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Alice at Wonderland

Alice at Wonderland

Titel: Alice at Wonderland
Autoren: Bunzel Gaw
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Hälfte in die Tonne werfen«, beenden Ruth und ich gemeinsam den Satz. Wir müssen lachen.
    Nina schaut uns verständnislos an, als ob so etwas Merkwürdiges wie »alleine« in ihrem Wortschatz gar nicht vorkommt. Glücklicherweise kommt Jenny von ih rer Pfefferschote auf die etwas anders gelagerte Würze in der südamerikanischen Küche zu sprechen und ist dann ruckzuck bei den Vorzügen dunkelhäutiger Brasilianer. Nina unternimmt noch zwei weitere Versuche, das pein liche Thema auszuwalzen. Aber jedes Mal umkurvt Jenny die brisante Untiefe, sodass wir alle den Abend beschließen im sicheren Wissen, jetzt auf sexuellem Gebiet mit Männern aus sechs verschiedenen Nationen Schritt halten zu können. Nur Markus hat nichts davon.
    Im Hinausgehen hat Ruth noch einen umwerfenden Tipp auf Lager.
    »Wenn du das Buch nicht im Laden kaufen willst, und ich schwöre, dass ich das nachvollziehen kann«, sagt sie, »dann bestell dir das doch einfach bei amazon.«
    »Oh, Gnade«, sage ich, mich im Geiste ohrfeigend, »warum bin ich da nicht selbst drauf gekommen?«
    »Und so was nennt sich Online-Redakteurin«, sagt sie grinsend, gibt mir einen Kuss auf die Wange und rauscht hinaus in ihrem etwas altmodischen langen Kleid und den klimpernden Amuletten. Ich brauch echt 'ne Pause, wenn ausgerechnet die ein zige Frau im Universum, die keinen Computer besitzt, mir das Internet als Lösung vorschlägt. "Wenn das mein Chef erfährt, kann ich wieder von vorn anfangen, in der Kaffeeküche. Mir fällt mein erster Arbeitstag wieder ein. Meine Eltern hatten angerufen und waren aufgeregt wie an meinem ersten Schultag. Da fehlte wirklich nur noch die Schultüte per Fleurop.
    »Mein Kind, ist das zu glauben? Du bist jetzt beim Fernsehen.«
    »Ja, Mama. Aber meine Arbeit ist nicht ganz so Fernse hen, wie du dir das vorstellst.«
    »Ja, siehst du denn da auch die Wildecker Herzbu ben?«
    Meine Mutter hat überhaupt keine Berührungsängs te, was Volksmusik angeht, ganz im Gegenteil. Und die Herzbuben sind ihre Passion seit über dreizehn Jahren. Sie hat nämlich einen Computer, und den nutzt sie fast ausschließlich, um auf deren Fanseiten rumzukurven. Vielleicht bin ich sogar durch meine Mutter auf die Idee gekommen, mit beiden Medien, Fernsehen und Internet, ganz lustig meinen Lebensunterhalt zu verdienen.
    »Ich komme auf dem Weg zur Redaktion an Mülltcon tainern vorbei. Es gibt also tatsächlich eine reelle Chance, die Wildecker Herzbuben zu treffen.«
    Mein Vater warf mir einen vorwurfsvollen Blick zu. Er ist nicht ganz so fanatisch, was dieses Hochgebirgsgejohle angeht, aber trotzdem nicht der Meinung, die beiden di cken Krakeeler gehörten in die Tonne.
    »Du musst mir unbedingt ein Autogramm mitbringen«, beschwor mich meine Mutter. Sie konnte sich einfach nicht
    vorstellen, dass ein Großteil der Mitarbeiter bei Fernsehsendern die so genannten Stars nie zu Gesicht bekommt. Und schon gar nicht, dass ein Großteil der Mitarbeiter es sogar genau darauf anlegt. Und mit diesem wundervol len Auftrag trat ich meinen ersten Tag als Volontärin an. Volontär kommt übrigens aus dem Lateinischen und be deutet Küchenhilfe. Heute habe ich selbst eine Volontärin und muss mir von meiner alten Schulfreundin sagen las sen, dass es so was wie das Internet gibt.
    Bei amazon finde ich das Kochbuch nicht, aber über einen link gibt es gebrauchte Bücher von privat, und dort werde ich fündig. In gutem Zustand, für das halbe Geld, angeboten von einem Alex. Sieh an. Wenn Alex das Single-Kochbuch verkauft, dann ist er wohl keiner mehr. Seit kurzem glücklich verpaart, braucht er das Buch nicht mehr, denn jetzt muss er ja für zwei kochen. Er ist geheilt, und wo sonst als in den anonymen Weiten eines elektronischen Kommunikationssystems könnte er klammheimlich den letzten Beweis seiner ehemaligen Schmach loswerden. Und am anderen Ende dieser anonymen Weiten sitze ich und bestelle mir das Buch. Und nur für den Fall, so was hat's ja schon gegeben, dass es sich bei Alex um einen ge nialen Hacker handelt, der in null Komma nix über meine Mail-Adresse sämtliche persönlichen Daten herausfindet, inklusive Wohnort, Straße und Hausnummer, um mich öffentlich als Käufer seines Buches zu brandmarken, setze ich noch ein kleines PS unter meine Bestellung, ganz offen und ehrlich:
    Das Buch ist nicht für mich.
    Zufrieden gieße ich mir noch ein Glas Wein ein. Ich habe die Flasche gerade abgestellt, als sich mein Mail-Server mit einem plunk zu Wort meldet. Alex
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