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Achtzig Gedichte

Achtzig Gedichte

Titel: Achtzig Gedichte
Autoren: Georg Trankl
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sie fromm gemalt an Kirchenfenstern;
Das will in Schmerzen freundlich noch geleiten,
Wenn ihre Sterne durch sein Blut gespenstern.
    Herbstuntergang; und des Hollunders Schweigen.
Die Stirne rührt des Wassers blaue Regung,
Ein härnes Tuch gelegt auf eine Bahre.
    Verfaulte Früchte fallen von den Zweigen;
Unsäglich ist der Vögel Flug, Begegnung
Mit Sterbenden; dem folgen dunkle Jahre.
    Â 
DER HERBST DES EINSAMEN
    Der dunkle Herbst kehrt ein voll Frucht und Fülle,
Vergilbter Glanz von schönen Sommertagen.
Ein reines Blau tritt aus verfallener Hülle;
Der Flug der Vögel tönt von alten Sagen.
Gekeltert ist der Wein, die milde Stille
Erfüllt von leiser Antwort dunkler Fragen.
    Und hier und dort ein Kreuz auf ödem Hügel;
Im roten Wald verliert sich eine Herde.
Die Wolke wandert übern Weiherspiegel;
Es ruht des Landmanns ruhige Gebärde.
Sehr leise rührt des Abends blauer Flügel
Ein Dach von dürrem Stroh, die schwarze Erde.
    Bald nisten Sterne in des Müden Brauen;
In kühle Stuben kehrt ein still Bescheiden
Und Engel treten leise aus den blauen
Augen der Liebenden, die sanfter leiden.
Es rauscht das Rohr; anfällt ein knöchern Grauen,
Wenn schwarz der Tau tropft von den kahlen Weiden.
    Â 
EIN WINTERABEND
    Wenn der Schnee ans Fenster fällt,
Lang die Abendglocke läutet,
Vielen ist der Tisch bereitet
Und das Haus ist wohlbestellt.
    Mancher auf der Wanderschaft
Kommt ans Tor auf dunklen Pfaden.
Golden blüht der Baum der Gnaden
Aus der Erde kühlem Saft.
    Wanderer tritt still herein;
Schmerz versteinerte die Schwelle.
Da erglänzt in reiner Helle
Auf dem Tische Brot und Wein.
    Â 
UNTERGANG
    Ãœber den weißen Weiher
Sind die wilden Vögel fortgezogen.
Am Abend weht von unseren Sternen ein eisiger Wind.
    Ãœber unsere Gräber
Beugt sich die zerbrochene Stirne der Nacht.
Unter Eichen schaukeln wir auf einem silbernen Kahn.
    Immer klingen die weißen Mauern der Stadt.
Unter Dornenbogen
O mein Bruder klimmen wir blinde Zeiger gen Mitternacht.
    Â 
AN DIE VERSTUMMTEN
    O, der Wahnsinn der großen Stadt, da am Abend
An schwarzer Mauer verkrüppelte Bäume starren,
Aus silberner Maske der Geist des Bösen schaut;
Licht mit magnetischer Geißel die steinerne Nacht verdrängt.
O, das versunkene Läuten der Abendglocken.
    Hure, die in eisigen Schauern ein totes Kindlein gebärt.
Rasend peitscht Gottes Zorn die Stirne des Besessenen,
Purpurne Seuche, Hunger, der grüne Augen zerbricht.
O, das gräßliche Lachen des Golds.
    Aber stille blutet in dunkler Höhle stummere Menschheit,
Fügt aus harten Metallen das erlösende Haupt.
    Â 
PASSION
    Wenn silbern Orpheus die Laute rührt,
Beklagend ein Totes im Abendgarten –
Wer bist du Ruhendes unter hohen Bäumen?
Es rauscht die Klage das herbstliche Rohr,
Der blaue Teich.
    Weh, der schmalen Gestalt des Knaben,
Die purpurn erglüht,
Schmerzlicher Mutter, in blauem Mantel
Verhüllend ihre heilige Schmach.
    Weh, des Geborenen, daß er stürbe,
Eh er die glühende Frucht,
Die bittere der Schuld genossen.
    Wen weinst du unter dämmernden Bäumen?
Die Schwester, dunkle Liebe
Eines wilden Geschlechts,
Dem auf goldenen Rädern der Tag davonrauscht.
    O, daß frömmer die Nacht käme,
Kristus.
    Was schweigst du unter schwarzen Bäumen?
Den Sternenfrost des Winters,
Gottes Geburt
Und die Hirten an der Krippe von Stroh.
    Blaue Monde
Versanken die Augen des Blinden in härener Höhle.
    Ein Leichnam suchest du unter grünenden Bäumen
Deine Braut,
Die silberne Rose
Schwebend über dem nächtlichen Hügel.
    *
    Wandelnd an den schwarzen Ufern
Des Todes,
Purpurn erblüht im Herzen die Höllenblume.
    Ãœber seufzende Wasser geneigt
Sieh dein Gemahl: Antlitz starrend von Aussatz
Und ihr Haar flattert wild in der Nacht.
    Zwei Wölfe im finsteren Wald
Mischten wir unser Blut in steinerner Umarmung
Und die Sterne unseres Geschlechts fielen auf uns.
    O, der Stachel des Todes.
Verblichene schauen wir uns am Kreuzweg
Und in silbernen Augen
Spiegeln sich die schwarzen Schatten unserer Wildnis,
Gräßliches Lachen, das unsere Münder zerbrach.
    Dornige Stufen sinken ins Dunkel,
Daß röter von kühlen Füßen
Das Blut hinströme auf den steinigen Acker.
    Auf purpurner Flut
Schaukelt wachend die silberne Schläferin.
    *
    Jener aber ward ein schneeiger Baum
Am Beinerhügel,
Ein Wild äugend aus eiternder Wunde,
Wieder ein
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