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Agentur der boesen Maedchen

Agentur der boesen Maedchen

Titel: Agentur der boesen Maedchen
Autoren: Lotte Kinskofer
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arbeitete nie, reiste mit dem Geld seiner Eltern durch die Welt. Er stellte keine Ansprüche, hielt sich daher wahrscheinlich für unsichtbar und glaubte, dass er nicht stören würde. Ich sah das anders. Dass jemand sich in meinem Wohnzimmer lümmelte, nicht arbeiten musste und fröhlich über die Runden kam, weckte meinen Neid. Jeder normale Mensch musste sich neben Karl-Heinz lächerlich Vorkommen, denn er stellte durch seine bloße Existenz alles in Frage, was man jemals gelernt hatte fürs Leben, das mit der Tüchtigkeit und dem Fleiß und so.
    »Nächste Woche kriege ich Besuch.«
    Ich biss mir auf die Lippen wegen meiner Dämlichkeit. Das war zwar immer die leichteste Ausrede, um ihn wieder loszuwerden, aber ich hätte übermorgen sagen sollen. Bis nächste Woche war noch viel Zeit. Das dachte offenbar auch Karl-Heinz und ersparte sich daher eine Antwort auf meine Ankündigung.
    »Kennt dich der Vermieter überhaupt?«
    »Nö, ich habe gesagt, ich bin dein Cousin.«
    »Und da hat der dir aufgesperrt?«
    »Ja.«
    Na, der sollte was hören, der Armleuchter. Wenn sich das rumsprach, dass jeder, der angeblich mein Cousin war, einfach bei mir wohnen konnte, dann gute Nacht. Aber zunächst einmal trat ich die Flucht an, packte mein Brot und eine Flasche Wein und zog mich in mein Schlafzimmer zurück. Der Fernsehabend war also gestorben, gerade noch konnte ich mein Telefon neben das Bett retten. Da saß ich nun, in einem kleinen ungeheizten Raum, auf der Bettkante, trank Wein aus der Flasche, bröselte den Baguette-Rest auf mein Bett und war mit meinen Nerven am Ende. In meinem schönen warmen Wohnraum lag Karl-Heinz auf dem Kanapee, ich hörte, wie er durch die Kanäle zappte, ansonsten war es still. Eva traute ich mich nicht mehr anzurufen. Der eine Typ hatte mir meinen Job weggeschnappt, der andere lag auf meiner Couch, das würde sie nie verstehen. Mit Trost war da nicht zu rechnen, eher mit kritischen Anmerkungen zu meiner als Gutmütigkeit getarnten Dummheit. Ich wählte die Nummer von Ricarda. Sie wusste wenigstens, wie man mit Männern umgehen musste, vor allem, wie man sie wieder los wurde. Aber Ricarda war ausgeflogen, und mit ihrer Konserve wollte ich keinesfalls reden. Ich drückte mich noch mal am Wohnzimmer vorbei ins Bad, dann ging ich ins Bett. Echt gelungen, der Tag.

Eva   In der Küche standen drei leere Dosen Cola-Light. Meine Tochter machte gerade wieder Diät und versaute sich dabei ihren Magen und ihr Selbstbewusstsein, nur um irgendwelchen Idioten zu gefallen. Einkäufen war sie natürlich nicht, brauchte ja nichts zu essen, wenn sie abnehmen wollte.
    Auf dem Heimweg war ich kurz bei Annette vorbeigegangen, sie hatte heute ihren letzten Tag an der Uni. Der Typ, der die Tür aufmachte, sah aus, als wäre er gerade aus der Mülltonne gekrochen. Auf meine Frage, wo denn Annette sei, sagte er etwas Ähnliches wie »Weiß nicht«, da bin ich gerne wieder gegangen. Weiß der Teufel, wo sie den aufgerissen hat, war gar nicht ihre Art, irgendwelche Trottel in ihr Bett zu ziehen. Das sähe eher Ricarda ähnlich. Aber es war eindeutig Annettes Wohnung und nicht die Villa ihrer alten wilden Tante. Ich ging schnell wieder weg, war wohl nichts mit dem Frauentratsch am Abend. Clara schraubte sich durch die Küchentür, als ich mich gerade auf einem Stuhl niederließ. Sie konnte nichts für meine schlechte Laune, aber sie kam zum richtigen Zeitpunkt.
    »Kannst du mal deinen Krempel wegräumen?«
    »Klar, Mama.«
    Das hatte gerade noch gefehlt. Nichts brachte mich mehr auf die Palme, als wenn sie mich an meine Mütterlichkeit erinnerte. Ich schwieg beleidigt und fragte mich, womit ich so eine Tochter verdient hatte. Clara hatte sich in heiße Klamotten geworfen und war geschminkt. Offenbar war Ausgehen angesagt.
    »Machst du wieder einen auf Disco-Maus?«
    »Ist dir heute schon ein Mann über den Weg gelaufen oder warum hast du so schlechte Laune?«
    Meine Tochter kannte mich gut. Ich war plötzlich versöhnlich gestimmt.
    »Ich hatte Ärger im Verlag.«
    »Sind die Kolleginnen dir wieder nicht feministisch genug?«
    Meine Tochter kannte mich sogar sehr gut. Leider konnte ich ihr nie erzählen, was wirklich los war, denn sie war in diesem Punkt nie meiner Meinung. Und sie war auf diese Debatten auch nicht besonders scharf. Also versuchte sie abzulenken.
    »Stell dir vor, ich habe in einer Woche schon drei Kilo abgenommen.«
    »Ein Pfund davon war dein Gehirn, oder?«
    »Sei doch nicht so giftig, ich
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