Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Alle Orte, die man knicken kann

Alle Orte, die man knicken kann

Titel: Alle Orte, die man knicken kann
Autoren: Dietmar Bittrich
Vom Netzwerk:
grüner Tee lieblos aufgebrüht werden, gilt dem
weißen Tee
alle Aufmerksamkeit. Er wird immer kühl serviert. Denn es handelt sich um Wodka unter Decknamen. Vor dem Essen soll er die Magenwände schützend auskleiden, nach dem Essen den Durchflug der Scheußlichkeiten beschleunigen. In letzter Zeit wird auchvermehrt motorentauglicher Bioalkohol als Wodka serviert. Vom dritten Tag an spielt das keine Rolle mehr.
    Das reicht für das Expertengespräch
    Ist die Seidenstraße noch ein Handelsweg? Na ja. Nicht mehr für Seide, Jade, Keramik und Lackarbeiten aus China und auch nicht für Edelsteine und Glas in die andere Richtung. Aber für Drogen. Leider greifen die Länder immer noch zu drastischen Strafmaßnahmen. Proteste westlicher Regierungen gegen erlesene Foltermethoden halten sich in Grenzen. Besonders Usbekistan wird geschont, weil der Herrscher die Stationierung westlicher Truppen duldet oder vielmehr teuer bezahlen lässt. Sie brechen von der Südgrenze ins benachbarte Afghanistan auf. Darf das sein?, lautet unsere Zauberfrage zum Einstieg in einen tiefschürfenden Seiden-Abend. Weiter: Im fruchtbarsten Landstrich entlang der berühmten Route, im Ferghana-Tal, kommt es immer wieder zu islamistischen Unruhen. Die Ex-Sowjetrepubliken wirken ansonsten weltlich und kommen ohne Burka und Tschador aus. Wird das, soll das so bleiben? Wir heben bedenklich die Brauen. Und schließlich der Höhepunkt unserer engagierten Ökodebatte nach dem Motto: Es ist fünf nach zwölf. Der Aralsee im Nordwesten des Landes ist mittlerweile um vier Fünftel geschrumpft. Seine Reste bewässern immer noch die im Sozialismus angelegten Baumwollplantagen. Touristen gelangen nicht an den auch von Kasachstan angezapften Aralsee, machen sich aber umso lieber Sorgen: Wie lange wird das noch gehen? Oh, oh, oh! Dazu setzen wir unser besticktes Stammeskäppi auf und zeigen Fotos von der absolut seidenfreien Piste.
    Das meinen Kenner
    «Wie langweilig, ja geradezu unerträglich das gesamte Leben in den Städten!»
    – Franz von Schwarz, Astronom in Taschkent
     
    «Die einzige Zerstreuung, die ich beobachten konnte, war, dass man an Basartagen Häftlinge vom Minarett stürzte; an der Zahl ließ sich die Laune des Herrschers ablesen.»
    – Henri Moser, Kaufmann
     
    «Vor der Festung Buchara geköpft zu werden ist wahrscheinlich das Beste, was einem die Seidenstraße bieten kann.»
    – Charles Stoddart, Handelsvertreter

Malediven
    V or ein paar Jahren wurde noch herumposaunt, die Malediven würden untergehen. Die flachen Inseln im Schutz von Korallenriffen südwestlich von Indien seien dem Anstieg des Meeresspiegels nicht gewachsen. Inzwischen haben sich derartige Prognosen als trügerisch erwiesen. Nicht nur schmelzen die Polkappen langsamer als erhofft. Die ehemals bedrohten Atolle wachsen sogar. Dieses Wunder ist erst durch den Massentourismus möglich geworden, der nicht nur viele Bauten erfordert und deshalb eine Menge nützlichen Bauschutt produziert; sondern dessen Versorgung obendrein tonnenweise Müll abwirft. Mit Bauschutt und Müll haben die umweltbewussten Insulaner bereits eine Lagune gefüllt und so eine neue Insel geschaffen –
Thilafushi
.
    Weitere solche Eilande sind in Planung. Durch Ausbaggern und Sandpumpen werden die vorhandenen Inseln bereits in ansprechende Form gebracht und um Landebahnen bereichert. Die vorhandenen Korallenriffe erweisen sich als solide Baubasis, wenn sie ein wenig verstärkt werden, was durch das präzise Einführen von Kadmium, Quecksilber und Blei geschieht. Sogar das bislang oft kritisierte Knirschen der Korallen hat sich durch das sensible Einleiten von Altöl weitgehend abstellen lassen. Dass dabei vorübergehend die Wasserqualität leidet, lässt sich nicht völlig vermeiden. Doch gibt es mittlerweile genügend Pools, für welche das nötige Süßwasser durch effiziente Entsalzungsanlagen herbeigeschafft wird. Niemand muss hier noch im Meer baden. Taucher begegnen unter Wasser allerdings nur noch ihresgleichen. Ein beliebtes Mitbringselbleiben die Haiflossen und Haigebisse. Im Einklang mit der Natur werden die Haie nach dem Abschneiden der Flossen oder nach Gebissentnahme ins Meer zurückgesetzt, wo ihnen, wie der Ministerpräsident des sympathischen Inselstaates versichert, ein friedlicher Lebensabend beschieden ist.

Asien   – Kurz und knickbar
    Arabische Wüste, Arabische Halbinsel:  Immer noch gut geeignet für geologische Studienreisende auf ihrer ewigen Suche nach Granit und Basalt
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher