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308 - Ein Planet wird vermisst

308 - Ein Planet wird vermisst

Titel: 308 - Ein Planet wird vermisst
Autoren: Susan Schwartz
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zu weisen. Der finanzielle und personelle Verlust der CARTER IV hatte eine Regierungskrise heraufbeschworen, die bis heute andauerte, und Maya hatte sich den unangenehmen Fragen der Reporter in einer öffentlichen Anhörung stellen müssen. Der letzte Funkspruch wies darauf hin, dass das Raumschiff wohl im August 2526 Erdzeit durch Sabotage auf der Erde abgestürzt war. Es wurde angenommen, dass die gesamte Besatzung dabei zu Tode gekommen war.
    Immerhin konnte Maya den Vorwurf abmildern, indem sie darauf verwies, dass sie bereits vor Bekanntwerden des Verlustes eine Verfügung unterzeichnet hatte, die Außenpolitik vorerst ruhen zu lassen, weil die Risiken inzwischen als zu hoch eingestuft wurden. Doch den Absturz hatte das nicht verhindert, und das Volk war darüber aufgebracht.
    Anhand der Rekonstruktion der letzten Momente der CARTER IV lag der Verdacht zwar nahe, dass ProMars für den Absturz verantwortlich zeichnete – und Menschenleben geopfert hatte, um eben diese Krise heraufzubeschwören. Aber Beweise hierfür gab es nicht.
    ProMars sprach natürlich von einem Anschlag der Erde, und Maya konnte nichts vorlegen, um diese Anschuldigung zu entkräften. ProMars hatte wieder einige Anhänger mehr gewonnen und war kräftig dabei, den Volkszorn zu schüren. Aber die Präsidentin konnte aufgrund ihrer Popularität und ihrer früheren Verdienste ihre Position halten. Noch!
    Die Forderung blieb bestehen, dass die Regierung mit den Steuerkonten künftig verantwortungsvoller umgehen und lieber dem Volk etwas zugutekommen lassen sollte, anstatt derart viele Ressourcen sinnlos zu verschleudern und vor allem Menschenleben aufs Spiel zu setzen.
    »Egal, was man tut, es ist nie genug!«, bemerkte Maya frustriert.
    »Stimmt, ich kann auch nie genug von dir kriegen«, grinste Leto und zog sie in seine Arme.
    »Du sollst mich nicht...«
    »Maya, es ist mitten in der Nacht. Du kannst sie besser verbringen als mit Albträumen. Vor allem brauchst du deine Kräfte. Die Regierungsgeschäfte finden erst bei Tageslicht statt.«
    Maya ließ sich ablenken, doch es half nicht. Sie sagte es Leto nicht, aber die Träume, die sie hatte, waren nicht einfach vom Stress bestimmt. Sie waren von ganz anderer Art, wurden von Nacht zu Nacht immer eindringlicher und bedrohlicher.
    Und dann rief ihre Mutter an.
    ***
    Vera Akinora Tsuyoshi lebte seit vielen Jahren beim Waldvolk. Ihr letzter Besuch in der Stadt hatte vor dem Superbeben stattgefunden. Maya rief sie ein- bis zweimal in der Woche an, und jeden Monat brachte sie ihre Kinder für ein paar Tage zu ihrer Großmutter. Die restliche Zeit verbrachte die Greisin in freiwilliger Zurückgezogenheit.
    »Schläft er schon?«, eröffnete Vera Akinora das Gespräch, kaum dass sich die Sichtverbindung aufgebaut hatte.
    Maya rieb sich die müden Augen. Es war nach Mitternacht. »Leto? Ja, er hat sich zurückgezogen. Ich war zwar vor ihm eingeschlafen, aber...«
    »Deswegen rufe ich an«, unterbrach ihre Mutter. »Du hast Träume.«
    »Ich...«
    »Schnapp dir einen Gleiter und komm unverzüglich her. Ich erwarte dich in spätestens zwei Stunden.«
    Das faltenreiche Gesicht der Greisin erlosch. Maya starrte verwirrt vor sich hin. So einfach, wie ihre Mutter sich das vorstellte, war es nicht. Maya war die Präsidentin des marsianischen Volkes; sie konnte nicht kommen und gehen, wie es ihr beliebte. Und schon gar nicht ohne Leibwächter, das gab es schon lange nicht mehr. Und warum konnte das nicht bis morgen warten?
    Mit fließenden Bewegungen stand sie auf, huschte zum Schlafzimmer und warf einen Blick hinein. Leto lag still auf seiner Seite und atmete tief und gleichmäßig. Gut.
    Lautlos schloss Maya die Tür, sah noch nach den Kindern: Nomi, die große Schwester, und der kleine Londo Lorres. Sie schlummerten so tief, dass vermutlich nicht einmal ein Erdbeben die zwei hätte wecken können.
    Maya ging ins Bad und schlüpfte in einen bequemen, eng anliegenden Hosenanzug, dessen Gewebe die Temperatur automatisch regelte. Die marsianischen Nächte waren eiskalt und verweichlichte Städter nicht daran gewöhnt.
    Dann verließ sie den privaten Bereich und fuhr mit einem nur für die Präsidentenfamilie reservierten Lift zur Gleiterplattform drei Stockwerke tiefer.
    Die Nachtwache fuhr erschrocken hoch, als die Präsidentin plötzlich erschien. »Man hat mir nicht angekündigt...«, stammelte der Mann, doch Maya winkte ab.
    »Das ist außerplanmäßig. Machen Sie einen Gleiter fertig und holen Sie einen
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