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47 Ronin: Der Roman zum Film (German Edition)

47 Ronin: Der Roman zum Film (German Edition)

Titel: 47 Ronin: Der Roman zum Film (German Edition)
Autoren: Joan D. Vinge
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ihnen jetzt sagen konnte, wahrscheinlich wie Samen waren, die man zu spät im Jahr gesät hatte.
    In seiner Verzweiflung versuchte Oishi, Fürst Asanos verweilenden Geist zu erreichen, verbeugte sich tief und betete. Er hoffte, dass Akos Fürst in der wenigen verbleibenden Zeit noch immer über seine Männer wachte und vielleicht irgendwie einen letzten Segen gewähren würde … nicht ihm, aber seiner treuen Ehefrau.

    Ein neuer Tag – der letzte Tag – erhellte den Innenhof, in dem weiße Matten in Reihen unter den blühenden Kirschbäumen ausgelegt worden waren – ein bittersüßes Ausdruck von Liebe und Pflichtgefühl.
    In getrennten Räumen innerhalb des Palasts legten die siebenundvierzig Männer, die geschworen hatten, ihren Fürsten zu rächen, um seinen Geist zu befreien und ihm dann auf seine Reise in das Unbekannte zu folgen, ihre weiße Kleidung an und bereiteten sich darauf vor, ihren letzten Schwur als Samurai zu erfüllen.
    Ganz in weiß gekleidet betrat Kai leise die Halle, in der Mika alleine stand und durch eine offene Tür auf die Reihen weißer Matten unter den blühenden Bäumen starrte. Er sah, wie ihr Körper sich leicht anspannte, was ihm signalisierte, dass sie sein Eintreten bemerkt hatte. Doch ausnahmsweise drehte sie sich nicht sofort um, um ihn anzusehen.
    Er verstand den Grund, blieb stehen und wartete darauf, dass sie ihn zur Kenntnis nahm. Jetzt war sie wieder so gekleidet, wie er sie so lange in Erinnerung gehabt hatte – als Dame Asano. Sie trug die wunderschönen Farben des neugeborenen Tags. Ihre Roben waren nicht verziert, aber ihre Farben reichten von Gold über Pfirsich bis hin zu Magenta und Purpurrot. Heute trug sie darüber den ärmellosen Waffenrock eines Mannes, auf dem die gekreuzten Falkenfedern des Asano-
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in Gold und roter Seide eingestickt waren. Das waren die Farben Akos und des Lebens. Es war eine gewagte Zurschaustellung ihrer Position als Herrscherin, die zusammen mit der Ehre ihres Vaters und ihrer Ahnen rechtmäßig wiederhergestellt worden war. Es war aber auch ein Zeichen der ewigen Dankbarkeit gegenüber den ehrenwerten, unerschütterlich loyalen Offizieren Akos, die das ermöglicht hatten.
    Ihre Schönheit faszinierte ihn noch genau wie damals, als er ein kleiner Junge gewesen war. Allerdings hatten nicht die lebhaften Farben ihrer Kleidung oder ihr fein geschnittenes Gesicht sein Herz wie einen wilden Vogel eingefangen und eine Liebe entfacht, die ihn im Laufe der Jahre aufrecht gehalten hatte. Es war das gewesen, was er vom ersten Moment an in ihren Augen gesehen hatte: eine Seele, die eine andere akzeptierte. Der Nachklang war so intensiv, dass es in all den Jahren nie die Notwendigkeit für Versprechen oder auch nur für direkten Kontakt gegeben hatte. Nur in diese Augen zu schauen und zu sehen, dass die geliebte Seele seinen Blick erwiderte, hatte ihm genügt.
    Diese Liebe hatte ihn nie dazu veranlasst, sie besitzen zu wollen – er hatte sie nicht einmal wirklich empfinden wollen. Sie war wie ein magischer Teich, der ihm die Tiefe von Frieden und Freude gezeigt hatte – einer Freude, die den Schmerz seines Lebens vertrieben hatte.
    Endlich wandte Mika sich zu ihm um. Ihre Augen spiegelten seinen sanften Blick wieder, obwohl er unter der Oberfläche die Willensstärke sah, die er auch immer an ihr geliebt hatte. Er erkannte aber, dass sie in diesem Moment kaum ausreichte, um ihre Gefühle unter Kontrolle zu halten.
    Sie kam durch den Raum auf ihn zu und schaute zu ihm auf. Dann sagte sie leise: »Bevor er starb, sagte mein Vater mir, dass diese Welt nur die Vorbereitung auf die nächste ist und dass wir, wenn wir sie verlassen, nur hoffen können, geliebt zu haben und geliebt worden zu sein.« Sie hob die Hände und zitterte, weil sie ihn halten wollte und weil sie wusste, dass er ihr in so vielen Jahren hier in Ako immer so nah gewesen war und doch so unerreichbar.
    Er starrte auf ihr Gesicht und ihre Hände und konnte jetzt, da sein Leben unendlicher Geduld ein Ende fand, die Sehnsucht, die er sein ganzes Leben in sich getragen hatte, nicht länger verbergen. Er nahm ihre Hände in seine. Sie waren kalt, aber das lag nicht nur am Morgenfrost. Es schien, als wären die Tiefen ihres Körpers und ihrer Seele noch immer von dem Jahr, in dem sie eine Existenz des lebendigen Todes geführt hatte, halb gefroren. Und jetzt …
    Jetzt blieb nur noch Zeit für einen letzten Schwur. »Ich werde tausend Welten nach Euch durchsuchen und zehntausend
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