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34 - Sendador 01 - Am Rio de la Plata

34 - Sendador 01 - Am Rio de la Plata

Titel: 34 - Sendador 01 - Am Rio de la Plata
Autoren: Karl May
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Faultier wird es freilich zu nichts bringen!“
    Der andere zog seine Brauen leicht zusammen, sagte aber doch in höflichem Ton:
    „Ein Faultier bin ich nie gewesen. Wir haben fleißig gearbeitet, monatelang. Wir mußten im Urwald leben mit den wilden Tieren und wie dieselben; wir haben mit ihnen um unser Leben kämpfen müssen und sind bei Tag und Nacht an der Arbeit gewesen. Wir freuten uns auf den Ertrag unseres Fleißes und der Entbehrungen, welche wir uns auferlegten, nun aber machen Sie uns unsere Freude zunichte, da Sie Ihr Versprechen nicht halten.“
    „Das brauche ich nicht, denn die Lieferung traf um zwei Tage zu spät hier ein.“
    „Zwei Tage! Señor, ist das eine so bedeutende Zeit? Haben Sie irgendeinen Schaden davon?“
    „Natürlich, denn wir liefern infolgedessen auch zu spät und müssen uns also einen Abzug bis zu zwanzig Prozent gefallen lassen.“
    „Soll ich das wirklich glauben?“
    „Natürlich!“ brauste Tupido auf. „Ihr müßt es mir Dank wissen, daß ich Euch nicht mehr als ganz dasselbe abziehe. Ich versprach Euch zweihundertvierzig Papiertaler für den Pack Tee. Zwanzig Prozent gehen ab, macht hundertzweiundneunzig; zwei Taler Schreibgebühr, bleiben hundertneunzig Papiertaler. Multipliziert damit die Zahl der Ballen, welche Ihr geliefert habt, so werdet Ihr finden, daß Ihr uns grad noch zweihundert Papiertaler schuldet. Ihr habt uns nicht den Wert des Vorschusses und Proviants geliefert, welchen Ihr erhieltet.“
    „Wenn Sie uns solche Abzüge machen, Señor, so ist Ihre Rechnung allerdings richtig. Aber ich bitte, zu bedenken, daß ich einen Ochsen für hundert Papiertaler bekomme, während Sie uns das Stück mit hundertfünfzig berechnet haben. Einen ähnlichen Aufschlag haben Sie uns bei allen übrigen Artikeln auch gemacht; da können wir nicht auf die Rechnung kommen. Anstatt Geld ausgezahlt zu erhalten, bleiben wir in Ihrer Schuld. Ich habe keinen einzigen, armseligen Peso in der Tasche. Ich soll hier für meine Gefährten einkassieren und ihnen das Geld bringen. Sie warten mit Schmerzen auf dasselbe; anstatt Geld aber bringe ich ihnen neue Schulden. Was soll daraus werden!“
    „Fragt doch nicht so albern! Abarbeiten müßt Ihr es!“
    „Dazu haben wir nicht länger Lust. Wir haben beschlossen, uns einen andern Unternehmer zu suchen.“
    „Mir auch recht. Ich finde genügsam Teesammler, welche gern für mich arbeiten. In diesem Fall müßt Ihr aber die zweihundert Papiertaler zahlen, und zwar sofort!“
    „Das kann ich nicht. Ich habe Ihnen gesagt, daß ich ohne alle Mittel bin. Und ich bitte Sie, zu bedenken, daß wir auf die bisherige Weise nie so weit kommen können, unsere Schuld abzutragen. Was Sie uns liefern, wird uns zu den höchsten Preisen angerechnet, und wenn wir die Früchte unserer schweren Arbeit, bei welcher wir fortgesetzt das Leben wagen, bringen, so gibt es regelmäßig so bedeutende Abzüge, wie der heutige ist. Wir treten aus Ihrem Dienst.“
    „Dagegen habe ich ja gar nichts; nur müssen die zweihundert Taler sofort bezahlt werden. Dort sitzt der Kassierer! Wer so auftreten will wie Ihr, der muß auch Geld haben!“
    Der arme Teufel sah verlegen vor sich nieder. Ich fühlte Mitleid mit ihm. Er war ein Teesammler. Ich hatte gelesen, welch ein beschwerliches und gefährliches Leben diese Leute führen. Er und seine Genossen sollten um den Lohn ihrer Arbeit gebracht und mit ihren Familien der Not überantwortet werden, nur um sie in größere Abhängigkeit von dem reichen Unternehmer zu bringen. Dieser Señor Tupido war jedenfalls ein sehr würdiger Kompagnon meines hinterlistigen Yankees.
    Der Teesammler legte sich auf das Bitten. Er gab die besten Worte, ihm den kleinen Betrag doch nachzulassen. Vergebens.
    „Das Einzige, wozu ich mich verstehen kann, ist die Gewährung einer Frist“, erklärte schließlich der harte Geschäftsmann. „Zahlt Ihr die zweihundert Pesos bis heute abend, dann gut; wenn aber nicht, so habt Ihr bis auf weiteres in meinem Dienst zu bleiben, um die Schuld abzuarbeiten. Das ist mein letztes Wort. Jetzt geht!“
    Der Arme schlich betrübt davon. Als er an mir vorüberging, raunte ich ihm zu:
    „Draußen warten!“
    Er warf einen schnellen, froh überraschten Blick auf mich und ging; ich aber schritt auf den Herrn des Geschäftes zu. Dieser musterte mich scharf und forschend, kam mir dann einige Schritte entgegen, verbeugte sich sehr tief und fragte:
    „Señor, was verschafft mir die unerwartete Ehre eines mich so
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