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Abgeferkelt: Roman (German Edition)

Abgeferkelt: Roman (German Edition)

Titel: Abgeferkelt: Roman (German Edition)
Autoren: Andrea Hackenberg
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kann so nicht leben – das ist mir einfach zu kopfgesteuert. Verzeih mir.«
    »Schon gut.« Er starrte zu Boden. »Wahrscheinlich ist das Ganze wirklich zu kopfgesteuert – mein Fehler.«
    »Du bist loyal bis zur Selbstaufgabe, Jonas. Wenn das ein Fehler ist, dann ein sehr liebenswerter.« Sie streckte die Hand aus und strich ihm eine Haarsträhne aus der Stirn – die erste zärtliche Geste, seit sie auf der Insel angekommen waren. »Soll ich dir sagen, wie es jetzt weitergeht?«
    »Wie?«
    »Wir bleiben uns wichtig, denn uns verbindet mehr als rosarotes Liebesgesäusel. Darum übernehmen wir auch gemeinsam die Verantwortung für unsere Kinder und haben bestimmt noch so manch eine Durststrecke vor uns – aber zuerst lassen wir uns scheiden.«
    »In aller Freundschaft?«, fragte er.
    »Wie denn sonst.«

31.
    A m Tag des großen Schützenfestes erlebte Kati eine Stadt im Ausnahmezustand. Schon morgens purzelten die Deckel frisch geöffneter Lüpi-Flaschen auf die Bürgersteige, während sich der Duft von Grillkohle mit dem der Heideblüten mischte, die zu Kränzen geflochten an Laternen und Hauswänden hingen. Von den Dächern und aus den Fenstern flatterten die Fahnen der Schützenvereine, Musik beschallte den Marktplatz, Bierbänke und Bratwurstbuden verwandelten die sonst eher unbelebten Straßen in einen Hort der Geselligkeit.
    Kurz vor dem Festumzug der Kompanien machte Kati sich auf den Weg zum Hauptquartier der Scharfen Schützen und begegnete Ehepaaren im Partnerlook, jungen Mädchen mit Blumen im Haar und Kindern, die sich auf den Schultern ihrer Väter tragen ließen. Es wurde gelacht, umarmt, gestrahlt. Und wer vorausschauend war, sicherte sich einen guten Stehplatz am Markt, um den Umzug nachher besser betrachten zu können.
    »Georgette – hier bin ich«, rief Kati, als sie die Drag-Queen in ihrem aufreizenden Paillettenkleid inmitten des Trubels entdeckte.
    »Ach Gott, Schätzchen – gut, dass du da bist. Aber erst mal Bussi.« Sie beugte sich vor und schmatzte erst links, dann rechts und wieder links neben Katis Ohren in die Luft. »Stell dir vor, was passiert ist: Der Oberbürgermeister will in Begleitung eines Kamerateams bei uns auf dem Festwagen mitfahren!«
    »Was? Harald Martens eskortiert den schwulen Schützenkönig? Nicht zu fassen!«
    »Du sagst es – wir haben nämlich nicht genug Platz auf dem Wagen. Jetzt wäre es naheliegend, dass Heidemarie unten bleibt, die ist sowieso die Dickste von uns allen. Aber, du kennst sie ja …«
    »Kein Problem, dann verzichte ich.«
    »Du bist ein Engel!« Georgette schien eine ganze Gerölllawine vom Herzen zu fallen. »Wenn du mir jetzt noch helfen könntest, eine Tube Sekundenkleber zu besorgen? Manni ist nämlich seine Plüsch-Heidschnucke von der Taschenlampe geplumpst …«
    Sobald das Zepter Seiner Majestät wieder repariert war, machte Kati sich auf die Suche nach ihrem Bruder, den sie mit Manolo, Heinz und Guido vor einer Wurstbude zurückgelassen hatte. Dabei lief sie Hinnerk Gorschlüter in die Arme, dem Leiter der Züchter-Initiative Deutsches Turbo-Schwein.
    »Schnieke wie immer, Frau Margold«, begrüßte er sie. »Wann schreiben Se mal wieder ’nen Artikel über uns?«
    »Haben Sie denn etwas Neues?«
    »Ja, klar. ’nen sehr agilen Zuchteber – macht Spaß, den in Aktion zu erleben. Sollten Se sich echt mal angucken kommen.«
    »Wissen Sie was?« Kati, die Guido und die anderen an einem Stehtisch entdeckt hatte, zog Hinnerk mit sich fort. »Das wäre das ideale Thema für meinen Kollegen hier. Der wollte immer schon wissen, was man mit Eber-Sperma so alles anstellen kann …«
    Guido, der gerade von seiner Bratwurst abbeißen wollte, zuckte angeekelt zurück. »Habt ihr sie noch alle?«
    »Also, in der Qualität, in der wir es anbieten, haben es eben nich’ alle«, widersprach Hinnerk sofort. »Darum sind wir ja auch Marktführer im Besamungs-Segment …«
    »Was tust du hier?«, raunte Micha seiner Schwester zu. »Ich dachte, du fährst bei Manni auf dem Festwagen mit?«
    »Ich wurde kurzfristig ausgeladen. Um Platz zu schaffen für ein politisches Schwergewicht.«
    »So? Für wen denn?«
    »Harald Martens höchstpersönlich.«
    »Alle Achtung – der hat Courage.«
    »Du meinst, weil er sich den schwulen Mitbürgern seiner Stadt an die Seite stellt?«
    »Nee – weil er außer seiner Goldkette nichts mehr anhat, wenn die Fahrt zu Ende ist.«
    Doch diese Sorge war unbegründet. Als der Sternmarsch der Schützenvereine
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