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47 - Waldröschen 06 - Am Teich der Krokodile

47 - Waldröschen 06 - Am Teich der Krokodile

Titel: 47 - Waldröschen 06 - Am Teich der Krokodile
Autoren: Karl May
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Erdenwinkel, in welchem ich meine Reichtümer in Freude und Ruhe genießen kann.“
    Cortejo fand den Dampfer, welchen Landola meinte. Die Falltreppe war herabgelassen; er stieg an Bord und fand den Kapitän auf Deck.
    „Sie gehen nach Rio?“ fragte er ihn.
    „Ja“, antwortete der Seemann.
    „Sie nehmen Passagiere auf?“
    „Nur anständige.“
    „Ich heiße Cortejo –“
    Der Kapitän verbeugte sich.
    „Bin Verwalter sämtlicher Besitzungen des Grafen Alfonzo de Rodriganda.“
    Zweite noch tiefere Verbeugung des Kapitäns.
    „Wir haben große, weitläufige Güter drüben in Mexiko. Der Stand der Dinge nötigt uns, einen Bevollmächtigten hinüber zu senden, der unsere Interessen zu wahren hat. Wollen Sie diesen Mann an Bord nehmen?“
    „Mit Vergnügen. Wie heißt er?“
    „Don Antonio Veridante.“
    „Hat er zahlreiche Bedienung bei sich?“
    „Einen einzigen Secretario.“
    „Junge Leute?“
    „Nein, sondern ältere Herren, still und zurückgezogen. Sie werden Ihre Schiffsordnung nicht im mindesten stören.“
    „Das ist mir lieb. Beköstigen sich die Señores selbst?“
    „Nein.“
    „So werde ich für das Nötige sorgen müssen. Aber mein Schiff ist kein Passagierschiff, ich habe auch keine festen Preise. Ich richte mich nach den Ansprüchen, die man macht. Wieviel soll gezahlt werden?“
    „Dieser Punkt ist der einfachste. Sorgen Sie für alles, was zwei feine Señores während einer solchen Reise brauchen. Sie werden das, was Sie verlangen, sofort bezahlen, nachdem sie an Bord gestiegen sind. Vorausgesetzt, daß die Forderung nicht übertrieben ist.“
    Somit war die Sache abgemacht.
    Cortejo wartete in einem Gasthof, bis es dunkel war, und fuhr dann nach Hause.
    Als er das erwähnte Gehölz erreichte, hörte er den Anfang der Marseillaise pfeifen. Er ließ anhalten. Landola stieg ein, nachdem sein Koffer auf dem Bock mit Platz gefunden hatte. Dann ging die Fahrt weiter.
    „Fertig mit dem Kapitän?“ fragte er.
    „Ja.“
    „Wann geht es fort?“
    „Habe gar nicht zu fragen brauchen. Neben dem Fallreep hing die Ankündigung. Übermorgen früh mit eintretender Ebbe.“
    „Sie wird neun Uhr eintreten.“
    „So kommen wir zeitig genug, wenn wir des Nachts eintreffen.“
    Dieses kurze Gespräch war das einzige, welches sie bis Rodriganda führten. Dort angekommen, hütete Landola sich sehr, in das Licht der Laterne zu treten. Es sollte niemand seine Gesichtszüge sehen – eine sehr notwendige Vorsichtsmaßregel.
    Cortejo führte ihn in eines der Gastzimmer und bediente ihn selbst. Dann, nachdem er ihm geraten hatte, keinen Menschen eintreten zu lassen, begab er sich zu Schwester Clarissa.
    Diese hatte ihn längst erwartet.
    „Mein Gott“, klagte sie, „wie vernachlässigst du mich.“
    „Inwiefern?“ fragte er.
    „Du bist bereits seit einer halben Stunde angekommen.“
    „Ohne dich aufzusuchen! Nicht?“
    „Ja. Nennst du dies Aufmerksamkeit?“
    „Ich hatte vorher zu tun.“
    „Vorher? Kann etwas anderes vorher gehen?“
    „Ja.“
    „Was denn zum Beispiel?“
    „Ein Gast.“
    „Ah! Du hast einen Gast?“
    „Ja.“
    „Wer ist es?“
    „Rate!“
    „Wie kann ich das raten?“
    „Du weißt ja doch, bei wem ich gewesen bin.“
    „Bei Landola.“
    „Nun?“
    „Was? Du hast ihn doch nicht etwa als Gast mitgebracht?“
    „Warum nicht?“
    „Den polizeilich Verfolgten?“
    „Gerade darum.“
    „Gasparino!“
    Sie schlug die Hände zusammen. Die Handlungsweise ihres alten Geliebten war ihr unbegreiflich. Er aber meinte lächelnd:
    „Es ist nicht die geringste Gefahr dabei. Ich weiß, daß man ihn hier nicht suchen wird.“
    „Wie lange soll er bleiben?“
    „Nur bis morgen nacht.“
    „Wohin geht er dann?“
    „In See.“
    „Hat er gestanden?“
    „Ja.“
    „Alles?“
    „Alles!“
    „Dieser Betrüger, Schurke und Verräter! Warum hat er es getan?“
    „Um seines eigenen Vorteils willen. Er wollte gegen mich eine Macht in den Händen haben. Übrigens hatte mein Bruder ihn gut dafür bezahlt, daß er Don Ferdinande fortschaffte.“
    „Also hat Pablo doch auch schlecht an dir gehandelt.“
    „Ja. Ich werde ihn zur Rede stellen. Es soll ihm nicht den geringsten Nutzen bringen, darauf kannst du dich verlassen.“
    „Was gedenkst du zu tun?“
    Er blickte vor sich hin und zögerte mit der Antwort. Darum fragte sie:
    „Jedenfalls wirst du zunächst die Zigeunerin aufsuchen?“
    „Fällt mir nicht ein.“
    „Wie? Nicht? Wirklich nicht?“ fragte sie
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