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Alle meine Wünsche (German Edition)

Alle meine Wünsche (German Edition)

Titel: Alle meine Wünsche (German Edition)
Autoren: Grégoire Delacourt
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seins stellte?
    In jener Nacht wusste ich es nicht. Heute weiß ich es. Aber, mein Gott, es war eine schöne Nacht!
    Sie erinnerte mich an die ersten Nächte der Liebenden, die, in denen man bereit ist, bei Tagesanbruch zu sterben; jene Nächte, die sich einzig um sich selbst sorgen, fern der Welt, des Lärms, der Bosheit. Und dann dringen allmählich Lärm und Bosheit ein, und das Erwachen wird schwierig, die Enttäuschung grausam. Nach der Lust kommt immer die Langeweile. Und es gibt nichts außer der Liebe, um die Langeweile zu überwinden. Die große Liebe, der Traum, den wir alle haben.
    Ich erinnere mich, wie ich am Ende von Die Schöne des Herrn geweint habe. Ich war richtig wütend, weil sich die Liebenden in Genf aus dem Fenster des Ritz warfen. Ich warf dafür das Buch in den Müll, und in seinem kurzen Fall nahm es die große Liebe mit sich.
    Aber in jener Nacht kam es mir vor, als sei sie zurückgekehrt.
    Als der Tag anbrach, ist Jo verschwunden. Seit einem Monat hat er jeden Morgen von sieben Uhr dreißig bis neun Uhr eine Weiterbildung, um Vorarbeiter zu werden und seinen Träumen näher zu kommen.
    Aber deine Träume, mein Schatz, die kann ich dir jetzt erfüllen; sie sind nicht teuer, deine Träume. Ein Flachbildschirm von Sony 52’: 1400 Euro. Ein Chronograph von Seiko: 400 Euro. Ein Kamin im Wohnzimmer: 500 Euro plus 1500 für den Einbau. Ein Porsche Cayenne: 89000 Euro. Und deine komplette Sammlung von James Bond , zweiundzwanzig Filme: 170 Euro.
    Das ist grauenhaft. Was für absurde Gedanken.
    Was mir zustößt, macht mir Angst.

    I ch habe einen Termin mit Française des Jeux , in Boulogne-Billancourt, bei Paris.
    Ich habe den frühen Zug genommen. Ich habe Jo gesagt, ich sei mit Lieferanten verabredet: Synextile, Eurotessile und Filagil Sabarent; ich komme spät nach Hause, warte nicht auf mich. Im Kühlschrank ist Hühnerbrust und Ratatouille zum Aufwärmen.
    Er hat mich zum Bahnhof gebracht, dann ist er zur Fabrik gerannt, um pünktlich zu seiner Fortbildung zu kommen.
    Im Zug denke ich an die Träume der Zwillinge, an ihre Enttäuschung jeden Freitagabend, wenn die Kugeln fallen und andere Zahlen tragen als ihre ausgedachten, ihre überlegten, gewogenen, abgewogenen Zahlen.
    Ich denke an meine Gemeinde von Zehngoldfinger , diese fünftausend Dornröschen, die davon träumen, sich an der Spindel ihres Spinnrads zu stechen, um von einem Kuss geweckt zu werden.
    Ich denke an Papas Sechsminutenschleife. An die Vergeblichkeit der Dinge. An das, was Geld nicht reparieren kann.
    Ich denke an alles, was Maman nicht bekommen hat, wovon sie träumte und was ich ihr jetzt schenken könnte; eine Reise auf dem Nil, eine Saint-Laurent-Jacke, eine Kelly-Tasche, eine Putzfrau, eine Keramikkrone anstatt dieser hässlichen Goldkrone, die ihr wunderbares Lächeln trübte, eine Wohnung in der Rue des Teinturiers, einen Abend in Paris, Moulin Rouge und Mollard, der König der Austern, und Enkelkinder. Sie sagte immer: Großmütter sind bessere Mütter, eine Mutter hat zu viel damit zu tun, Frau zu sein. Meine Mutter fehlt mir ebenso sehr wie am Tag ihres Sturzes. Mir ist immer noch kalt bei ihr. Ich weine immer noch. Wem soll ich achtzehn Millionen fünfhundertsiebenundvierzigtausenddreihunderteinen Euro und achtundzwanzig Cent geben, damit sie zurückkommt?
    Ich denke an mich, an alles, was ich mir jetzt leisten könnte, und ich habe auf nichts Lust. Nichts, was alles Gold der Welt mir bieten könnte. Geht es vielleicht allen so?
    Die Empfangsdame ist reizend: Ah! Sie sind das Arras-Los.
    Sie lässt mich in einem kleinen Salon Platz nehmen, bietet mir etwas zu lesen an, Tee oder Kaffee.
    Danke, sage ich, ich habe seit heute früh schon drei Tassen getrunken, und gleich fühle ich mich dumm, so provinziell, so tramplig. Kurz danach kommt sie mich holen und begleitet mich zum Büro eines gewissen Hervé Meunier, der mich mit offenen Armen empfängt.
    Oha, Sie haben uns ganz schön schwitzen lassen, sagt er lachend, aber jetzt sind Sie endlich da, das ist die Hauptsache. Bitte setzen Sie sich doch. Machen Sie es sich bequem. Fühlen Sie sich wie zu Hause.
    Mein Zuhause ist ein großes Büro; der Teppichboden ist dick, ich ziehe unauffällig einen Fuß aus meinen flachen Schuhen, um ihn zu liebkosen und ein bisschen darin zu versinken; eine diskrete Klimaanlage verbreitet angenehme Luft, und hinter den Fensterscheiben stehen andere Bürogebäude. Riesige Gemälde, Hoppers in Schwarzweiß.
    Hier ist der
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