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261 - Ein falscher Engel

261 - Ein falscher Engel

Titel: 261 - Ein falscher Engel
Autoren: Christian Schwarz
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zu den Mecgregers, Pellam?«
    »Mit dem Widdergespann nicht mehr als fünf Stunden, Herr.«
    ***
    Lees, der Baard, pfefferte seinen Bont gegen das bunte Bleiglasfenster, direkt auf St. Georg und den Drachen. Dann trat er mit den Sohlen seiner Stiefel ein paar Mal gegen die Wand. Stechender Schmerz, der sein Bein bis hoch in die Hüfte zog, brachte ihn wieder zu sich.
    Schwer schnaufend stand er an der Wand des Rittersaals und schaute den Chieftain aus kleinen, blutunterlaufenen Augen an.
    »So ‘ne Taratzenkacke. Jetzt sin wir alle am Arsch, Gallo. Jetzt isses aus middem schönen Leben. Keine Waffen mehr. Und keine Wakudas und marinierte Taratzensteeks und Mäntel aus feiner Batera-Haut, und kein Fjuul für den Motor vonne Fischerboote und all das Zeug, das wir vonne Reenschas für unseren Uisge gekriegt haben. Jetzt müss’mer schauen, wo wir’s sonst herkriegen. Aber so was wie vonne Reenschas kriegen wir sowieso nie wieder.«
    Gallo nickte, während er verzweifelt versuchte, die abgeknickte grüne Feder wieder aufzurichten. Als es nicht gelang, zog er sie aus dem Bont, kürzte kurzerhand den Kiel und steckte sie wieder in das schmale Band. Zufrieden betrachtete er sein Werk.
    »He, Gallo, ist das jetzt so wichtig? Hammer nich was anderes zu tun?«
    »Halt’s Maul, Lees«, fuhr ihn der hünenhafte Chieftain an und die Augen über seinem Bartgestrüpp funkelten böse. »Wenn ich so was mach, dann denk ich gleichzeitig drüber nach, über wichtige Sachen und so. Ich glaub nicht, dass wir das, was dieser Scheißkerl Alastar gesagt hat, einfach so hinnehmen können. Wir brauchen de Reenschas als Kunden für unseren Uisge. Das waren immer die größten Abnehmer und se ham am besten dafür bezahlt. Alle anderen können mich am Arsch lecken, aber umme Reenschas kämpfen wir.«
    »Klar tun wir das.« Der Baard nickte euphorisch. Plötzlich stutzte er. »Äh, ja. Aber wie? Ist ja nicht so einfach, das Ganze.«
    Gallo ging zur Tür, riss sie auf und brüllte den Gang entlang:
    »Wachteleier und geröstete Bellits, aber fix!«
    Eine halbe Minute später trugen zwei junge Sklavinnen mit geschlitzten Augen, die aus einem fernen Land namens Sibiir stammten und die die Freesas ebenfalls von den Reenschas hatten, das Gewünschte auf. Gallo betatschte sie ausgiebig, was sie sich demütig gefallen ließen. Danach ging er zu einem mächtigen Eichenholzschrank, über dem das Wappen der Freesas prangte, öffnete ihn und nahm einen Steinbehälter Uisge heraus. Das Wappen, das darauf prangte, war allerdings nicht das über dem Schrank.
    Der Chieftain stellte den Behälter, der einer bauchigen Flasche nachempfunden war, grinsend auf den Tisch und entkorkte ihn.
    Lees bekam große Augen. Ungläubig strich er sich durch den braunen Bart, der nun, da Lees das vierzigste Lebensjahr erreicht hatte, langsam graue Strähnen bekam. »Beim Orguudoo, Gallo, ich will verdammicht sein, wenn das nich Mecgreger-Uisge ist. Wie kommste zu dem?«
    »Hab ich mir auffem Markt in Stirling besorgen lassen«, erwiderte Gallo. »Natürlich heimlich. Denn wir müssen zugeben, dass unser Uisge zwar sehr gut ist, dass aber das Zeug vonne Mecgregers viel besser schmeckt. Deswegen trink mer das jetzt zu de Wachteleier und de Bellits.«
    »Aber… aber das geht doch nicht.« Lees war richtiggehend perplex.
    Gallo schenkte sich einen Becher der gelbbraunen Flüssigkeit ein, betrachtete sie kurz und nahm einen großen Schluck. »Aaah«, grunzte er behaglich, während ihm Uisge durch den Bart lief, weil er zu gierig getrunken hatte. »Warum sollte des nich gehen, Lees? Wir sin doch die Chieftains und müssen immer schauen, dasses de ganzen Freesas gut geht, und wegen der Verantwortung dürfen wir auch immer das Beste essen und trinken. Probier auch mal. Is echt gut.«
    Lees schüttelte den Kopf. »Nein, niemals. Was ist, wenn die anderen des herauskriegen?«
    »Und? Dann sag ich einfach, ich hab das Mecgregerzeugs da, weil ich es untersuchen tu, warum das besser ist als unseres.«
    Lees nickte nun zögernd. Seine neugierig-gierigen Blicke zum Steinbehälter verrieten, dass er gar nicht so abgeneigt war, wie er tat. »Ganz schön raffiniert bist du, Gallo.«
    »Nich wahr? Deswegen bin ich ja auch der Chieftain geworden. Und nun probier schon.«
    Lees war restlos überzeugt. Er zog den Steinbehälter zu sich heran und schenkte sich ebenfalls ein. Schlürfend leerte er den halben Becher und schob ein paar geröstete Bellits hinterher. Die libellenartigen, schimmernden
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