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Aller Heiligen Fluch

Aller Heiligen Fluch

Titel: Aller Heiligen Fluch
Autoren: Elly Griffiths
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mit Kate, doch als er Ruth ansieht, liegt absolut nichts Verspieltes in seiner Miene. «Natürlich freue ich mich», sagt er. «Aber ich komme gerade aus dem Keller. Wie diese Knochen aufbewahrt worden sind! Kein Respekt, keine Wertschätzung, nicht einmal ein Hinweis darauf, dass es sich um Menschen handelt. Ich sage Ihnen, Ruth, mir hat sich fast der Magen umgedreht.»
    «Ich habe doch in meinem Bericht geschrieben, dass sie unter desolaten Bedingungen aufbewahrt werden», erwidert Ruth matt.
    «Ja, das weiß ich.» Bobs Stimme wird weicher. «Ich wusste die ganze Zeit, dass Sie auf unserer Seite sind.»
    Hat er deswegen einen Schutzkreis um mich gezogen?, fragt sich Ruth. Doch sie glaubt ja nicht an Flüche. Verstohlen greift sie nach Kates Hand.
    «Wir sollten langsam los.»
    «Ich hoffe, Sie kommen zur Rückführungszeremonie. Das wird etwas ganz Besonderes, das verspreche ich Ihnen.»
    «Ja, ich würde gern kommen. Danke.»
    «Wiedersehen, Ruth.» Bob tritt beiseite. «Wiedersehen, Kate.»
    Als sie den Saal verlassen, entdeckt Ruth den Glaskasten mit der grünen Schlange; im Licht der Nachmittagssonne sieht es so aus, als würden ihr die Glasaugen zublinzeln.
     
    Der dritte Besucher ist Judy. Sie hat weder Blumen noch Trauben dabei. Stattdessen legt sie Nelson zwei knallbunte Taschenbücher auf den Nachttisch.
    «Ich dachte, Sie hätten vielleicht gern was zum Lesen.»
    Eigentlich liest Nelson nicht viel. Das eine Buch hat einen Totenkopf auf dem Cover, das andere eine Nazifahne. Er überfliegt die Rückseitentexte: Verschwörung … Krieg … Folter … Erpressung … Tod. Judy scheint ihn ja nicht gerade für ein Sensibelchen zu halten.
    «Ich habe schon von gestern Nacht gehört», sagt er.
    «Von wem? Ach, war Clough hier? Was hat er Ihnen denn erzählt?»
    «Nur, dass Sie die Operation Oktopus aufgeklärt haben.»
    Judy entspannt sich ein wenig. «Das war ein glücklicher Zufall. Eine Reihe von glücklichen Zufällen.»
    «Für mich hat es sich eher nach guter Polizeiarbeit angehört.»
    Judy wendet den Blick ab. «Ich hab’s vermasselt. Clough musste mich retten.»
    «Mich hat er auch mal gerettet», sagt Nelson. «Machen Sie sich nichts draus.»
    «Ich hätte da nie ohne Verstärkung hinfahren dürfen, aber ich wollte den Fall allein lösen.»
    «Polizeiarbeit ist Teamarbeit», sagt Nelson, der im Leben noch nicht einmal auf Verstärkung gewartet hat.
    «Stimmt.» Judy spielt mit dem Desinfektionsspray herum. «Clough ist wohl teamfähiger als ich.»
    «Wie ich höre, hat er ein wildgewordenes Pferd niedergerungen.»
    Judy lacht. «Einen Heidenschiss hat er gehabt, hat er Ihnen das nicht erzählt? Man konnte aber auch Angst kriegen, auf so engem Raum mit diesem Pferd. Ich mag Pferde wirklich gern, aber ich glaube, einstweilen will ich keines mehr sehen.»
    «Dann fahren Sie also nicht noch mal hin, um Randolph Smith zu treffen?»
    «Hat Clough Ihnen erzählt, dass ich auf ihn stehe? Das stimmt nicht. Gestern Nacht war er allerdings wirklich toll. Ich weiß nicht, was passiert wäre, wenn er nicht rechtzeitig aufgetaucht wäre.»
    «Dann war also die ältere Schwester das schwarze Schaf?»
    «Ja. Sie war immer die Kluge und konnte die anderen beiden nicht leiden. Den Vater hat sie auch gehasst, nach allem, was man hört. Wobei Caroline, die Jüngere, auch ein bisschen spinnt.»
    Sie erzählt Nelson von den toten Schlangen und den tanzenden Männern im Wald.
    «Schon wieder Schlangen», bemerkt Nelson.
    «Ja, Danforth Smith hatte wohl Angst vor ihnen.»
    Mit Recht, denkt Nelson. Laut sagt er: «Und diese Caroline ist mit Cathbad befreundet? Das passt ja.»
    «Sie wollte unbedingt, dass ihr Vater die Aborigine-Knochen zurückgibt. So wie es sich anhört, ist sie ziemlich besessen davon.»
    «Glauben Sie, sie hat die Briefe an den Museumsdirektor geschickt? In dem Saal, wo die Leiche gefunden wurde, stand doch eine Schlange. Vielleicht war sie das ja auch.»
    «Ich weiß nicht. Den Museumsdirektor hat sie überhaupt nicht erwähnt. Es schien ihr nur um ihren Vater zu gehen. So, als wäre er an allem schuld.»
    «Väter sind immer an allem schuld», brummt Nelson.
    Judy denkt an ihren gemütlichen, pferdeverrückten Vater. «Ich finde Väter ganz in Ordnung», sagt sie.
    Sie klingt wieder so sehr wie früher, dass Nelson schon hofft, die schweigsame, verschlossene Judy wäre für immer verschwunden. Vielleicht können sie sich jetzt wieder ganz der Polizeiarbeit zuwenden. Er wird ihr mehr Verantwortung
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