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Achtung Denkfalle! - die erstaunlichsten Alltagsirrtümer und wie man sie durchschaut

Achtung Denkfalle! - die erstaunlichsten Alltagsirrtümer und wie man sie durchschaut

Titel: Achtung Denkfalle! - die erstaunlichsten Alltagsirrtümer und wie man sie durchschaut
Autoren: C.H.Beck
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das folgende Diagramm hinzugefügt:

    Abbildung 7: Simpsons Paradoxon visualisiert
    Die Abbildung 7 ließe sich als Beweis ohne Worte verwenden. Wollte man trotzdem ein paar Worte zur Erklärung anbieten, dann könnten das diese sein: Der Bruch a 2 /a 1 ist die Steigung der Strecke vom Nullpunkt des Achsensystems bis zum Punkt (a 1 , a 2 ). Ein Vergleich der Steigungen der Strecken ergibt, dass zwar a 2 /a 1 kleiner ist als A 2 /A 1 und auch b 2 /b 1 kleiner ist als B 2 /B 1 , dass aber die Summe (a 2 + b 2 )/(a 1 + b 1 ) größer ist als (A 2 + B 2 )/(A 1 + B 1 ). Zur Einschätzung der Größe der Brüche muss man nur die Steigungen der entsprechenden Strecken in Abbildung 7 vergleichen.
    Siebzehn Sätze der Deutung.
Die zentrale Frage für eine angemessene Deutung des Simpson’schen Paradoxons ist natürlich folgende: Welche der beiden konträren Schlussfolgerungen stimmt denn nun eigentlich? Oder am konkreten Musterbeispiel gefragt: Soll man sich in Krankenhaus A oder B der Operation unterziehen? Welches Krankenhaus ist besser?
    Um diese Fragen angemessen zu beantworten, reicht es nicht aus, nur die Zahlen anzuschauen, man muss sich mit den Begleiterscheinungen und Hintergründen der Situation beschäftigen.
    Zur richtigen Deutung der Zahlen ist es nötig, den Gesundheitszustand des Patienten vor der Operation mit einzubeziehen. Und in Bezug auf die zentrale Frage ist die Antwort nuancierter als ursprünglich gedacht: Sie hängt davon ab, in welcher Beziehung der Gesundheitszustand des Patienten zum Krankenhaus selbst steht. Ist dieser Zustand extern gegeben, dann ist das Krankenhaus A vorzuziehen. Vielleicht aufgrund besserer medizinischer Geräte oder wegen einer größeren Zahl von angestellten Spezialisten führt es vermehrt Risikooperationen durch, und bei diesen ist nun einmal die Sterberate höher.
    Es ist aber auch denkbar, dass die beiden Krankenhäuser, etwa durch ihre am Patienten vorgenommenen Operationsvorbereitungen, den Gesundheitszustand des Patienten vor der Operation beeinflussen. Dann wäre das Krankenhaus A schlechter, denn in ihm käme durch OP-Vorbereitungen ein größerer Anteilvon Patienten in einen schlechten Allgemeinzustand. Diese Frage, ob die Variable
Gesundheitszustand des Patienten
extern (also außerhalb des Krankenhauses) festgelegt ist oder intern (also innerhalb des Krankenhauses) beeinflusst wird, ist für eine kompetente Beantwortung der Fragestellung nötig. Diesbezüglich liegen aber hier keine Informationen vor. Es kommt also darauf an, welche Hypothese man darüber zugrunde legt. Hält man den Gesundheitszustand des Patienten für eine in Bezug auf die Krankenhäuser externe Größe, was in der Regel der Fall sein dürfte, dann ist Krankenhaus A vorzuziehen. Also legen wir uns bei einem A-Chirurgen unters Messer.
    Aus freier Wildbahn.
Das waren allesamt
in vitro
entworfene Zahlenbeispiele. Doch Simpsons Paradoxon kommt auch in naturbelassener Realität vor. Ein mustergültiges Paradebeispiel mit realen Daten, realen Menschen und, ja, realen Toten bezieht sich auf Todesurteile, die bei Mordprozessen in Florida ausgesprochen wurden. Die Fallzahlen im Zeitraum 1976 bis 1987 sind aufgeschlüsselt nach der Rassenzugehörigkeit (Schwarz oder Weiß) von Opfer und Täter.[ 3 ] Sie entstammen einer Studie zur Untersuchung der Frage, ob farbige Angeklagte, die in Florida wegen Mordes vor Gericht stehen, häufiger zum Tode verurteilt werden als weiße Angeklagte.
        Hautfarbe Opfer
Hautfarbe Täter
Todesurteile
Ja
Nein
% Ja
I.     Weiß
Weiß
Schwarz
53
    11
414
      37
11,3
    22,9
II.    Schwarz
Weiß
Schwarz
  0
      4
  16
    139
  0,0
      2,8
III.
Weiß
Schwarz
53
    15
430
    176
11,0
      7,9
IV.   Weiß
       Schwarz
 
64
      4
451
    155
12,4
      2,5
    Tabelle 8: Verhängte Todesurteile (Florida 1976–1987), aufgeschlüsselt nach der Hautfarbe von Opfer und Täter
    Wir wollen die Tabelle etwas kommentieren und einige Schlüsse aus ihr ziehen. Wird die Rassenzugehörigkeit des Opfers in der Analyse ignoriert (Teil III der Tabelle als Summe der beiden Teile I und II, in denen die Daten für weiße und für schwarze Opfer angegeben sind), ist der Prozentanteil verhängter Todesurteile höher für weiße als für schwarze Täter (11,0 % gegenüber 7,9 %). Erstes Ergo: Weiße Täter werden häufiger zum Tode verurteilt als schwarze Täter.
    Wird allerdings die Hautfarbe des Opfers als Variable kontrolliert, d.h., werden die Daten für Farbige
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