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36 - Das Vermächtnis des Inka

36 - Das Vermächtnis des Inka

Titel: 36 - Das Vermächtnis des Inka
Autoren: Karl May
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Höflichkeit zu Willen sein. Fritz erzählte den Hergang der Sache, konnte aber damit seine Unschuld nicht beweisen, denn es sprach ebensoviel für wie gegen ihn. Da verlangte er, daß man die Spuren untersuche. Man willfahrte ihm und kam da allerdings zu der Überzeugung, daß er nicht gelogen hatte. Man sah die Fußeindrücke nicht nur an der Stelle, wo die Mörder über den Zaun hereingestiegen waren, sondern es wurden auch die Stellen entdeckt, wo die wieder hinausgesprungen waren. Schließlich fand man hinter dem Haus den Hut des einen, den er während des Sturzes oder beim Ringen mit Fritz verloren hatte. Dieser letztere blutete. Seine Wunde wurde untersucht; sie war nicht gefährlich; die Kugel hatte den Arm nur gestreift.
    Man wußte jetzt, daß zwei Menschen eingestiegen waren, um den deutschen Doktor zu erschießen; nur durch das Eingreifen Fritzens hatte die Kugel eine andere Richtung erhalten. Wer aber waren die Mörder, und welchen Grund konnten sie haben, einen Menschen zu töten, der sich erst eine Woche lang im Land befand und ganz gewiß niemand beleidigt hatte.
    „Konnten Sie denn nicht wenigstens eins der Gesichter erkennen?“ fragte der Bankier.
    „Nicht vollständig“, antwortete Fritze, „aber als der eine auf der Leiter stand und die Pistole nach dem Zimmer richtete, befand sich sein Kopf im Licht der Lampe; ich konnte sein Gesicht halb von der Seite sehen, und da kam es mir vor, als ob es Ähnlichkeit mit demjenigen des Espada Antonio Perillo habe.“
    Das machte die Angelegenheit nur noch verwickelter. Perillo war zwar ein Mann ziemlich zweideutigen Rufes, doch eines Mordes, selbst auch nur von der Fama, noch nicht geziehen worden. Und wollte man ihm ein solches Verbrechen zutrauen, was hätte er für einen Grund haben können, den Doktor mittels einer Kugel zu beseitigen? Er hatte im Café sogar freundlich mit ihm gesprochen. Allerdings gab der Umstand zu bedenken, daß er ihn offenbar für einen anderen gehalten und von einer Maske gesprochen hatte, welche noch fallen werde. Aus diesem letzteren Grund ließ der Bankier die Polizei doch benachrichtigen. Sie stellte sich in Gestalt zweier Oberbeamten der blau gekleideten Vigilantes ein, von denen Buenos Aires gerade tausend besitzt. Sie betrachteten die Spuren, erwogen alle Tatsachen und meinten schließlich, daß man zunächst heimlich erfahren müsse, wo Perillo sich zur Zeit der Tat befunden habe. Keinesfalls aber könne vor dem Stiergefecht gegen ihn eingeschritten werden, da er als Espada unentbehrlich sei und seine Arretur auf das Publikum einen unerwünschten Eindruck machen könne.
    Was Fritze Kiesewetter betrifft, so war es ganz unzweifelhaft, daß er dem Doktor das Leben gerettet hatte. Dieser nahm ihn sofort in Dienst, und zwar unter Bedingungen, welche vorteilhafter gar nicht hätten sein können. Er durfte gleich in der Quinta bleiben.

ZWEITES KAPITEL
    Corrida de toros
    Am anderen Morgen war jedermann bestrebt, Billets zu guten Plätzen für die Vorstellung zu erhalten. Die Kasse wurde förmlich belagert. Der Bankier hatte für vier Plätze zu sorgen, drei für sich, seine Gattin und seinen Gast, den Doktor, und den vierten für einen jungen Neffen, welcher während der Herbst- und Wintermonate bei ihm zu Besuch war.
    Die Frau des Bankiers war nämlich eine Deutsche, deren Bruder in Lima, der Hauptstadt von Peru, wohnte. Er hieß Engelhardt und hatte zwei Söhne, denen voraussichtlich später einmal das Erbe des kinderlosen Bankiers zufallen mußte. Aus diesem Grund hatte der letztere gewünscht, einmal einen der Brüder auf längere Zeit bei sich zu haben, und so war ihm der jüngere derselben, Namens Anton, zugeschickt worden. Der sechzehnjährige Knabe hatte die Reise zur See um Kap Hoorn gemacht und eine sehr unglückliche Überfahrt gehabt. Darum sollte eine zweite Seereise vermieden und die Heimkehr zu Lande über die Anden vorgenommen werden. Nun galt es, eine passende Gelegenheit dazu zu finden. Eine Reise quer durch Südamerika ist mit ungewöhnlichen Gefahren und Entbehrungen verknüpft, und nicht jeder Maultiertreiber ist der Mann, dem man für eine solche Tour einen hoffnungsvollen Knaben anvertraut.
    Das Stiergefecht sollte Punkt ein Uhr beginnen; die Plaza de Toros, wie der Zirkus genannt wird, hatte sich aber schon zwei Stunden vorher so gefüllt, daß es für keinen Zuschauer Raum mehr gab. Nur die Logen des Präsidenten und der oberen Behörden waren noch leer.
    Auf riesigen Plakaten war in fußlangen
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