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Alex Cross - Cold

Titel: Alex Cross - Cold
Autoren: James Patterson
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Sie hob den Blick von der Selbstmordpille in ihrer Hand und sah in sein erbärmliches, faltiges Gesicht. Sah die Arroganz in seinen Augen.
    »Ihr habt vorhin etwas gesagt«, sagte sie. Ihre Stimme klang brüchiger, als ihr lieb war, aber sie sprach weiter. »Einen Satz zumindest, der wahr war.«
    »Ach ja?«, erwiderte Jiddo eilfertig. »Welchen meinst du denn, mein Kind?«
    »Dass ich sehr gut ausgebildet worden bin.«
    Blitzartig drehte Hala sich um und packte das Handgelenk der Frau. Mit einer einzigen Bewegung brach sie es. Die Frau schrie auf.
    Sie ließ ihre Pistole fallen, und Hala fing sie auf, noch bevor sie den Boden berührte. Sie legte den Zeigefinger auf den Abzug und schoss auf die Frau. Aus nächster Nähe. Ins Gesicht. Kein Zögern.
    Keine nutzlosen oder trägen Gedanken mehr. Nur zielgerichtete. Und schnelles Handeln.
    Sie schoss erneut und traf den jüngeren Mann in die Brust, als dieser sich auf sie stürzen wollte. Jiddo suchte hinter seinem Auto Deckung, doch noch bevor er sein Ziel erreicht hatte, jagte Hala ihm eine Kugel in den Hinterkopf.
    Die Arme zu beiden Seiten ausgestreckt, landete er auf der Motorhaube. Der Laptop rutschte zu Boden, und gleich darauf glitt auch Jiddo von der teuren Sonderlackierung des Mercedes ab und landete neben dem Rechner. Nur ein breiter, roter Streifen blieb zurück.
    Als Hala sich Tarik zuwandte, war er auf die Knie gesunken. Die Krämpfe hatten bereits begonnen. Sein Kopf ruckte bei jedem vergeblichen Versuch, Luft zu holen.
    »Geh!«, keuchte er. »Geh... sofort!«
    »Ich kann nicht!« Sie kniete sich neben ihn. Zum ersten Mal seit dem Beginn ihrer sogenannten Mission, war sie wie versteinert, unfähig etwas zu unternehmen.
    Dann rührte sich etwas in ihrem Rücken.
    Tariks Augen wurden groß. »Hala!«
    Sie rollte sich beiseite und drückte instinktiv ab. Ihre Kugel traf den jüngeren Mann in die Schläfe.
    Blinde Wut ergriff von ihr Besitz. Hala sprang auf. Ein wilder, animalischer Schrei dröhnte in ihren Ohren fast so, als käme er gar nicht aus ihrer Kehle -, während sie sämtliche noch verbliebenen Kugeln in die Leichen jagte.
    Dann versetzte sie den leblosen Körpern, den Gliedmaßen, den Köpfen, ja, sogar den Gesichtern, wilde Fußtritte, begleitet von Flüchen und Schmähungen. Sie konnte nichts mehr tun, um ihnen ihre Sünden heimzuzahlen, aber trotzdem ... sie konnte auch nicht aufhören. Wenn sie im Jenseits ankamen, dann würde nichts mehr daran erinnern, wie sie einmal ausgesehen hatten.
    Schließlich brach sie zusammen. Keuchend und schluchzend nahm sie Tarik in die Arme.
    Er lag halb auf der Seite, genau dort, wo er zu Boden gesunken war. Seine weit aufgerissenen Augen schienen auf den Himmel gerichtet zu sein, fast so, als hätte er noch immer das Paradies vor Augen. Vielleicht, dachte Hala, war Gott das Letzte, was er vor seinem Tod noch gesucht hatte.
    Sie verlor jedes Zeitgefühl. Später würde sie sich nicht daran erinnern können, wie lange sie dort bei Tarik gesessen hatte, aber langsam kam sie wieder zu Verstand.
    Sie musste sich auf den Weg machen. So viel war klar. Trauer war das eine, aber Schwäche war etwas anderes. Hala war alles andere als schwach. Sie war zur Kriegerin ausgebildet worden, zum Überleben um jeden Preis.
    Ohne sich aufzurichten, kroch sie zu den anderen. Sie durchsuchte die Taschen des jungen Mannes, bis sie die Autoschlüssel gefunden hatte. Sie nahm ihnen alles ab, was sie bei sich hatten, Bargeld, Kreditkarten, sogar den langen schwarzen Mantel der toten Frau.
    Jiddos Taschen waren leer. Sie nahm nur den Laptop an sich. Vielleicht würden sich die darauf befindlichen Informationen noch als nützlich erweisen. Vielleicht als Lösegeld für ihre Kinder.
    Irgendwann stand sie schließlich wieder auf den Beinen, aber es fühlte sich so an, als ob sie versuchte, unter Wasser zu gehen. Die Welt schien langsam an ihr vorbeizufließen, während sie in den SUV stieg, zurückstieß und den Wagen auf die Straße lenkte.
    Fahr langsam, Hala. Verhalte dich unauffällig.
    Als sie in dieses Land gekommen war, da war sie bereit gewesen, jederzeit zu sterben. Und in gewisser Weise, das wurde ihr langsam klar, war sie gerade gestorben. Das Leben von Hala Al Dossari war zu Ende. Jetzt musste sie ein völlig neues Leben beginnen.
    Irgendwo. Irgendwie. Ihr Leben als Kriegerin würde weitergehen.
    Aber gegen wen, fragte sich Hala, soll ich kämpfen?

  110
    Die Genehmigung für ein Gespräch mit Ethan und Zoe kam von derselben
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