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307 - Späte Vergeltung

307 - Späte Vergeltung

Titel: 307 - Späte Vergeltung
Autoren: Christian Schwarz
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sagte das Männchen mit leiser, lispelnder Stimme. »Was kannst du berichten, Exekutor?«
    Der Kuttenträger blieb stehen und verschränkte die Arme. »Ich habe eine Nachricht von ungeheurer Wichtigkeit für die Herren«, krächzte er und betonte die Worte dabei auf eigentümliche Art. »Die Festung Eibrex soll überfallen und dem Erdboden gleichgemacht werden. Ich habe verlässliche Informationen.«
    »Ein Überfall, aha. Und wer bitte sollte Eibrex gefährlich werden können? Die Festung ist unbesiegbar.«
    »Möglich, Bruder Zing. Aber darauf sollten wir uns nicht verlassen, denn der Feind ist mächtig. Jed Stuart, der König von Britana, gedenkt gegen die Herren ziehen. Er fühlt sich stark genug dafür und kann eine gut bewaffnete Armee aufbieten.«
    »Aha, aha. Und warum sollte Stuart das tun?«
    »Weil er kein zweites Machtzentrum mehr neben sich dulden will. Ich kenne fast alle Details seiner Kriegspläne, die ich aber nur den Herren persönlich mitteilen kann, weil sie zu komplex für eine Übermittlung sind. Du musst mich zu ihnen bringen.«
    Bruder Zing lachte entgeistert auf. »Das ist unmöglich, das weißt du doch. Du kannst nicht richtig im Kopf sein, Exekutor.«
    Der Kuttenträger schlug unvermittelt seine Kapuze nach hinten. Das erstaunte Gesicht des Erleuchteten verklärte sich in einem Sprühstoß, den ihm sein Gegenüber aus dem blitzschnell gezückten Fläschchen verpasste. Bruder Zing brach bewusstlos zusammen.
    Der Eindringling ging vor dem Erleuchtetenauf die Knie. Er fischte ein scharfes Messer mit kurzer Klinge aus den Tiefen seiner Kutte. Dann presste er den ausgestreckten rechten Zeigefinger des Bewusstlosen auf den Boden – und schnitt ihn mit einer kurzen, scharfen Bewegung vor dem zweiten Fingerglied ab. Als der Erleuchtete daraufhin zuckte und etwas brabbelte, verpasste ihm der Kuttenträger eine weitere Dosis Betäubungsspray. Dann band er ihm den Stumpf mit einem dünnen Draht fachmännisch ab und stoppte so die Blutung.
    Anschließend schälte er Bruder Zing aus seinem Gewand. Es kostete ihn Mühe, sich in das gelbe Kleid zu zwängen. Es gelang ihm nur, nachdem er die eigene Kleidung abgelegt hatte. Irgendwo riss der gelbe Stoff ein, aber dann saß das Gewand... einigermaßen. Schließlich schnitt der Eindringling dem Erleuchteten die Barthaare ab und fixierte sie mit zwei Tropfen Harz an seiner Oberlippe.
    Seiner Augenpartie hatte er schon zuvor mit Farbschattierungen die langgezogene Form der Erleuchteten verpasst. Und seine Glatze war fast so makellos wie die von Bruder Zing.
    Er verstaute den Bewusstlosen zusammen mit seiner eigenen Kleidung in einer der abgehenden Kammern. Dann machte er sich auf den Weg in die Katakomben.
    Als er die Tür am Ende des Gangs öffnete, stand er vor einer breiten Treppe, die in die Tiefen der Festung führte. Der falsche Erleuchtete sah sich plötzlich ungeahntem Prunk gegenüber. Statuen aus purem Gold standen links und rechts auf den Treppenstufen. Es handelte sich um Löwen und einen mit verschränkten Beinen sitzenden, überaus fetten Kahlkopf, der feist grinste.
    Der Eindringling fühlte sein Herz nun doch höher schlagen. Er atmete tief durch und ging die Treppe nach unten. Gleich darauf fand er sich in einem wahren Labyrinth wieder, das von schummrigem Licht erhellt wurde. Und je weiter er vordrang, desto größer wurde der Prunk.
    Kurze Zeit später merkte er, dass er sich verlaufen hatte. Im nächsten Moment stockte ihm der Atem. Er hörte leise Stimmen. Und schon bogen zwei Erleuchtete in hellgrünen Gewändern um die Ecke. Sie unterhielten sich angeregt.
    Da sie ihn bereits bemerkt hatten, half nur die Flucht nach vorn. Der Eindringling senkte den Kopf und ging direkt auf sie zu. Wenn sie Misstrauen zeigten, würden sie seinen Kampfstock zu spüren bekommen.
    Nichts desgleichen geschah. Die Grüngewandeten sahen den falschen Erleuchteten nicht einmal an. Sie senkten vielmehr ehrerbietig die Blicke und gingen mit einem gemurmelten Gruß an ihm vorbei.
    Der Eindringling atmete auf. Aber wie ging es nun weiter? Jemanden nach dem Weg fragen konnte er nicht. Wie also fand er in den Inneren Kreis ? Er überlegte und schritt einige Korridore noch einmal ab. Dabei machte er eine Entdeckung: Statuen des dicken Mannes standen in einigen Gängen, aber längst nicht in allen. Zudem wiesen ihre Gesichter nicht, wie man es erwarten konnte, zur Gangmitte hin, sondern waren gleichförmig auf jeweils ein Gangende ausgerichtet. Die Statuen auf der
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