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Abgehauen

Abgehauen

Titel: Abgehauen
Autoren: Manfred Krug
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verabschiedete sich dann auch unter Tränen und fuhr mit dem VW, den beiden kleinen Kindern und »Engelchen« ebenfalls los. Krug wartete an der Ecke auf sie und gemeinsam verschwanden sie dann aus dem Blickfeld.
    Da eine sehr deprimierende Stimmung herrschte, verabschiedeten sich alle Personen nacheinander und verließen das Haus des IMV.
     
    Weiterhin noch erarbeitete Fakten:
     
    Ottilie brachte in der Nacht der Fete zum Ausdruck, daß sie es kaum erwarten könne, ihren BRD-Paß zu erhalten, um alle wieder in der DDR-Hauptstadt besuchen zu können.
     
    Von Ottilie ist auch die Grundidee gekommen, das Haus nicht wegzugeben, da sie eine materielle Sicherheit haben wollte, falls dem Manfred Krug mal was zustößt (z. B. Verkehrsunfall mit tödlichem Ausgang). Dann stünde sie mit den Kindern im Westen, wo sie keinen einzigen Verwandten habe, allein da und würde sofort in die DDR zurückkehren. Gleichfalls könnte es ja zu einer Trennung oder sonstetwas kommen und sie wolle dabei eine materielle Sicherheit in der Hinterhand haben.
     
    Es war eindeutig zu erkennen, daß Krug bemüht war bis zur letzten Sekunde, alle im unklaren zu lassen, wann er denn nun tatsächlich ausreisen werde.
    Unmittelbar nach dem Verlassen des Hauses des IMV durch den Krug meldete sich Müller-Stahl telefonisch und wollte wissen, ob Krug noch da sei. Krug kam kurz zurück und sprach nochmals telefonisch mit Müller-Stahl. Inhalt des Gespräches konnte nicht erfaßt werden.
     
    Gegen 17.00 Uhr rief die Frau von Müller-Stahl an, und erkundigte sich ob Krug sich schon aus Westberlin gemeldet habe.
     
    Kurz vor Abfahrt des Krug versuchte dieser nochmals sich mit Willy Moese anzulegen und beschuldigte ihn ein »seßhafter Typ« zu sein, der keinen Drang nach Veränderung habe. Moese entgegnete darauf sehr sachlich und ruhig und ließ sich nicht provozieren:
    ja, er sei ein seßhafter Typ, das habe er von seinem Vater geerbt und er habe auch keinerlei Ambitionen, die Seite zu wechseln.
    er, Moese, wisse wo seine Grenzen seien und daran halte er sich und die überschreite er auch nicht.
     
    Der IMV schätzt ein, daß Moese keinesfalls den Schritt von Krug billigt und aus dieser seiner Meinung auch keinen Hehl machte. Das ständige Theater seiner Ehefrau geht ihm auch auf die Nerven, aber er versucht geduldig und ruhig, auf sie einzuwirken und holt sie immer wieder auf den Boden der Tatsachen zurück.
     
    Moese meinte zum IMV, daß es nötig wäre, daß dieser letzte Kreis, der noch vorhanden wäre, enger zusammenrücke und lud den IMV und seine Ehefrau sowie Jurek Becker zu sich nach Hause zu einer Grillparty ein. Es käme lediglich noch Rolf Römer mit Frau dazu, aber mehr Leute wolle er nicht mehr um sich haben.
     
    Jurek Becker äußerte in der Nacht der Fete, er gebe sich höchstens noch vier Wochen, dann packe er auch. Weitere Kommentare gab er dazu nicht ab.
    in einem vertraulichen Gespräch zwischen der Frau des IMV und der Frau von Müller-Stahl gab diese auf Befragen nach dem Ausreiseantrag ihres Mannes an, daß diese Sache überhaupt noch nicht entschieden sei. Ihr Mann habe noch ein wichtiges Gespräch mit einem führenden Funktionär der Partei und wenn da auf die Forderungen ihres Mannes nicht eingegangen werde, gingen sie auch. Sie habe zwar in der Vergangenheit sich immer dagegen gewehrt, aber jetzt habe sie sich mit dem Gedanken angefreundet, gleichfalls nochmals neu zu beginnen und sie unterstütze ihren Mann dabei. Der IMV und seine Frau schätzen jedoch ein, daß Müller-Stahl jetzt ohne sein Idol und aktivierendes Vorbild Krug allein ziemlich hilflos ist und wahrscheinlich wieder Ruhe um seine Person eintreten wird.
     
    Maßnahmen:
    1. Am Abend des 20.6.1977 fand um 17.30 Uhr ein auswertender Treff mit dem IMV und seiner Ehefrau statt. Der IMV war nervlich und körperlich völlig am Ende und fast nicht mehr aufnahmefähig. Beiden wurde mit einem Blumenpräsent und einigen Büchern in feierlicher Form vorerst ein erstes herzliches Dankeschön seitens des MfS für ihre Einsatzbereitschaft ausgesprochen. Der IMV und insbesondere seine Ehefrau waren darüber sehr erfreut und dankbar.
    2. Es wurden weitere Einzelheiten des weiteren Vorgehens abgesprochen. Siehe dazu Vermerk.
     
    Verteiler:
    1 x Leiter der BV Berlin
    1 x Leiter der HA XX
    1X Leiter der HA XX/7       »Müller«
    1 x Leiter der Abteilung XX       Müller
    1 X l M V-Akte       Oberleutnant
     
     
     
     
     
     
     
    ebookz-Anhang
    (Quelle:
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