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Alle Rache Will Ewigkeit

Alle Rache Will Ewigkeit

Titel: Alle Rache Will Ewigkeit
Autoren: Val McDermid
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Verbrecherin. Niemand wird meinetwegen sterben, wenn Lisa aus dem Weg geschafft ist.«
    In Charlies Kopf klickte etwas. Sie hatte es satt, dass man seine Spielchen mit ihr trieb. Sie hatte genug davon, der Sündenbock zu sein. Sie war es überdrüssig, als unbedeutend und unzulänglich abgetan zu werden. Sie hatte mehr als genug von den Leuten, die dachten, nur ihre Wünsche allein spielten eine Rolle.
    Sie ließ die kleine Spraydose, die sie vom Boden aufgehoben hatte, in ihre Hand gleiten, ohne dass Jay, die zum Fenster hinübergegangen war, es merkte. »Sie finden, dass Sie diese Chance verdient haben?«, fragte Charlie, und ihre Stimme klang knapp und scharf. Als Jay sich ihr zuwandte, hob sie die Hand und besprühte sie mit Pfeffer.
    Schreiend und hustend fiel Jay zu Boden, die Hände vors Gesicht schlagend. »Verdammtes Miststück«, fluchte sie.
    »Ich mach’s noch mal, wenn nötig.« Charlie trat von ihr zurück und stieg über Lisa weg. Sie kauerte neben ihr nieder und sagte: »Du bekommst die gleiche Behandlung, wenn du irgendwas versuchst.« Aber diese Drohung war unnötig. Im Moment war Lisa zu sehr in sich gekehrt, um etwas zu hören. Charlie zog ihr Handy aus Lisas Jackentasche und ging in den Flur, weg von dem sich ausbreitenden Pfeffergeruch. Eine plötzliche Welle der Erschöpfung überrollte sie, ließ ihre Beine schwach werden und benebelte ihren Kopf. Aber etwas musste sie vorher noch tun. Müde wählte sie den Notruf. »Ich muss mit der Polizei sprechen«, sagte sie. »Ich möchte einen Mord melden.«

Acht Monate später
    D ie drei Gäste am Tisch des türkischen Restaurants waren von ganz verschiedenen Orten hierhergekommen. Detective Sergeant Nick Nicolaides war im Auswärtigen Amt gewesen, wo er von einem Beamten der Spanienabteilung auf den neuesten Stand gebracht worden war. Maria Garside hatte sich im Taxi vom Euston Bahnhof herfahren lassen; die schnellen, regelmäßig verkehrenden Pendolino-Züge von Virgin machten es möglich, dass sie in Manchester noch fast einen ganzen Nachmittag in ihrer Praxis arbeiten und trotzdem rechtzeitig zum Dinner in der Hauptstadt sein konnte. Dr. Charlie Flint war von einem Meeting mit Vertretern ihrer Berufshaftpflichtversicherung in Holborn gekommen.
    »Also, nehmen wir Champagner?«, fragte Maria, die als Erste da gewesen war und schon ungeduldig auf einen Drink wartete. »Ich habe schon eine Auswahl an Mezze bestellt.«
    Nick, der an der Tür auf Charlie gestoßen war, hob fragend eine Augenbraue. »Meine Besprechung hat das bestätigt, was wir schon wussten. Und das verlangt definitiv nach Champagner. Aber ich trinke keinen Schampus, wenn Charlie nicht auch einen Erfolg zu vermelden hat.«
    Maria warf Charlie einen wohlüberlegten Blick zu. »Nach acht Jahren meint sie immer noch, dass sie ihre Geheimnisse für sich behalten kann.« Sie lächelte. »Ich glaube, wir nehmen eine Flasche Bollinger. Hab ich recht?«
    Charlie lehnte sich auf ihrem Stuhl zurück und seufzte erleichtert. »Da die Ärztekammer entschieden hat, dass ich im Fall Bill Hopton professionell und korrekt gehandelt habe, hat meine Versicherung erklärt, alle Ansprüche abzuweisen, die die Familien seiner Opfer erheben. Also, Nick, ja, ein Erfolg. Und ja, Maria, auf jeden Fall ist es den Bollinger wert.«
    Das Lächeln, das Marias Gesicht aufleuchten ließ, war noch willkommener als diese Neuigkeit. Erst, als die Beschwerde gegen Charlie durch die Ärztekammer abgewiesen worden war, hatte sie voll und ganz erfasst, unter welchem Stress ihre Partnerin gestanden hatte. Dass Maria in der Zeit im Fegefeuer so wenig für sich gefordert hatte, war eine heilsame Erinnerung für Charlie, wie glücklich sie sich schätzen konnte, sie noch an ihrer Seite zu haben.
    »Gott sei Dank«, sagte Maria, während Nick dem Kellner winkte.
    Als der Champagner bestellt war, saßen sie beisammen, schauten einander freudestrahlend an und genossen das Gefühl, eine Feuerprobe überlebt zu haben. »Was hatte das Auswärtige Amt zu sagen?«, fragte Charlie.
    »Lisas Anwälte haben versucht, sie für prozessunfähig erklären zu lassen, aber das Gericht hat das abgelehnt.«
    »Das ist nicht so überraschend, wie es einem erscheinen mag«, sagte Charlie. »Wenn sie nicht gerade brabbelnd auf dem Boden herumrollt, ist sie in der Lage, einen hohen Grad an Normalität vorzuspiegeln. Es gibt wenige Situationen, in denen sie nicht als hinreichend normal durchgehen würde.«
    Nick verzog das Gesicht. »Deine und
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