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42 - Waldröschen 01 - Das Geheimnis des Bettlers

42 - Waldröschen 01 - Das Geheimnis des Bettlers

Titel: 42 - Waldröschen 01 - Das Geheimnis des Bettlers
Autoren: Karl May
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Geliebte von Gasparino Cortejo.“
    Trotz ihrer braunen Gesichtsfarbe sah Sternau, daß ihr das Blut mit Gewalt in die Wangen schoß. Sie kämpfte einige Augenblicke mit ihrer Verlegenheit, und dann sagte sie:
    „Wie könnt Ihr dieses sagen! Ihr kennt mich nicht; Ihr verwechselt mich.“
    „Nein, ich verwechsle dich nicht“, antwortete er. „Ich bin dein Freund und meine es gut mit dir. Darum wollte ich dich vor Cortejo warnen.“
    „Warnen?“ fragte sie, aufmerksam werdend. „Weshalb?“
    „Er betrügt dich; er hat eine andere Geliebte.“
    Da blitzten ihre Augen zornig auf, und ihr kleines Händchen drohend erhebend, sagte sie:
    „Señor, belügt mich nicht! Wen Zarba liebt, der darf keine andere haben.“
    „Und doch hat er eine andere!“
    „Beweist es!“
    „Ich werde es dir beweisen, wenn du es verlangst.“
    „Ich verlange es!“
    „Nun gut! Er wird heute am Abend wieder zu ihr gehen. Kannst du aufpassen, wann er das Palais verläßt?“
    „Ja; ich werde es merken.“
    „Wenn er fort ist, kommst du an diesen Ort, wo wir uns jetzt getroffen haben. Ich werde dich so führen, daß du ihn belauschen kannst!“
    „Señor, wollt Ihr dies wirklich tun?“
    „Ja, herzlich gern!“
    Sie blickte ihn forschend an und fragte:
    „Aber wie kommt es, daß Ihr mein Freund seid?“
    „Weil du Señora Wilhelmi pflegst, deren Freund ich bin.“
    „Wie ist Euer Name?“
    „Sternau.“
    „Ah, den kenne ich!“
    „Woher?“
    „Señora Wilhelmi bat mich einmal, mich zu erkundigen, ob Ihr noch beim Bankier Salmonno wohnt.“
    „Und du hast dich erkundigt?“
    „Ja. Ich habe ihr gesagt, daß Ihr noch dort seid.“
    „Nun wirst du mir wohl vertrauen?“
    „Ja, ich vertraue Euch, Señor.“
    „Und kommst heute abend?“
    „Ich komme!“
    Sie trennten sich. Die Zingarita hatte schon längst bemerkt, daß die Liebe des Haushofmeisters nicht mehr die alte sei, daß es aber so stehe, das hatte sie nicht gedacht.
    Sobald der Abend angebrochen war, gab sie sorgfältig acht, und als sie Cortejo das Palais verlassen sah, ging sie auch. Sie traf den Erzieher an dem angegebenen Ort und wurde von ihm zu dem Buchhändler geführt, der sie bereits erwartete, da Sternau ihn auf den Besuch vorbereitet hatte.
    „Er ist bereits drüben. Seht hinüber!“ sagte er.
    Zarba stellte sich an das Fenster und blickte lautlos hinüber. So stand sie wohl über eine halbe Stunde, und auch die beiden Männer sagten nichts. Was mußte in ihr vorgehen!
    Endlich drehte sie sich um.
    „Kommt, Señor!“ bat sie Sternau.
    Er ging mit ihr. Unten auf der Straße fragte er sie im Gehen:
    „Bist du nun überzeugt?“
    „Ja.“
    Dieses Ja klang scharf und schneidend wie eine Dolchspitze; dann blieb sie plötzlich stehen und fragte:
    „Señor, habt Ihr einmal geliebt?“
    „Ja“, antwortete er aufrichtig.
    „Glücklich?“
    „Nein.“
    „Oh, sie wurde Euch untreu?“
    „Nein, sie liebte mich überhaupt nicht.“
    „Oh, das ist traurig! Aber noch viel, viel trauriger ist es, betrogen zu werden. Ist diejenige, die Ihr liebt, in Eurem Vaterland?“
    „Sie ist hier in Saragossa.“
    „Señor, errate ich recht? Es ist Señora Wilhelmi?“
    „Ja.“
    Da faßte sie seine Hand und preßte sie fest zwischen den ihrigen beiden. „Rettet sie!“ bat sie.
    „Retten?“ fragte er besorgt. „Was ist mit ihr?“
    „Ihr Herz ist krank, ihre Seele ist krank, Señor; das ist schlimmer als der Messerstich, der ja auch bereits zugeheilt ist.“
    „Ein Messerstich! Herrgott! Was ist geschehen?“
    „Still, sorgt Euch nicht, denn die Gefahr ist längst vorüber! Ihr seid aufrichtig mit mir gewesen, und so will ich auch mit Euch aufrichtig sein. Habt Ihr Zeit?“
    „Ja; soviel du willst!“
    „So folgt mir!“
    Sie führte ihn zu dem Gartenpförtchen des Palais, zog den Schlüssel hervor und öffnete.
    „Wartet hier! Ich will erst sehen, ob ich Euch unbemerkt hineinbringen kann, Señor.“
    „Zu wem willst du mich führen?“
    „Das sollt Ihr selbst entscheiden. Zunächst geht Ihr mit nach meinem Stübchen.“
    Sie huschte fort und kehrte bald darauf zurück. Sie brachte ihn durch die Tür und geleitete ihn zu einer schmalen Seitentreppe, welche sie mit ihm erstieg, um dann ein kleines, einfach möbliertes Zimmerchen zu öffnen, in welches sie eintraten.
    „So! Man hat uns nicht bemerkt“, sagte sie. „Hier wohne ich. Setzt Euch nieder!“
    Sie brannte ein Licht an und nahm ihm gegenüber Platz. Er hatte sie bisher nur immer flüchtig
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