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9 Stunden Angst

9 Stunden Angst

Titel: 9 Stunden Angst
Autoren: Max Kinnings
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größere Blutgefäße verfehlt. Außerdem war die Wunde weit genug weg vom Rückenmark und vom Herzen, also würde Ed vermutlich tatsächlich wieder ganz der Alte werden.
    »Sie haben ihn umgebracht«, sagte Ed und blickte dorthin, wo er die Leiche vermutete.
    »Ich musste ihn aufhalten«, erklärte George.
    »Es war Selbstverteidigung, das kann ich bezeugen«, erwiderte Ed.
    Blut sickerte zwischen Eds Fingern hervor, als er die Hand auf die Wunde in seiner Schulter presste. George stützte ihn und führte ihn die Treppe zu Maggie und den Kindern hinauf. Auf dem Weg zur Rolltreppe strauchelte Ed, und George legte den Arm um ihn und zog ihn wieder nach oben.
    »Wollen Sie, dass ich jemanden hole?«, fragte George, während sie die stillgelegte Rolltreppe hinaufgingen, gefolgt von Maggie und den Kindern.
    »Nein. Es fühlt sich an, als würde ich ziemlich viel Blut verlieren, also gehen wir am besten gleich weiter zu den Sanitätern. Ich möchte, dass Sie sich etwas merken, George. Betrachten Sie es als Versicherungspolice. Zwei Namen: Howard Berriman und Mark Hooper. Berriman ist der Generaldirektor des MI 5 – Sie haben vermutlich schon von ihm gehört –, und Hooper ist, beziehungsweise war, der Kerl im Tunnel. Die beiden wussten über Dennings geplante Zugentführung Bescheid, haben aber trotzdem zugelassen, dass er aktiv wird, weil sie die Lorbeeren dafür einheimsen wollten, das Ganze in letzter Minute zu verhindern. Das Problem war nur, dass Denning Wind davon bekommen und seinen Anschlag um eine Woche vorverlegt hat. Darum ging es bei dem Angriff vorhin im Versorgungsschacht. Mark Hooper dachte, Sie wüssten von seiner Beteiligung, und wollte seinen Arsch retten, indem er Sie umbringt.«
    »Und was ist mit Tommy Denning?«
    »Den hat Hooper bereits erschossen.«
    George war sich nicht sicher, welche Gefühle Dennings Tod in ihm auslöste. Dieser Mann war für den Horror verantwortlich, den er und seine Familie und so viele andere erlebt hatten, und George hätte sich gewünscht, dass er ein Leben lang für seine Taten litt. Aber es hatte nicht sein sollen.
    »Was passiert jetzt mit diesem Howard Berriman?«, fragte George.
    »Seine Karriere ist beendet«, antwortete Ed. »Es wird mir eine persönliche Genugtuung sein, ihn zu Fall zu bringen.«
    Sie betraten die Schalterhalle, wo ein großer Mann mit kahl rasiertem Schädel auf sie zueilte.
    »Ed, ich habe Ihre Nachricht gerade erst erhalten. Was ist passiert?«, fragte er.
    »Schon gut, Nick. Das erkläre ich Ihnen später, nachdem ich ärztlich versorgt worden bin«, erwiderte Ed. »In der Zwischenzeit kümmern Sie sich bitte um den Zugführer und seine Familie.« Ed drehte sich zu George um und stellte seinen Kollegen als Detective Inspector Nick Calvert vor.
    »Ich melde mich bei Ihnen«, sagte er zu George. »Keine Sorge, es wird alles gut.« Ed streckte die rechte Hand aus, die er gerade noch auf seine Schussverletzung gepresst hatte, und George schüttelte sie. Ihre Handflächen waren beide nass und klebrig vor Blut.
    Während ein Sanitäter Ed auf eine Trage half, führte Nick Calvert George und seine Familie die Treppe hinauf, die von der Schalterhalle zur Erdoberfläche führte. Als sie ins Freie traten, fand George, dass die sonst so viel geschmähte Londoner Luft nie sauberer und frischer geschmeckt hatte.
    In einem Schaufenster auf der anderen Straßenseite entdeckte er das Spiegelbild eines schmutzigen, schlammbedeckten Mannes mit geschwollenem, blutigem Gesicht. Es dauerte einen Moment, bis ihm aufging, dass dieser Mann er selbst war. George sah aus wie das, was er war: der Überlebende eines Albtraums. Sein äußeres Erscheinungsbild passte jedoch ganz und gar nicht zu seinem Gemütszustand. Seine Hände hatten aufgehört zu zittern, und sein Atem ging ruhig und gleichmäßig. Trotz des Martyriums im Zug und des anschließenden Gewaltausbruchs im Versorgungsschacht fühlte er sich eigenartig beschwingt, wie ein neuer, von innen gereinigter Mensch.
    George hörte jemanden seinen Namen rufen und dann noch jemanden, bis schließlich immer mehr Stimmen um seine Aufmerksamkeit buhlten. Er blickte zu der Absperrung der Evakuierungszone hinüber, hinter der sich Nachrichtencrews und Fotografen versammelt hatten.
    »George, wie fühlen Sie sich?«
    »George! Hier drüben!«
    Sie kannten ihn, hatten ihn auf dem Video gesehen, das Denning aus dem Zug gesendet hatte. Die Medien hatten ihn zu einem Teil ihrer Story gemacht. Nach all den Jahren, in denen
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