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Alles Azzurro: Unter deutschen Campern in Italien (German Edition)

Alles Azzurro: Unter deutschen Campern in Italien (German Edition)

Titel: Alles Azzurro: Unter deutschen Campern in Italien (German Edition)
Autoren: Markus Götting
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Lena.
    Massimo erzählt, dass man Fabio gleich in der ersten Woche nach der Katastrophe unter größtmöglichem Getöse in Handschellen aus der Wohnung abgeführt hat; das volle Programm mit weinender Mamma, die gegen die Fensterscheibe des Polizeiautos schlug. Bei der anschließenden Hausdurchsuchung fand die Spurensicherung Rückstände von Ethanol in seinen Klamotten. Er hatte natürlich vergessen, sie wegzuschmeißen.
    Vielleicht hatte Lena recht mit ihrer Vermutung: Fabio ist selbst für die Mafia zu dämlich. Jedenfalls sitzt er jetzt seit Monaten in Untersuchungshaft und schweigt beharrlich. Und der Einzige, mit dem er redet, ist ein einschlägig bekannter Star-Anwalt aus Bari.
    Ein älteres Ehepaar war bei dem Brand ums Leben gekommen, die Flammen hatten sie bei dem Versuch erfasst, in ihrem Auto aus dem Grande Paradiso zu fliehen. »Normalerweise stehen in Italien auf Brandstiftung zehn Jahre«, sagt Massimo. Es gibt seit ein paar Jahren sogar ein spezielles Gesetz für diese Art von Brandrodung. So wie es in Italien für alle denkbaren Eventualitäten des Lebens ein eigenes Gesetz gibt. Massimo sagt: »Deswegen ist Fabio jetzt auch wegen fahrlässiger Tötung dran.«
    »Ich bete dafür, dass sie ihm den Prozess machen, wenn wir in Sepiana sind«, sagt Lena, sie ist immer noch rot im Gesicht vor Wut und Enttäuschung. »Ich will noch einmal in sein blödes Gesicht sehen!«
    Ich glaube, viel eher will sie ihm ins Gesicht spucken. Wenn Fabio Glück hat, lassen sie ihn so schnell nicht mehr raus. Wäre gewiss sehr viel angenehmer, als dass Lena ihn in die Finger kriegt.
    »Komm, Mädchen«, meint Willi lakonisch, »lass uns lieber zurück an den Pils-Stand gehen. Ich glaube, du kannst jetzt ein Bierchen vertragen.«
    »Mann, Willi«, meckert Lena und schüttelt lachend den Kopf.
    Wir standen noch eine ganze Weile zusammen und hielten Massimo und Helmut von der Arbeit ab. Am Ende fielen wir uns alle rührselig in die Arme mit dem heiligen Versprechen, dass wir uns im September alle im Grande Paradiso wiedersehen. »Ich hoffe, dass bis dahin wieder Gras über den Fußballplatz gewachsen ist«, rufe ich Massimo zum Abschied zu.
    Ich bin wirklich neugierig, was es hier alles zu sehen gibt. Neulich hatte ich mal so rein interessehalber im Münchner Fritz-Berger-Laden vorbeigeschaut, und ich muss sagen, irgendwie war ich ein bisschen enttäuscht. Im Erdgeschoss standen ein paar Wohnmobile rum, und in der ersten Etage boten sie allerlei nützliches Equipment an, keine Frage. Aber es war eben nicht die abgedrehte Freakshow, die ich erwartet hatte.
    Wir schlendern durch Halle 3, und ich bleibe an einem dieser Krimskrams-Stände stehen, die wirklich unfassbare Dinge ausstellen. Es gibt eine kleine Handwaschmaschine, die mit einem ausgeklügelten Drucksystem arbeitet und nicht mal sechzig Euro kosten soll. Daneben mein absolutes Lieblingsgerät: eine Wäschespinne, die man auch gleichzeitig als Halter für eine Satellitenschüssel nutzen kann. Ich stehe fasziniert davor und denke, dass ich alles dafür geben würde, die Menschen kennenzulernen, die sich solche Sachen ausdenken.
    »Nichts! Davon! Brauchen wir!«, sagt Lena und zieht mich an meinem Jackenärmel weiter. »Wolltest du nicht nach einem Wohnwagen schauen? Dann komm auch!«
    Die meisten Wohnwagen sehen von innen aus wie das typische Jugendzimmer aus dem Vorstadt-Möbelmarkt der Neunzigerjahre. Ein Alptraum in Kiefer und Buche.
    Letztlich bleiben wir vor einem Wohnwagen stehen, der mir beinahe noch gigantischer vorkommt als unser verbrannter Caravan. Er ist blütenweiß und ringsherum wie eine Art Rahmen mit anthrazitfarbenen Streifen lackiert. An der Seite drei horizontale und zwei vertikale Fenster, jeweils mit Alu-Jalousien davor. Quasi das Architektenhaus unter den Wohnwagen.
    »Ein Knaus«, sagt mein Schwiegervater. Er nickt ebenso fachmännisch wie anerkennend. »Sehr solide, Top-Qualität.«
    »Die gibt’s noch? Ich dachte, die haben Pleite gemacht.« Ich habe vor ein paar Jahren mal einen wunderschön wehmütigen Artikel über deren Konkurs gelesen, kurioserweise im Feuilleton der »Süddeutschen«.
    »Stimmt, irgendwas war da mal, aber wahrscheinlich sind die bloß aufgekauft worden«, meint Peter, »heutzutage gibt es eh nur noch eine Handvoll Hersteller. Die gehören ja praktisch alle irgendwie zusammen.«
    Innen sieht es aus, als hätte sich Knaus einen Designer von Philippe Starck ausgeliehen: puristisch weiße Schränke und Oberfächer, die mit
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