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Aber dann kam der Sommer

Aber dann kam der Sommer

Titel: Aber dann kam der Sommer
Autoren: Berte Bratt
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wollte nicht Mittelpunkt eines Festes sein, das so groß und so elegant war, wie meine Eltern es niemals veranstalten könnten. An diesem bedeutendsten Tag meines Lebens wollte ich keinesfalls „meine Nichte“, da wollte ich „unsere älteste Tochter“ sein.
    Aber ich hatte schon längst damit aufgehört zu sagen, was ich dachte. Also lächelte ich, so gut ich konnte, und erklärte, das sei ganz reizend von ihr, aber das müsse sie mit Mutti und Vati ausmachen. Und wenn sie mich wirklich noch eine Weile bei sich behalten wolle, so sei ich begeistert, den Sommer auf Kollen verbringen zu dürfen. Ich könne ja heimreisen, wenn sie nach Montebello führe.
    Irgendwann mußte ich ja nach Hause, um die letzte Hand an meine Aussteuer zu legen, wenn ich damit auch schon längst bei Tante Agnete begonnen hatte. Aber ich durfte doch meiner Mutter nicht die Freude nehmen, sich wenigstens noch zum Schluß an der Herstellung der Ausstattung zu beteiligen.
    Ja, dagegen hatte die Tante nichts einzuwenden. Also eine Klippe umschifft. Vor einem halben Jahr wäre ich noch nicht so diplomatisch gewesen, o nein. Aber mit der Zeit lernt man auch das.
    An einem strahlenden Maitag siedelten wir nach Kollen über.
    Tante Agnete schickte Lönnedal voraus mit dem Wagen, vollgestopft mit allen möglichen Sachen. Margit fuhr mit, um zusammen mit Borgny das Haus herzurichten. Am folgenden Tag kam Lönnedal zurück, um Tante Agnete und Louise zu holen, und ich ritt nach Kollen.
    Marie war heimgefahren. Sie brauchte in diesem Sommer eine gründliche Erholung, denn sie hatte noch immer unter den Nachwirkungen der Blinddarmoperation zu leiden. Lönnedal bekam drei Wochen Urlaub, so daß unser Haushalt nun auf vier Personen zusammengeschrumpft war.
    Ich war von Tante Agnete für den Sommer neu eingekleidet worden. Sie hatte selber darauf geachtet, daß alles da war, was „meine Nichte“ brauchte: Shorts und lange Hosen, Badezeug nach letztem Modell und zu einem wahnsinnigen Preis, verschiedene Sandaletten, und auch eine Tennisausrüstung, denn auf Kollen gab es einen Tennisplatz, und wenn Ditlefmann sonntags zu Besuch kam, konnten wir spielen.
    Und Ditlefmann kam, und Else kam, und Vera und ihr kleiner Doktor kamen. Sie blieben zwei, drei oder vier Tage, und wenn sie wegfuhren, kamen andere. Louise und Margit hatten alle Hände voll zu tun. Und ich spielte Tennis mit Ditlef und Vera. Der Doktor spielte natürlich nicht, sondern saß im Korbstuhl daneben und sah zu. Vera federte wie Stahl, und wenn der Doktor ihr zusah, hatte er denselben Gesichtsausdruck, wie wenn er Bach spielte.
    Die Wochen vergingen, und allmählich verschwanden die Gäste. Bogards wollten ins Ausland fahren, Ditlefmann ging auf eine Geschäftsreise, und Else fuhr mit dem Kindermädchen und allen fünfen in eine Sommerpension.
    „Weißt du“, vertraute sie mir an, als sie sich von mir verabschiedete, „Ditlef ist jetzt so lieb und nett zu mir. Neulich hat er mir Sprachunterrichtsplatten für Englisch und Deutsch geschenkt. Er sagte, wenn ich erst eine gute Grundlage hätte und einigermaßen sprechen könnte, nähme er mich vielleicht das nächste Mal auf seiner Auslandreise mit. – Und er hat Wencke richtig lieb. Nie hat er mit den anderen so wie mit ihr gespielt, als sie Babys waren. Oh, Unni, ich habe es noch nie so gut gehabt wie jetzt“, fügte Else lächelnd hinzu, und ihre Augen waren sehr blank, diesmal aber nicht auf die gleiche Weise wie damals.
    „Und nun heiratest du auch bald“, sagte sie, sah mich nachdenklich an und fuhr dann rasch fort: „Agnetchen freut sich schon sehr darauf, Brautjungfer zu sein. Sie spielt bereits dauernd Hochzeit mit ihren Puppen.“
    Onkel Toralf und Tante Antoinette reisten ins Gebirge und nahmen ihre Nichte Lilli mit. So ging jeder seiner Wege.
    Und Roar mußte zum Exerzieren. Seit Ostern war es still und friedlich geworden zwischen uns. Wir hatten nett und kameradschaftlich über die Aussteuer und die Heirat geplaudert, wenn er sonntags nach Kollen kam. Wohlweislich umging ich alle Gesprächsthemen, die eine Mißstimmung hervorrufen konnten. Die Schwierigkeiten, die ich in meinem tiefsten Innern kommen fühlte, schob ich von mir weg – vorläufig wenigstens.
    „Im Juli fahre ich nach Hause“, erklärte ich Roar, „und dann mußt du zusehen, daß du dich so bald wie möglich ein paar Tage freimachen und hinkommen kannst, um meine Eltern kennenzulernen.“
    Und Roar küßte mich und war ein lieber Junge und sagte, daß er
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