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283 - Der Zorn der Königin

283 - Der Zorn der Königin

Titel: 283 - Der Zorn der Königin
Autoren: Mia Zorn
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Himmelsstein!«, ächzte Enna.
    »Das ist kein Meetor«, entgegnete Meikel. »Die Form gleicht eher einem hohen Gebäude. Es muss ein Haus der Götter sein!«
    Lady Victoria sagte nichts, obwohl sie die Einzige war, die wirklich erkannte, um was es sich handelte. Mit eigenen Augen hatte sie solch ein Ding zwar noch nie zuvor gesehen, aber sie kannte derlei aus den Datenbanken der Community.
    Es musste ein Raumschiff sein!
    Die Flammen am vorderen Teil des Rumpfes zeigten, dass es ungebremst in die Atmosphäre eingetaucht war. Immer wieder lösten sich einzelne kleinere Teile davon, trudelten davon und verglühten. Die Hauptmasse widerstand der Reibungshitze und hielt Kurs… nach Osten!
    Ein Schaudern überlief die ehemalige Königin. Hatte das etwas zu bedeuten? Kannte auch die Besatzung dieses Raumschiffs, woher auch immer es kam, das Ziel ? Wieder erfüllte Victoria diese ungewöhnliche Erregung.
    Sie verfolgten die Erscheinung über eine Minute lang. Dann verschmolz das Objekt mit dem Horizont.
    »Es beginnt«, hörte die Ex-Queen Meikel flüstern. »Die Götter zeigen uns den Weg.«
    Enna, die inzwischen aufgestanden war und jetzt neben ihr stand, nickte. »Wir müssen schnell ans Ziel gelangen«, sagte sie. »Dort warten sie auf uns.«
    Wie gebannt starrten die Gefährten auf dem Plateau gen Osten. Der Wind heulte und die Raubvögel über ihren Köpfen gaben langgezogene Schreie von sich. Wie auf ein stilles Kommando löste die kleine Gemeinschaft ihre Augen vom Horizont, schulterte ihre Rucksäcke und machte sich an den Abstieg.
    In den darauf folgenden Tagen sprachen sie nur noch das Notwendigste miteinander. Trafen sie auf Fremde, gaben sie sich freundlich. Untereinander verhielten sie sich kühl. Es gab keine Vertraulichkeiten mehr zwischen den Hingers und die Ex-Queen schien ihren Schwur endgültig vergessen zu haben. In stiller Übereinkunft beschränkte man sich auf das Wesentliche: alles was half, schnell vorwärts zu kommen.
    Als ob es nichts anderes auf der Welt mehr gäbe, hasteten sie Meile um Meile London entgegen. Doch sie kamen nur bis Basingsloke. Dort brach Lady Victoria zusammen. Sie hatte die Krankheit, die ihr seit Tagen in den Knochen saß, gar nicht wahrgenommen: Das Nervenfieber, unter dem die ehemalige Queen vor langer Zeit gelitten hatte, war zurückgekehrt.
    Da die Hingers ohne sie niemals an den Zweimaster in Landán gelangen konnten, trugen sie die Kranke in eine verfallene Hütte und pflegten sie.
    Als nach einer Woche immer noch keine Besserung eintrat, wurden sie unruhig. Die Zeit drängte! Sollten sie auf anderem Wege versuchen, nach Osten zu kommen? Doch wie?
    Schließlich holte Meikel eine Heilerin aus der nahe gelegenen Stadt. Selbst mit ihrer Hilfe verging der September, bis die Lady allmählich gesundete. Und der halbe Oktober, bis sie so weit bei Kräften war, um einen Tagesmarsch auf sich nehmen zu können.
    Doch dann zogen Unwetter auf, wie die Gegend um Basingsloke sie selten erlebt hatte. Regen verwandelte Bäche und Flüsse in reißende Ströme, die Straßen und Wege einfach wegschwemmten. Sturm zerstörte Hütten und Scheunen. Ein Erdrutsch schnitt den Zugang zu unzähligen Gehöften und Dörfern ab. Innerhalb kürzester Zeit glich das Land einem Trümmerfeld. An eine Weiterreise war nicht zu denken.
    ***
    Anfang Oktober 2526, Wissmar, Mecklenburg-Vorpommern
    Roloff wankte aus der Tür des Gästehauses. Obwohl der Himmel bewölkt war, blendete ihn das Tageslicht. Der Lärm auf der Gasse dröhnte in seinen Ohren. Sein Kopf brummte vom übermäßigen Biirgenuss der vergangenen Nacht und von der anschließenden Keilerei schmerzten ihm sämtliche Glieder. Wie er da hineingeraten konnte, wusste er nicht mehr.
    Er wusste nur, dass ihm der Großteil seiner Heuer dabei abhanden gekommen war. Das machte ihn wütend. Wollte er doch zurück in die Heimat. Nach Beelinn. Seine Mutter überraschen und mit dem Vermögen protzen, das er auf dem rulandischen Dreimaster seit dem letzten Sommer verdient hatte. Nun wurde nichts daraus.
    Mit unsicheren Schritten und griesgrämiger Miene stapfte er Richtung Marktplatz. Er brauchte jetzt erst einmal einen kräftigen Kaffee und ein Stück warmes Brot. Danach würde er entscheiden, ob er mit leeren Taschen nach Beelinn ziehen oder sich wieder auf einem der Schiffe anheuern lassen würde.
    Es war früher Vormittag und in den Gassen herrschte Gedränge. Frauen, Männer und Kinder zogen mit Karren und Körben zum Markt, um sich für den Winter
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