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Alarmstufe Blond

Alarmstufe Blond

Titel: Alarmstufe Blond
Autoren: Johanna Marthens
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erwiderte ich. »Ich habe ein Handy.«
    »Das nützt Ihnen hier nicht viel. Sie haben nur am Ortseingangsschild Empfang, im Ort nicht mehr.«
    Verdutzt starrte ich sie an, doch sie zuckte mit den Achseln. »Seit Jahren kämpfen wir sowohl um einen Mobilfunkmast als auch um einen allgemeinen Internetanschluss, aber bisher hat sich noch niemand darum gekümmert. Ich hoffe, Sie brauchen solch neumodisches Zeug nicht, so lange Sie hier sind.«
    »Naja, eigentlich …«, stammelte ich und spürte auf einmal, wie sich Entsetzen in mir ausbreitete. Drei lange Wochen ohne eigenes Telefon? Ohne Online-Shopping?? Ohne die täglichen SMS an Caroline???
    Sie musste die Bestürzung in meinem Blick gesehen haben, denn sie legte einen mitleidigen Blick auf. »Wie gesagt, am Ortseingangsschild. Aber besser ist, es geht auch ohne.«
    »Es muss irgendwie gehen«, sagte ich schließlich und verabschiedete mich von ihr.
    Das machte meinen Aufenthalt wesentlich unangenehmer und vor allem meinen geheimen Plan viel schwieriger.
     
    Nur wenig später lag ich auf meiner Matratze in einem Zimmer, das zur Straße hinausführte, und starrte fassungslos mein Handy an. Keine Balken, kein Empfang. Meine Nachbarin hatte tatsächlich die Wahrheit gesagt. Also wirklich keine SMS an Caroline, dass alles in Ordnung war, kein Chat, kein Shoppen, kein neuer Badeanzug.
    Auch mein Vorhaben, meine Lungen zu entlasten und über Nacht den Motor laufen zu lassen, entpuppte sich als undurchführbar, weil mein älterer Nachbar, der sich als Vater meiner Retterin entpuppte, zu mir kam und den Motor ausstellte. Seine Begründung will ich an dieser Stelle lieber nicht wiedergeben, ich sage nur, dass sie erschreckend oft die Worte »Kopfverletzung« und »Hirnschaden« enthielt.
    Schließlich legte ich mein nutzloses Handy zur Seite und lag bewegungslos da, doch ich konnte nicht schlafen. Das hatte allerdings nichts mit meiner Verletzung oder dem üppigen Sauerstoff zu tun, sondern mit dem Dröhnen in meinen Ohren. Zuerst dachte ich, es wäre irgendwo ein Kühlschrank an, der summte. Aber meine Suche im Haus ergab nichts. Dann vermutete ich ein Kraftwerk irgendwo in der Nähe oder einen Flughafen, aber auch das war ein Trugschluss. Als ich zutiefst erschrak, weil vor dem Fenster eine Grille anfing zu zirpen, wusste ich, dass ich das Rauschen in meinen Ohren deshalb hörte, weil es da draußen keine anderen Geräusche gab und ich lediglich meinen eigenen Blutkreislauf vernahm. Kein Straßenlärm, keine Polizeisirenen, keine U-Bahnen, kein Partylärm vom Nachbarn. Nichts. Nur absolute Stille. Es war unerträglich.
    Ich überlegte zwar noch, den Motor meines Autos erneut einzuschalten,  um der Stille zu entgehen, war jedoch zu träge, noch einmal aufzustehen. Irgendwann gewann schließlich die Müdigkeit Oberhand über die vielen Irritationen in meiner Umwelt, und ich schlief endlich ein.

TAG 2
    4.Juli, noch 13 Tage bis zum Erstschlag
     
     
    Der Morgen begann angenehm, wenn auch sehr spät. Normalerweise wurde ich zu Hause immer gegen sieben wach, wenn bei meiner Nachbarin der Wecker klingelte. Durch die dünnen Wände in meinem Haus bekam ich immer mit, was sie machte, wann sie Essen kochte, sich mit ihrem Freund stritt, mit ihrer Mutter telefonierte oder Sex hatte. Eigentlich begann mein Job in der Redaktion erst um neun, aber ich hatte es mir angewöhnt, mit ihr aufzustehen, weil ich so in Ruhe duschen und sogar noch die Zeitung nach Themen »flöhen« konnte. Jeden Morgen gab es in der Redaktion zuerst eine Themenkonferenz, bei der jeder, der unterwegs oder beim Lesen der Zeitung auf ein Thema gestoßen war, dies vortrug, so dass wir es weiterspinnen und für unsere Leserinnen aufarbeiten konnten. Normalerweise fand ich viele spannende Themen, die ich gern weiter bearbeitet und für die Zeitschrift geschrieben hätte, doch die wurden alle von meiner Chefin abgebügelt. Entweder hielt sie wirklich nichts von mir und meiner Schreibe, oder sie wollte mich ewig demütigen und als ihre Kaffeeköchin missbrauchen. Wenn ich positiv dachte, konnte ich es als Kompliment auffassen, dass sie dermaßen von meinem Kaffee und meinem Können als Kopiererin wichtiger Unterlagen begeistert war, dass sie mich nicht an die Redaktion und wirkliche Arbeit als Autorin verlieren wollte. Aber seit einiger Zeit fiel mir das immer schwerer. Ich wollte endlich eine richtige Redakteurin sein, dafür hatte ich schließlich viele Jahre studiert und die Praxis bei der Studentenzeitung
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