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Alles außer Sex: Zwischen Caipirinha und Franzbranntwein (German Edition)

Alles außer Sex: Zwischen Caipirinha und Franzbranntwein (German Edition)

Titel: Alles außer Sex: Zwischen Caipirinha und Franzbranntwein (German Edition)
Autoren: Tatjana Meissner
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unmittelbar zu einem Beziehungsaus führen könnte.
    Alles in allem gab es in den vergangenen Wochen weniger Gründe, die Stirn krauszuziehen; die Falten kamen dank trockener Heizungsluft von allein. Das Älterwerden ist nach wie vor kein reines Vergnügen für mich, aber wenn ich an die einzig mögliche Alternative denke, ist alles gut, so wie es ist. Ich bin dabei zu lernen, genauer hinzusehen – und wenn ich dazu die Brille brauche. Ich bin angekommen und habe die Kraft der zwei Herzen. Doing! Doing!
    »Miäh!« Ich schupse Chica aus dem Bett, stehe auf, öffne das Fenster und suche den Brief, den ich Carsten anlässlich unseres Feiertages geschrieben habe. Ich hoffe, er weiß meine Mühen zu schätzen, denn es ist keine meiner Stärken, meine Liebesschwäche zu kommunizieren. Mir liegt das Schwülstige nicht so. In der Küche greife ich nach dem vorbereiteten roten Briefumschlag, und als ich gerade mit der Korrekturlesung meines Meisterwerkes beginne, klingelt das Telefon.
    »Hallo, Tati!« Meine Mama ist dran.
    »Warum rufst du schon so früh an?«
    »Weil Papa und ich gleich einen Termin haben!«
    Meine Verwunderung darüber, dass Rentner samstags Termine haben, wird von meinen Synapsen nicht weitergeleitet, weil mich Mamas unfassbar gute Laune verwirrt.
    »Ist alles in Ordnung bei euch? Du fragst sonst immer zuerst nach Carsten?«
    »Seid ihr noch zusammen, Tati?«
    Ich höre deutlich ihre Belustigung. Komisch, seit ich ihr vor einem Monat von der Absage des Hochzeitstermins berichtete, war ihr diese wöchentliche Frage sonst immer sehr wichtig.
    »Wir sind heute genau drei Jahre zusammen, Mama!«
    Mamas darauffolgendes »Mhm!« klingt, als ob sie das schon wüsste. Sonst jammert sie immer, dass sie sich nichts merken kann.
    »Sag mal, Tati, hast du was von deiner Schwester gehört?« Endlich wieder eine normale, mit leicht pessimistischer Stimmfärbung vorgetragene Frage.
    »Ihr geht es gut. Seit sie aus der Klinik zurück ist, macht sie einen ausgesprochen fröhlichen und entspannten Eindruck auf mich. Als sie kürzlich bei uns war, hat sie sogar über Witze gelacht, die gar nicht lustig waren!«
    Ich bin froh, meine Mutti wieder beruhigen zu können. Verinnerlichte Kommunikationsmuster sind eben schwer abzulegen.
    »Schön, dass du dich um Alexandra kümmerst, Kind. Was schenkst du Carsten heute eigentlich?«
    »Ich habe ihm einen Liebesbrief geschrieben.«
    Vorsichtshalber frage ich in der Vorahnung, dass meine Mutter einen Brief als nicht ausreichend beziehungserhaltend ansehen könnte: »Reicht das?«
    »Natürlich!«
    Natürlich? Was ist mit meiner Mutter nur los?
    Mama lacht ihr typisches raues Lachen, welches sie im Kino bei den größten Albernheiten à la Louis de Funès überkommt, aber niemals bei unseren Telefongesprächen. Hoffentlich hat sie nicht die falschen Tabletten genommen.
    »So, Mama, ich habe es eilig. Lass uns bald ausführlicher sprechen, ja?«
    »Ja, Tati. Ist gut. Pass auf dich auf und kümmere dich um deine Schwester. Tschühüss!«
    Mama ist eindeutig seltsam. Ich beschließe, das Thema nicht weiter zu vertiefen. Carstens komisch konspiratives und geheimnisvolles Verhalten der vergangenen Wochen, etliche bei meinem Erscheinen abgebrochene Telefonate und sein plötzliches Interesse an meinen Freundinnen habe ich auch einfach ignoriert. Ich will mich einfach nicht mehr wegen Kleinigkeiten aufregen.
    Ich greife nach meinem Briefgeschenk, um noch einmal zu lesen, was ich mit viel Liebe zusammengeschrieben habe:
    Lieber Carsten,
    bevor uns das Schicksal zusammenführte, …
    Schicksal ist doof. Das Wort hört sich so nach Dreigroschenroman an. »Geschick« ist vielleicht besser? Nein. Erst mal weiterlesen.
    … hatte ich mein Singledasein perfektioniert, erwartungstechnisch relativiert und auf meine Bedürfnisse optimiert. Ich hatte mich darauf eingerichtet, dass die Suche im Netz nach dem »Richtigen« für mich noch ewig so weitergehen würde. Ich hatte dem ganzen Prozedere und dem »Rundrum« die positiven Seiten abgerungen und hatte mich eingestellt auf ein Singleleben. Die Hoffnung, einen Mann zu finden, der mich so respektiert, wie ich bin, der Spaß daran hat, so oft wie möglich mit mir zusammen zu sein, der mir Geborgenheit gibt und mir vertraut, der meinen Beruf ohne Eifersucht, Einschränkung und Neid toleriert und dazu toll aussieht und intelligent ist – all diese Hoffnungen hatte ich im Großen und Ganzen ins Land der Märchen verbannt.
    Vor drei Jahren, um genau zu
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