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33 - Am Stillen Ozean

33 - Am Stillen Ozean

Titel: 33 - Am Stillen Ozean
Autoren: Karl May
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Sohn der Mitte war, wie wir gleich hörten, der Schreiber des Beamten.
    Gewohnt, stets, und besonders in Lagen, wie die gegenwärtige war, aufmerksam und vorsichtig zu sein, beobachtete ich jede Bewegung und jeden Blick der beiden Männer; ich konnte nichts Auffälliges bemerken. Nur einmal schien es mir, als ob über das Gesicht des Chinesen ein plötzliches Zucken ging; das war in dem Augenblick, als er Quimbo sah, der aus der Vorderluke kam; dieses Zucken war aber sehr leicht durch das auffällige Aussehen des Kaffern zu erklären, und so machte ich mir keine Gedanken darüber.
    Die revidierenden Personen fanden alles in Ordnung und verließen nach erfüllten Formalitäten das Schiff. Hierauf wurde auf meinen Wunsch eines der Andamanenboote niedergelassen, in welches ich stieg, um einen Führer zu suchen. Von allen, die mir in ihren kleinen Fahrzeugen begegneten, hatte ich das reinste Zutrauen zu einem alten Fischer, den ich nach seinem Tagewerk fragte. Er versicherte, die ganze Küste von Kap Riah bis nach Padang genau zu kennen, und sein Gesicht strahlte vor Freude, als ich ihm nach unseren Verhältnissen eine Kleinigkeit bot, wenn er für den Vormittag unser Pilot sein wolle. Er ging mit an Bord, und die Rundfahrt, auf die ich so große Hoffnung setzen mußte, begann.
    Ich saß mit dem Lord im Vorderteil des Schiffes, und Quimbo stand bei uns; er sollte die Küste genau und scharf beobachten, um die Tigerbrücke zu entdecken. Leider erwies sich der ‚schön', gut', tapfer Basuto‘ als ein höchst unzuverlässiger Patron. Wohl hundertmal rief er, auf einen Punkt, dem wir uns näherten, deutend:
    „Das bin Tigerbrücke, ja das bin sie; Quimbo weiß genau!“ Aber sobald wir näher kamen, widerrief er seine Worte. Wir beschränkten uns nicht auf die Bai, sondern dampften bis hinauf nach Tapus und bis hinab nach Batu Mundan, doch vergeblich; Quimbo konnte die gesuchte Örtlichkeit nicht entdecken, und auch wir sahen keine Stelle, welche auch nur annähernd ein Recht besessen hätte, den Namen Tigerbrücke zu tragen.
    „Glaubt Ihr nun bald daran, daß ich die Wette gewinnen werde?“ fragte mich der Lord. „Ta-ki hat Euch belogen.“
    „Das glaube ich nicht; eher nehme ich an, daß Quimbos Gedächtnis nicht stark genug ist, einen Punkt so lange festzuhalten.“
    „Mag sein. Aber auch, wenn dies der Fall wäre, liegt es auf der Hand, daß wir vergeblich nach dieser schönen Insel gekommen sind. Wir haben ja die ganze Küste abgesucht, ohne etwas zu entdecken. Wo soll die Tigerbrücke stecken?“
    „Ihr irrt Euch. Alles haben wir noch nicht abgesucht.“
    „Was denn noch nicht?“
    „Die Flußufer.“
    „Hm“, brummte er wegwerfend.
    „Bis jetzt sind wir nur der Meeresküste gefolgt. Habt Ihr nicht gesehen, wie breit der Fluß in die Bai mündet?“
    „Ziemlich breit; aber was soll das nützen?“
    „Quimbo macht vielleicht keinen Unterschied zwischen Fluß- und Meeresufer, sein Ortsgedächtnis scheint überhaupt sehr schwach zu sein. Wie leicht kann die Halbinsel, die wir suchen, im Fluß liegen.“
    „Ihr meint also, daß wir diesen aufwärts dampfen?“
    „Nein, das meine ich nicht, denn dies wäre eine große Unvorsichtigkeit. Unsere Jacht im Fluß, wie müßte das auffallen! Und wir müssen doch so heimlich wie möglich tun. Nein, ich mach diese Fahrt in einem Boot und nehme nur Quimbo mit, der sich allerdings möglichst wenig sehen lassen darf, weil er dem Chinesen und seinen Leuten bekannt ist.“
    „Ich soll nicht mit?“
    „Nein.“
    „Warum nicht? Soll aller Ruhm auf Euch allein fallen, Charley? Soll es heißen, daß Ihr alle Gefahr auf Euch allein genommen habt?“
    „Unsinn! Was frage ich nach solchem Ruhm! Es handelt sich darum, ein Geheimnis auszukundschaften, und ich glaube, da geübter zu sein als Ihr. Und Ihr seid auf der Jacht nötig. Bedenkt, daß sie jedenfalls sehr scharf beobachtet wird! Ja, es ist sogar möglich, daß man einen Angriff auf sie richtet.“
    „Well, muß mich zufriedengeben. Macht was Ihr wollt!“
    Er sagte das in verdrießlichem Ton; er war unternehmend und ohne Furcht, ja sogar kühn; er besaß zu viel Stolz, Selbstlosigkeit und Edelmut, um neidisch zu sein; aber bei allem, was wir bisher getan und erlebt hatten, war mir das Glück günstiger gewesen als ihm, und so verstand und begriff ich es gar wohl, daß es ihn drängte, um auch einmal ‚in der Vorhand zu sein‘, wie man sich auszudrücken pflegt. Hier jedoch handelte es sich um ein Unternehmen, von
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