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40 Stunden

40 Stunden

Titel: 40 Stunden
Autoren: Kathrin Lange
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Er klang nun nicht nur belustigt, sondern geradezu begeistert. » Ach! Und um deine Frage zu beantworten: Der Zug ist explodiert, um euch zu zeigen, dass ich es ernst meine.«
    Während er sprach, hatte Faris den Daumenballen auf seine Kopfwunde gepresst, um die Blutung zu stoppen. Jetzt ließ er den Arm sinken. Er konnte einfach nicht glauben, was er da hörte. » Warum?«, flüsterte er und schaute auf seine Uhr. Es war wenige Minuten nach acht.
    » Vielleicht will ich ein Fanal. Wer weiß! Übrigens, mein Befehl, deine Kollegen außen vor zu lassen, gilt ab sofort nicht mehr! Du darfst also gern die SERV ins Boot holen.« Er machte eine kurze Pause, dann fügte er hinzu: » Findet den Mann am Kreuz innerhalb der nächsten vierzig Stunden. Oder as-samu alaikum.«
    Der Piepton, mit dem das Handy signalisierte, dass die Verbindung unterbrochen worden war, klang in Faris’ Ohren wie ein Aufschrei.
    » As-samu alaikum« , krächzte er.
    Es war eine Verballhornung des traditionellen arabischen Grußes. Es bedeutete nicht Der Friede sei mit dir. Es bedeutete: Der Tod sei mit dir.
    Faris kam nicht dazu, weiter über die Bedeutung dieser Worte nachzudenken, denn jetzt hatten sich die beiden Männer im Anzug ein Herz gefasst. Entschlossen traten sie auf ihn zu.
    » Sie da!«, rief der eine von ihnen. Er war größer als Faris und auch mindestens dreißig Kilo schwerer. Er hatte die Fäuste geballt und hielt sie vor den massigen Leib wie ein Preisboxer.
    Faris ließ das Handy sinken. » Was?«
    » Bleiben Sie stehen!« Der zweite Mann trat vor. Gegen den anderen wirkte er schmächtig, aber auch er schien wild entschlossen zu sein. Hasserfüllt starrte er Faris ins Gesicht.
    Faris hatte keine Anstalten gemacht, sich zu entfernen, aber gerade war nicht der Zeitpunkt, den beiden Helden mit Spitzfindigkeiten zu kommen. Er wollte etwas sagen, aber der Schmächtige ließ ihn nicht zu Wort kommen. » Ich sagte: Stehen bleiben!« Seine Stimme klang schrill.
    Und bevor Faris sichs versah, war der Preisboxer heran und packte ihn am Arm.
    Faris zuckte zurück. » Was soll…?«
    » Maul halten!«, fuhr der Mann ihn an. Sein Griff war fest. Als Faris sich losmachen wollte, bemerkte er, dass ihm die Muskeln in seiner rechten Schulter nicht recht gehorchten. Irgendetwas schien er sich bei der Explosion gezerrt zu haben. Dennoch gelang es ihm, dem Boxer seinen Arm zu entwinden.
    » Sie haben die U-Bahn in die Luft gesprengt!« Der Schmächtige schrie jetzt.
    Faris wich dem Boxer aus, aber der Mann setzte nach. » Scheißkerl!«, keuchte er und holte aus.
    Faris blockte den Schlag ab. » Sie machen einen F…« Seine Schulter protestierte, und sein Kopf schwirrte von den Nachwirkungen der Explosion. Er sah den nächsten Hieb kommen, konnte ihm aber nicht schnell genug ausweichen. Er wurde am Hals getroffen und gleich darauf noch einmal am Mund. Seine Lippe platzte auf, und er schmeckte Blut.
    » Hören Sie doch!«, rief er. » Ich bin Poliz…«
    » Er ist der Bombenleger!«, hörte er den Schmächtigen schreien. » Ich habe es genau gesehen, er hatte ein Handy. Damit hat er die Bombe gezündet.« Inzwischen hatte sich eine Gruppe Schaulustiger gebildet, die der Szene mit unverhohlener Aggression zusahen. Auf Faris wirkten die Menschen mit ihren bleichen, staubbedeckten Gesichtern, den brennenden Augen und der geduckten Haltung wie Zombies.
    » Wahrscheinlich al-Qaida«, murmelte jemand.
    In Faris’ Ohren rauschte es. Er konzentrierte sich auf den Boxer, aber gleichzeitig spürte er eine Bewegung hinter seinem Rücken. Er wollte herumfahren, doch es war schon zu spät. Schwer legten sich Arme um seinen Oberkörper. Er versuchte sich freizukämpfen, aber vergeblich.
    » Verdammt nochmal!«, fluchte er. » Sie machen einen Fehler! Ich bin Polizist!«
    » Terrorist!«, schrie eine schrille Stimme. Sie gehörte der Frau mit dem roten Kleid, die noch immer bei dem verletzten Mann kniete. Er konnte den Hass sehen, der ihm aus ihren Augen entgegenschlug.
    Erneut wehrte er sich gegen die Umklammerung, dann gab er es auf. Er ließ zu, dass der Boxer neben ihn trat und den einen seiner Oberarme umfasste, während der Kerl, der ihn von hinten festgehalten hatte, den anderen packte. Breitbeinig stand Faris da, umringt von all diesen gespenstischen Gestalten mit den hasserfüllten Blicken, und kam sich vor wie in Dantes Inferno. Ein Tritt in die Kniekehle riss ihn fast von den Beinen. Mühsam kämpfte er um sein Gleichgewicht.
    » Scheißkerl!«,
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