
große, und die beiden traten aus ihrer Kuschelecke heraus, um besser zu sehen.
    »Cool, dass
ihr euch heute alle in Schale geworfen habt und hierher gekommen seid, um euer
Geld für eine echt gute Sache zu spenden, nämlich...« Flow riss sein Jackett
auf und deutete auf sein Shirt, und es gab genug Ballbesucher, die sich nicht
zu blöd dazu waren, wie die letzten Schwachköpfe begeistert »Be Kind!« zu grölen.
    Genau in
diesem Moment drückte Blair die Tür der Damentoilette auf- und musste
feststellen, dass Nate und Jenny direkt vor ihr standen und Händchen hielten.
Jenny steckte in einem geschmacklosen Omakleid von zweifelhafter Herkunft, das
hinten rumschlabberte und obenrum alles rausquetschte. Sie und Nate sahen aus
wie zwei Landeier, die sich für ihren Abschlussball aufgebrezelt hatten.
    Blair schob
die schmalen Träger ihres Kleides zurecht und kniff die rubinrot lackierten
Lippen zusammen. Je schneller sie von hier wegkam, desto besser. Andererseits
konnte sie sich auch nicht davonschleichen wie irgendeine bedauernswerte,
sitzen gelassene Ex-Freundin. Verdammt noch mal, sie hatte schließlich ihren
Stolz.
    O ja. Den hatte sie.
    »Ich möchte
vor allem auch dem Organisationskomitee des Balls unter der Leitung von Blair
Waldorf und Serena van der Woodsen danken«, las Flow von dem Zettel in seiner
Hand ab. »Hey«, rief er dann. »Wie war's, wenn ihr beide den Leuten erzählt,
wie viel Geld zusammengekommen ist?«
    Alles verrenkte
sich die Hälse nach Serena und Blair.
    Serena stieß
einen spitzen Schrei aus und lief ohne zu zögern mit wehendem Blondhaar
leichtfüßig über die Tanzfläche zum Rednerpult. Überwältigt von ihrem Anblick,
wich Flow einen Schritt zurück. Serena beugte sich über das Mikro. »Komm schon,
Blair!«, rief sie in Saal. »Wo bleibst du?«
    Blair spürte
die erwartungsvollen Blicke der Menge auf sich. Sie rang sich ein Lächeln ab
und verließ ihren Platz vor der Damentoilette, um direkt an Nate und Jenny
vorbeizu- rauschen.
    Nate sah ihr
mit offenem Mund hinterher. War sie schon immer so groß gewesen und hatte sie
schon immer diesen knackigen Apfelarsch gehabt? Ihre langen Haare glänzten, und
ihre Haut schimmerte so seidig, dass er sie berühren wollte. Sie sah verdammt
scharf aus. Nein, viel besser als scharf. Er war auf einmal verwirrt. Am
liebsten hätte er Blair am Arm festgehalten und gesagt: »Komm zurück. Irgendwas
ist hier falsch gelaufen.« Aber da drückte Jenny seine Hand. Als er zu ihr
hinuntersah, versank er in ihren seelenvollen braunen Augen, vor allem aber in
ihrem abgrundtiefen De- kolletee, und Blair war vergessen.
    Nate war ein
bisschen wie ein dämlicher Cockerspaniel.
    Hielt man ihm
einen Stock vor die Nase, wollte er den
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