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324 - Eine neue Chance

324 - Eine neue Chance

Titel: 324 - Eine neue Chance
Autoren: Michelle Stern
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die lange Bionetikröhre. Matthew beneidete den Daa’muren um seine Ausdauer. Die außerirdischen Invasoren hatten lange experimentiert und selektiert, bis ihre neuen Körper optimiert waren.
    Außer Atem erreichten sie den Gang mit der Zieloptik. Matt sah sich selbst und den über zwei Meter großen Miki Takeo vor dem bionetischen Monitor stehen. Mensch und Android waren in ein intensives Gespräch verwickelt. In Matts Nacken kribbelte es eisig. Es war nicht der Anblick der martialisch und urgewaltig wirkenden Menschmaschine, der ihn befremdete, sondern sein eigener. Plötzlich verstand er, warum Xij aus einem Impuls heraus hinter sich selbst hergelaufen war. Das eigene Ich vor sich zu sehen war ein sonderbares Gefühl. Am liebsten hätte er sich gerufen, um zu sehen, wie er reagierte.
    Der Matt aus der anderen Zeitebene drehte sich um und sah in seine Richtung. Sein Gesichtsausdruck zeigte Anspannung, die Lippen waren hart aufeinander gepresst, die Augen wirkten klein.
    Matt erstarrte. Hatte er sich selbst entdeckt? Doch sein zweites Ich marschierte schnurstracks an ihm vorbei. Sicher wollte es zu der neu entstandenen Zeitblase, die Takeo gerade angemessen hatte. Nach dem Informationsaustausch hatte Matt das Phänomen begutachten wollen. Dunkel erinnerte er sich, dass er dabei einen Schemen gesehen hatte.
    »Mefju’drex!«, rief Grao’sil’aana aus. »Schau!«
    Matt fuhr herum; es fiel ihm schwer, den Blick von sich selbst abzuwenden. An der Koordinator-Mulde hatte sich Takeo vom Flächenräumer abgekoppelt und hängte nun das lange, abgetrennte Kabel an einen Bionetikhaken.
    Grao betrachtete Takeos Tun interessiert. »Und nun? Was sollen wir machen? Zu hören scheint er uns nicht.« Der Daa’mure erschien Matt unnatürlich ruhig. Während es in ihm selbst brodelte und seine Nervosität immer weiter zunahm, ging Grao’sil’aana scheinbar gelassen auf die Zieloptik zu und betrachtete die beiden Bilder auf dem gewaltigen Monitor.
    Das Bild war gesplittet: Die eine Hälfte zeigte das Gebiet in Ostdoyzland, wo unterirdisch das Flöz aus lebendem Stein ruhte – eine Entwicklung der Archivare, wie er nun wusste, geschaffen, um die entarteten Tore zu den Parallelwelten zu verschließen. Eigentlich hätte der abgegebene Schuss ein fünf Kilometer durchmessendes, kreisrundes Stück der gefährlichen Substanz in den Streiter hineinversetzen sollen, um ihn zu versteinern.
    Auf der anderen Bildschirmhälfte konnte Matt die dunklen Umrisse des Streiters über dem Mond sehen. Das Bild machte ihm Angst, doch die unerträgliche Ausstrahlung, die er vor seinem Weg durch die Zeiten gespürt hatte, war verschwunden. Auch auf Grao’sil’aana schien der Streiter keinen Effekt zu haben.
    »Wir brauchen Takeo«, sagte Matt bestimmt. Er deutete auf eine Zahl am Rand des Monitors. »Sieh dir den Stand der Speicherzellen an. Die Aufladung geht schnell voran. Wir müssen Takeo darauf aufmerksam machen. Wenn er sieht, was vorgeht, wird er sicher darauf reagieren und einen weiteren Schuss abgeben, sobald die Zellen voll sind.«
    »Also gut. Reden wir nicht lange darüber.« Grao’sil’aana sprang aus dem Stand gegen Takeos Seite. Doch sein geschuppter Körper versank in der Plysteroxhaut des Androiden.
    Matt hielt den Atem an. Takeo zeigte keine Reaktion. Er stand ganz still, als würde er gerade seine Systeme checken. Weder die Bewegung noch die Stimmen schien er wahrzunehmen.
    Matts Blick suchte und fand die Anzeigen. Fünfzig Prozent. Schon in wenigen Minuten konnte der Schuss abgegeben werden. »Wir müssen es anders versuchen.«
    Er trat neben den Androiden und beugte sich über die Bionetikschaltflächen unter dem Monitor. »Ich gebe einen Morsecode ein. Takeo sollte darauf aufmerksam werden.«
    Doch dann zögerte Matt. Seine Hand verharrte über den für Hydriten ausgelegten Eingabetasten.
    Xij hat durch sich selbst hindurchgegriffen und Grao konnte Takeo nicht berühren. Was, wenn es nicht geht? Was, wenn ich keine Eingaben machen kann, weil ich in der anderen Zeitebene nicht körperlich bin?
    » Worauf wartest du?«, fragte Grao’sil’aana hinter ihm.
    Matt schloss die Augen, atmete tief ein und senkte den Finger auf die Schaltfläche. Er spürte... nichts. Kein Widerstand. Auf eine verrückte Weise nahm er wahr, dass sich unter seiner Hand etwas befand, aber er konnte die Schaltfläche nicht bedienen.
    »Verdammter Mist«, fluchte er leise.
    Ein Blick auf die Anzeige zeigte fünfundsechzig Prozent. Der Flächenräumer
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