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Abgeschaltet

Abgeschaltet

Titel: Abgeschaltet
Autoren: Johannes Winterhagen
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wirklich Natur sein darf, ohne jede Störung durch den Menschen. Viele kleine Eingriffe an vielen Stellen können in Summe den Flächenbedarf vervielfachen und die Artenvielfalt stärker gefährden.
Nur eine Hand voll Technologien bietet die Möglichkeit, große Kraftwerke mit hohem Wirkungsgrad zu bauen. Zunächst die Wasserkraft, die aber in Europa nicht mehr in großem Maßstab ausbaufähig ist, in Deutschland schon gar nicht. Bei den erneuerbaren Energien bieten sich vor allem Solarthermiekraftwerke und Windparks im Meer an. Beide Pfade werden verfolgt, allerdings sind die möglichen Standorte innerhalb Deutschlands nicht ausreichend (Windstrom aus dem Meer) oder gar nicht vorhanden (Solarthermie), so dass hier zwingend internationale politische Kooperation notwendig ist, wie sie im Erdgassektor beispielsweise längst besteht. Aufgabe für die Wissenschaft und die Wissenschaftspolitik bleibt es, herauszufinden, ob Kernfusionskraftwerke eines noch fernen Tages die Rolle des Rückgrates unserer Energieversorgung übernehmen können. Die Kernspaltung wollen wir in Deutschland nicht weiter verfolgen. Bleiben noch Kohle- und Gaskraftwerke.
Neue fossile Kraftwerke sollten Vorfahrt erhalten
Nahezu alle Fachleute gehen davon aus, dass wir nach der Bekräftigung des Atomausstiegs übergangsweise mehr Strom aus Kohle- und Gaskraftwerken benötigen werden. Unbestritten ist vor allem, dass ein Zusammenhang zwischen der Geschwindigkeit des Ausstiegs und der Kohlendioxidemission aus dem Energiesektor besteht. Wir sollten hier als Gesellschaft nicht den Fehler machen, den der eine oder andere Umweltbewegte bei seiner privaten Mobilität macht: Wer einen alten Volvo-Kombi fährt, erntet im grünen Milieu vielleicht größeren Beifall als der Fahrer eines neuen, gleich großen BMW. Der aber verbraucht dafür nur sechs und nicht elf Liter Kraftstoff.
Wenn wir uns also aus Sicherheitsgründen gegen alte Kernkraftwerke aussprechen, dann sollten wir uns um des Klimaschutzes willen auch gegen alte Kohlekraftwerke aussprechen. Wenn wir trotzdem Kohle oder Gas einsetzen, dann verbrennen wir sie mit dem bestmöglichen Wirkungsgrad – also in neuen Kraftwerken, die wir extra für diesen Zweck errichten. Und zwar möglichst genau dort, wo wir die Infrastruktur, beispielsweise die Netzanschlüsse bereits haben. Also an den Standorten, an denen wir schon Kohle- oder Kernkraftwerke betreiben.
Unbedingt sollten wir alles daran setzen, solche fossilen Kraftwerke mit Technologien auszurüsten, die das Kohlendioxid abtrennen. Zugegeben, wir wissen noch nicht, ob das im großen Maßstab wirklich funktioniert. Und es gibt auch Zweifel daran, dass man das Treibhausgas auf Dauer sicher einlagern kann. Das gehört untersucht, mit wissenschaftlichen Methoden. Aber es auf Verdacht gar nicht erst zu versuchen, ist fahrlässig gegenüber jenen Menschen, die unter dem Klimawandel am meisten leiden.
Die Energieforschung muss intensiviert werden
Wenige Tage bevor ich dieses Manuskript abschließe, hat die Bundesregierung ihr neues, das sechste Energieforschungsprogramm veröffentlicht. Die Presseerklärung, von den vier beteiligten Ministerien gemeinsam versendet, jubelt: »Das Engagement der Bundesregierung spiegelt sich vor allem im Budget für Energieforschung wider. Von 2011 bis 2014 stehen rund 3,4 Milliarden Euro für die Förderung zur Verfügung.« Im fünften Energieforschungsprogramm aus dem Jahr 2005 wurden für den Zeitraum bis 2008 nur 1,7 Milliarden Euro angekündigt. So beachtlich diese Steigerung ist, Anfang der achtziger Jahre investierte die alte Bundesrepublik umgerechnet jährlich zwei Milliarden Euro in die Energieforschung, vorrangig in nukleare Techniken. Im neuen Programm der Bundesregierung ist für 2014 eine Milliarde ausgewiesen, und die steht noch unter der Zustimmungspflicht des Parlaments, das den Bundeshaushalt verabschieden wird. Die Internationale Energieagentur mahnt in einer Studie, dass die staatlichen Forschungs- und Entwicklungsgelder um das Zwei- bis Fünffache erhöht werden müssten, um den Kohlendioxidausstoß bis 2050 zu halbieren. Deutschland, führend in der Energietechnik und stark exportabhängig, müsste hier eigentlich vorangehen.
Nun kommt es bei der Forschungsförderung nicht nur auf die Menge an. Man darf auch hinterfragen, ob staatliche Förderung stets die richtigen Akzente setzt. So ist ein großer Teil der Bundesmittel für anwendungsnahe Forschung, beispielsweise zur Wirkungsgradoptimierung von
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