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Abraham Kann Nichts Dafür. 66 Neue Satiren.

Abraham Kann Nichts Dafür. 66 Neue Satiren.

Titel: Abraham Kann Nichts Dafür. 66 Neue Satiren.
Autoren: Ephraim Kishon
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Ministerpräsidenten, ihn angesichts der delikaten Lage nach Übersee zu versetzen, wo er eine Reihe landwirtschaftlicher Projekte aus erziehungspolitischer Sicht überprüfen würde.
    Der Minister verbrachte zwei lange Monate in den weiten Kakteenfeldern von Las Vegas, aber überraschenderweise behielt ihn die Bevölkerung in Erinnerung. Kaum kehrte er zurück, eröffnete die Presse einen Feldzug gegen ihn, der die Vorzüge seiner Frühpensionierung pries.
    Der Minister nahm es nicht leicht. Er beauftragte einen seiner Sekretäre, alle Zeitungsausschnitte zu sammeln, in denen sein Name erwähnt wurde. Weitere Schritte unternahm er vorläufig nicht.
    Das aufgebrachte Volk veranstaltete eine Massendemonstration vor den Fenstern des Ministeriums. Der Pöbel brüllte aus Leibeskräften: »Großes Tier, verschwind von hier!«
    Der Minister beugte sich der Stimme des Volkes und übersiedelte mit dem gesamten Stab auf seinen Sommersitz.
    Aber da brach der Sturm erst richtig los.
    Die Jugendverbände des Landes taten sich zusammen, fuhren ihm nach und organisierten einen Fackelzug. In riesigen Lettern sprayten die Demonstranten auf die Mauern: »Geh freiwillig, solange es noch geht!«
    Der Minister faßte höchstpersönlich einen Entschluß und zog in ein Hotel.
    Jetzt griffen die Gewerkschaften zu harten Maßnahmen: man verfügte einen Generalstreik. Am nächsten Tag gab es keinen Strom, kein Gas, kein Wasser, keine Autobusse, keine Kinos und kein gutes Wetter. Nach einer Woche war das Land am Ende. Das Leben wurde unerträglich. Jedermann fühlte, daß die historische Wende in dieser Auseinandersetzung zwischen Minister und Öffentlichkeit kurz bevorstünde . . .
    Da geschah das Unvermeidliche.
    Am siebenten Tag trat die Öffentlichkeit zurück.

Linzertorte

    Linz ist eine wohlbekannte österreichische Stadt – soviel ich weiß, die drittgrößte des Landes –, und sie übertrifft alle übrigen Städte Österreichs vor allem dadurch, daß sie Linz heißt und nicht anders.
    Linz besteht aus etlichen Straßen, Plätzen, Häusern, Geschäften und was man eben sonst noch in einer außerordentlich sympathischen Stadt dieser Größe anzutreffen erwartet.
    Außerdem besitzt Linz mindestens eine eigene Zeitung, und da liegt der Hund begraben.
    Vor einiger Zeit wurde ich nämlich eingeladen, in Linzer Kulturkreisen einen Vortrag über Israel zu halten, über die schöne Landschaft, die heiligen Stätten und über die traditionsreiche israelische Inflation.
    Etwa eine Stunde vor Veranstaltungsbeginn tauchte ein junger Mann in meinem Hotel auf. Er stellte sich als Berichterstatter der bedeutendsten Linzer Gazette vor, präsentierte mir ein offizielles Schreiben seiner Heimatgemeinde sowie eine erschreckend lange Liste vorbereiteter Stichwörter.
    »Ist das Ihr erster Besuch in Linz?« begann er das Interview.
    »Ja.«
    »Warum?«
    Ich stockte. Ich war noch nicht dazu gekommen, mich mit dieser Problematik richtig
    auseinanderzusetzen. Man konnte fast sagen, daß ich auf die Frage nicht genügend vorbereitet war. »Nun ja«, murmelte ich schließlich, »ich muß zugeben, daß ich noch nie in Linz war. Aber jetzt bin ich
    sehr froh, sagen zu dürfen, daß ich hier bin.«
    »Werden Sie Linz wieder besuchen?«
    »Höchstwahrscheinlich.«
    Mein junger Mann war sichtlich sehr erbaut, dies zu hören, denn, so versicherte er mir, Linz wäre eine
    der schönsten Städte der Welt. In diesem Zusammenhang wollte er wissen, was ich von Linz halte.
    »Linz ist schön«, versicherte ich ihm.
    Dem leicht beleidigten Gesichtsausdruck des jungen Redakteurs konnte ich entnehmen, daß ihn die
    Antwort nicht restlos befriedigte.
    »Linz«, fuhr ich rasch fort, »ist sicherlich eine der schönsten Städte der Welt.«
    »Darf ich Sie zitieren?«
    »Natürlich.«
    Mein erster Kontakt mit Linz hatte eigentlich erst spät am Abend zuvor stattgefunden. Was ich also bis dato von Linz wahrnehmen konnte, war eine Reihe funktionstüchtiger Straßenverkehrsampeln, ein verschlafener Hotelportier sowie einige jugoslawische Zimmermädchen. Aber warum sollte ich die Gefühle eines vielversprechenden jungen Reporters verletzen? Vielleicht ist Linz tatsächlich eine hübsche Stadt, wer kann das schon wissen?
    »Was sind Ihre nächsten Zukunftspläne?« fragte mich der junge Berichterstatter originellerweise.
    »Ich habe die Absicht, eine Komödie zu schreiben.«
    »Über Linz?«
    »Ich fürchte, nicht.«
    »Warum nicht?«
    Ich stockte zum zweiten Mal. Man sollte
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