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Abschied nehmen

Abschied nehmen

Titel: Abschied nehmen
Autoren: Sam Miskull
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endlich der verhassten Uniform entledigen können. Er hatte sie ins Feuer geworfen, und erst als er sicher gegangen war, dass sie samt seiner Vergangenheit von den Flammen verschlungen worden ist, hatte er das Gemach verlassen.
         „Da bist du ja, mein Sohn!“, rief George, der bis eben noch am Kamin gelehnt und zufrieden aus dem Fenster geblickt hatte, erfreut, als er Williams Anwesenheit bemerkte.
         Er bat ihn näher zu kommen, sie ließen sich in den Sesseln vor dem Feuer nieder und George schenkte ihnen Whisky ein. Anschließend betrachtete er das frisch rasierte Gesicht seines Sohnes und sah seinen Eindruck von vorhin noch deutlicher bestätigt. Williams gerade breite Nase und sein Mund waren nun von weitaus schärferen, gar rauen Zügen umgeben und nun bemerkte er auch die tiefe Falte zwischen seinen Augen und den leicht gehetzten Ausdruck in ihnen.    
         „Dein Whisky hat es ja wirklich in sich“, lenkte William ihn von seinen Gedanken ab, als ihm bereits der erste Schluck direkt in den Kopf stieg und entlockte George einen erstaunten Blick.
         „Ach ja? Das hast du früher aber nicht gesagt“, entgegnete er, doch das Erstaunen wurde gleich von einem Lächeln abgelöst, als er weiter sprach. „Du bist wohl aus der Übung gekommen, was?“
         „Ich fürchte schon. In letzter Zeit habe ich mich eher auf Ale und Wein beschränkt, mit dem selbst gebrauten Fusel, der unter uns die Runde machte, hätte ich mich eher vergiftet als betrunken. So etwas Gutes“, William deutete auf das Glas in seiner Hand, „stand jedenfalls nicht zur Auswahl.“
         „Na, wenn das so ist, dann werden wir dich langsam wieder daran gewöhnen müssen, was?“, bemerkte George mit einem Zwinkern, sie nahmen einen weiteren Schluck und genossen eine Weile schweigend den Whisky, während er seinen Sohn forschend betrachtete.   
         „Die Reise von York hierher war wohl ziemlich anstrengend, nicht wahr?“
         „Ja, das war sie, Vater. Mehr als du dir denken kannst.“
         George sah seinen Sohn an und lächelte voller Mitgefühl, auch wenn er wirklich nicht die geringste Ahnung davon hatte, welche Strapazen William in den letzten Tagen auf sich genommen hatte.
         „Aber nun bin ich hier bei euch und werde mich sicher schnell erholen.“
         „Ja, ganz bestimmt. Vor allem wenn dein Bauch erst einmal gefüllt ist “, lachte George, als aus der Gegend von Williams Magen ein tiefes, lautes Knurren zu vernehmen war. „Maria hat uns ein köstliches Abendessen bereitet und es wird bald fertig sein.“
         „Ich kann es kaum erwarten“, lächelte William, während er eine Hand auf seinen Bauch legte und mit der anderen sein Glas erneut an seine Lippen führte.
         Als er es wieder abgesetzt hatte, wandte er sich an seinen Vater, das Glas in seiner Hand hin und her wiegend.
         „Ich denke, ich werde mich eher wieder daran gewöhnen, als wir beide denken“, stellte er trocken fest und Georges Lippen verzogen sich zu einem breiten, zustimmenden Grinsen.    
         Dann kam ihm sein Anliegen mit einem Mal in den Sinn und er wurde wieder ernst.
         „Vater, ich habe noch eine Bitte an dich.“ George wandte sich interessiert an seinen Sohn. „Ich würde mich freuen, wenn wir vorerst niemandem davon erzählen würden, dass ich wieder hier bin.“
         Ein fragender Ausdruck erschien im Gesicht seines Vaters und William beeilte sich, ihm eine Erklärung für diese ungewöhnliche Bitte zu liefern.
         „Nun ja, es ist doch so, wenn unsere Freunde und Nachbarn erst davon erfahren, dass ich mich hier aufhalte, werden sie sicher alle hierher kommen wollen, um mich willkommen zu heißen. Dabei würde ich lieber erst ein wenig Zeit mit euch genießen, wo wir uns doch so lange nicht mehr gesehen haben. Und ein wenig Ruhe von meiner Reise wäre mir auch noch ganz recht.“
         William log seinen Vater nur ungern an, aber im Augenblick ging es nicht anders. Je mehr Menschen von seiner Anwesenheit wussten desto größer war die Wahrscheinlichkeit, dass die Soldaten des Königs von seinem Aufenthaltsort erfahren würden. Nicht dass er glaubte, dass sie ihn so nicht finden würden, mit der Heimlichtuerei hoffte er jedoch, zumindest den Zeitpunkt hinauszuzögern.
         Nun wartete er gespannt auf Georges Antwort, mit der sein Vater ihn bereits zum zweiten Mal an diesem Tag verblüffte.
         „Ich finde, das ist
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