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Abbild des Todes

Abbild des Todes

Titel: Abbild des Todes
Autoren: Christiane Heggan
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keiner Ricks Qualitäten, sein Charisma, seine Ernsthaftigkeit oder seine Fähigkeit, sie zum Lachen zu bringen, wenn sie es am wenigsten erwartete.
    Und nun stand sie hier, auf der Straße vor dem
Blue Moon
, und starrte auf die Milchglastür des Clubs. Ihr Herz klopfte viel zu schnell, ihre Kehle war trocken, die Handflächen nass. Sie versuchte sich zu beruhigen, indem sie sich daran erinnerte, dass sie nur wegen Lola Malone hier war und nicht aus der plötzlichen Sehnsucht heraus, ihren Exmann wiederzusehen.
    Nachdem sie ihr Äußeres noch einmal in der Fensterscheibe des Ladens hinter sich kontrolliert hatte, straffte sie die Schultern und ging mit festem Schritt auf die Tür zu, die ihr so vertraut war.

5. KAPITEL
    D er Club war noch genau so, wie sie ihn in Erinnerung hatte. Klein und auf zurückhaltende Weise elegant. Mit der indirekten Beleuchtung, den Mahagonitischen und der Parketttanzfläche erinnerte er an die Clubs zu Zeiten der Prohibition, als Männer wie Bugsy Siegel und Al Capone die Nachtclubszene dominierten. Skeptiker hatten vorausgesagt, dass der Club ohne Simon Vaughn an der Spitze wie ein Kartenhaus in sich zusammenfallen würde, doch Rick hatte sie eines Besseren belehrt.
    Es war kurz nach sechs und noch zu früh für die abendlichen Besucher, aber Lenny, ein ehemaliger Marine, der seit Jahren als Barkeeper im
Blue Moon
arbeitete, stand schon hinter der Bar und polierte Gläser. Er war ein enger Freund von Rick. In den letzten sechs Jahren hatte er ein paar Pfund zugenommen, und auch die Haare waren von ersten grauen Strähnen durchzogen, doch sein Gesicht hatte sich nicht verändert – noch immer bemerkte man als Erstes die schief zusammengewachsene Nase, die er sich bei einem Boxkampf in der Marine gebrochen hatte.
    “Da ist noch ein Fleck”, sagte Zoe, als sie auf die glänzende Bar zuging.
    Lenny drehte sich um, und ein breites Lächeln erstrahlte auf seinem Gesicht, als er sie erkannte. “Zoe, altes Haus!” Er warf sich das Handtuch über die Schulter und kam um den Tresen herum. Eh sie sich‘s versah, schlang er seine kräftigen Arme um sie und erdrückte sie fast mit einer seiner berühmten ungestümen Umarmungen. “Du bist es wirklich!”
    “In Fleisch und Blut.” Sie stieß einen erstickten Laut aus. “Oder das, was davon jetzt noch übrig ist.”
    Lachend ließ er sie los. “In deiner Gegenwart konnte ich meine Begeisterung noch nie im Zaum halten.” Nach einem langen bewundernden Blick fügte er hinzu: “Wie geht es dir, mein Mädchen?”
    “Keine Beschwerden. Du siehst gut aus, Lenny. Stattlich wie immer.”
    “Aber du willst mich trotzdem nicht heiraten.”
    Nun musste sie lachen. Diese liebevollen Neckereien hatte sie damals geliebt. Interessiert schaute sie sich um. “Der Club sieht großartig aus.”
    “Trotzdem ist es nicht das Gleiche ohne dich.”
    Statt einer Antwort warf sie einen Blick in Richtung des Flurs im hinteren Bereich, an dessen Ende sich Ricks Büro befand. “Ist der Boss da?”
    “Er ist gerade reingekommen.”
    Sie tätschelte seine Hand. “Du brauchst mich nicht anzukündigen, ich will ihn überraschen.”
    “Kann ich dir mit einem Sloppy Joe’s immer noch eine Freude bereiten?”, fragte er, als sie sich zum Gehen wandte.
    Zoe erinnerte sich an den Cocktail aus drei verschiedenen Rumsorten und Fruchtsaft und lachte leise. “Aber nur, wenn er in einem richtigen Glas serviert wird.”
    “Ich bringe dir einen.”
    Vor der Tür mit dem Schild
R. Vaughn
atmete Zoe tief durch und klopfte schließlich an. Rick schien mit Lenny zu rechnen, denn er fragte: “Seit wann klopfst du an?”
    Zoe öffnete die Tür und blieb erst einmal stehen. Rick hatte sich mit dem Rücken zur Tür über den Tisch gebeugt, und der Anblick seiner breiten Schultern löste in ihr eine sehnsuchtsvolle Flut an Erinnerungen aus. Sein Haar war noch immer hellbraun, im Nacken ein bisschen zu lang, sodass die Enden kleine Locken bildeten, die an den Kragen des Hemdes stießen – sie hatte oft gedacht, wie gut diese verwegene Frisur seinen Charakter unterstrich. Sie ließ ihren Blick über den Rest seines Körpers schweifen und konnte ein Lächeln nicht unterdrücken. Niemand trug einen Smoking so wie Rick Vaughn.
    “Hallo, Rick.”
    Er drehte sich um, und obwohl er es einigermaßen schaffte, das, was immer er dachte, vor ihr zu verbergen, sah sie doch einen Hauch von Überraschung in seinen haselnussbraunen Augen aufblitzen. Auch sie bemühte sich darum, sich nichts
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