Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Äon

Äon

Titel: Äon
Autoren: Greg Bear
Vom Netzwerk:
Defektschiff traf, schnellte in die Höhe.
     
    Die Sprengladungen rund ums Ende der siebten Kammer waren plaziert. Ingenieure hatten die ganze Thistledown inspiziert und letzte Materialtests vorgenommen und die Maschinerie der sechsten Kammer überprüft. Mit der Absprengung des Asteroiden vom Beginn des Wegs wäre die Maschinerie der sechsten Kammer einer enormen Belastung ausgesetzt: die Stabilisierung des Wegs würde plötzlich wegfallen, während auszuschaltende destruktive Kräfte in den Kammern jäh und gewaltig zunehmen würden.
    Die Bezirke Axis Thoreau und Axis Euclid waren hunderttausend Kilometer nördlich der siebten Kammer verlegt worden. In den beiden Zylindern war die Verwirrung groß. Die meisten Bewohner – Naderiten orthodoxer und anderer Richtungen und erstaunlich viele homomorphe Geshel – waren in neue Unterkünfte verlegt worden; die wenigsten kannten sich in den neuen Bezirken aus. Es herrschte Ferienstimmung, Siegerstimmung, aber auch bange Besorgnis.
     
    Hunderte von Erdenbürgern füllten die Behandlungshallen, wo sich Geshel-Ärzte und Anwälte ihrer annahmen.
    Ein männlicher Homomorpher – Hoffman merkte sich das Wort und fügte es ihrem rasch wachsenden Vokabular hinzu – nahm Hautproben von seiner ihm zugeteilten Gruppe aus zwanzig Erdenbürgern. Hoffman kam als siebte an die Reihe. Für jeden hatte der Homomorphe ein Lächeln und ein paar aufmunternde Worte übrig. Er war hübsch, aber nicht ganz nach ihrem Geschmack: wohl ein bißchen zu fein modelliert und kaum unterscheidbar von einem Dutzend anderer Homomorpher. Vielleicht hatte sie einfach zu niedrige Ansprüche; sie war an die große physiognomische Vielfalt ihrer Zeit gewöhnt, wo unvermeidliche Makel – von der mißratenen Nase über Fettleibigkeit bis zur Gebißfehlstellung – einen mittelalterlich bunten Reigen von Gesichtszügen hervorbrachten.
    Nachdem die Proben gesammelt waren, zog er eine Art Gesichtsmaske aus seinem schwebenden Utensilienkoffer. »Damit lassen sich verschiedene medizinische Analysen durchführen«, erklärte er. »Diese Untersuchung ist ebenfalls freiwillig – aber Ihre Zusammenarbeit wäre uns sehr hilfreich.«
    Alle machten sie mit und stülpten die Maske übers Gesicht und blickten hinein und beobachteten einige Sekunden lang den Aufzug komplexer Symbole.
    Bei diesen Vorgängen hatte Hoffman nicht das Gefühl einer bevorstehenden Entwürdigung oder Knechtschaft, sondern spürte einen Geist von Kameradschaft. Viele der Betreuer hißten stolz Flaggen über der linken Schulter: die Flagge von Indien, Australien, China, USA, Japan, UdSSR und anderer Nationen. Alle waren sie richtig erpicht darauf, mit den ihnen Anvertrauten in deren Landessprache zu reden.
    Nachdem die medizinischen Tests abgeschlossen waren, wurden sie zu einer Reihe von Aufzügen geführt, die sich an der Seite der Halle öffneten. Ann Blakely, Laniers ehemalige und Hoffmans jetzige Sekretärin, wechselte aus einer anderen Gruppe herüber. Bei ihr war Doreen Cunningham, ehemalige Sicherheitsbeauftragte im wissenschaftlichen Lager.
    »Sind alle so verkrampft«, flüsterte Cunningham Hoffman zu.
    »Ich nicht«, erwiderte Hoffman. »Ich fühl’ mich wie im Urlaub – nachdem die großen Bosse übernommen haben. O du meine Güte!« entfuhr es ihr, als sie in den Aufzug geblickt hatte. Da war gar kein Boden zu sehen. Trotz einer Erklärung und Vorführung des Lifts von seiten der Betreuer war viel gutes Zureden erforderlich, um sie zu bewegen, in den leeren Schacht zu treten.
    Sie klammerten sich aneinander, als eine Gruppe von sechzig hinaufbefördert wurde. Cunningham drückte die Augen zu. Die meisten Russen seien sehr resigniert, berichtete sie Hoffman; voller Pessimismus sonderten sie sich ab.
    »Ich habe mir sagen lassen, daß von uns ein paar übergelaufen sind«, sagte Hoffman, die unbeirrt auf den Rücken ihres Vordermanns starrte. Die Aufzugwände waren so gleichförmig, daß keinerlei Bewegung erkennbar war; darüber hinaus spürte man rein gar nichts, was die Fahrt allerdings nicht angenehmer machte.
    »Vier – zwei Russen und zwei Amerikaner, soviel ich gehört habe«, bemerkte Ann.
    »Und weiß man wer?«
    »Rimskaya«, sagte Cunningham. »Und Beryl Wallace.«
    »Beryl…« Hoffman zog die Brauen hoch und schüttelte den Kopf. »Ihr hätt’ ich das nicht zugetraut… und Rimskaya auch nicht.« Fühlte sie sich betrogen, im Stich gelassen? Lächerlich. »Und bei den Russen?«
    »Der eine ist Mirski«, berichtete
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher