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24 kurze Albträume (German Edition)

24 kurze Albträume (German Edition)

Titel: 24 kurze Albträume (German Edition)
Autoren: Regina Schleheck , Oliver Henzler , Michael Rapp , Bernhard Giersche
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die Bar­rie­re zwi­schen uns. Das Fens­ter­glas ist kalt und ein sanf­tes Schau­dern durch­fährt mich. Du siehst mich nicht. Wie im­mer ist das Licht auf dei­ner Ve­ran­da ka­putt, und ich ver­schwin­de na­he­zu zwi­schen den Schat­ten der Bäu­me und der ein­bre­chen­den Dun­kel­heit. Das per­fek­te Vers­teck.  
    Wie­der wirfst du einen Blick auf die Uhr. Du lässt von der Stan­ge ab und be­ginnst statt­des­sen, dich zu deh­nen. Während der letzten Wo­chen hast du große Fort­schrit­te ge­macht und ich sehe dir die Freu­de dar­an an. Der mensch­li­che Kör­per ist mehr als nur fas­zi­nie­rend. Und im­mer wie­der schielst du zur Uhr.
    Ein oder zwei Mi­nu­ten lang wer­de ich dir noch zu­se­hen. Ma­xi­mal fünf. Län­ger wirk­lich nicht. Ich star­re dich an, neh­me je­des noch so klei­ne De­tail dei­ner Prä­senz in mir auf. Viel zu früh wer­den die­se un­be­merk­ten Au­gen­blicke wie­der vor­über sein. Ein tie­fes Durch­at­men und ich löse mei­ne Fin­ger von der Schei­be.
    Kaum hör­bar knis­tern die Blät­ter un­ter mei­nen Schuh­soh­len. Lang­sam nähern sich mei­ne Schrit­te dei­ner Hau­stü­re. Mei­ne Hand hebt sich und ich klop­fe.
    Ich höre wie du auf­springst und zur Tür läufst. Stür­misch reißt du sie auf. Ein Strah­len liegt auf dei­nem Ge­sicht, als du mich mit ei­ner Um­ar­mung be­grüßt. Du bist es ge­wohnt, dass ich mich ver­späte und ich wer­de mich hüten, dir den Grund da­für zu ver­ra­ten.
     
     

Han Gart­ner
     
    Ver­bun­den­heit
     
    Ihn frös­tel­te. Von ei­ner Se­kun­de auf die an­de­re schi­en der Win­ter ein­ge­bro­chen zu sein. Frank sah sich ver­wirrt um. Spür­te nur er den Um­schwung? Wie konn­te das sein?
    Die Er­kennt­nis, dass es wie­der be­gann, er­schreck­te ihn zu­tiefst. Mit wei­chen Kni­en schwank­te er zur na­hen Bus­hal­tes­tel­le und ließ sich in eine freie Sitz­scha­le fal­len. Das Zit­tern ließ sei­nen Blick ver­schwim­men.
    Gleich muss­te es ge­sche­hen! Er wür­de un­wei­ger­lich den oder die Aus­er­ko­re­ne se­hen. Wie beim letzten Mal vor zwei Jah­ren, nur war es dies­mal viel schlim­mer. Da­mals war ge­ra­de mal ein Krib­beln sei­nen Rücken her­un­ter­ge­lau­fen und im nächs­ten Mo­ment hat­te er sie ge­se­hen. Als wenn al­les an­de­re drum­her­um un­schär­fer wür­de und nur sie klar ab­ge­grenzt und ir­gend­wie hel­ler, wie mit ei­nem Leuch­ten um­ge­ben. Er hat­te noch ver­sucht, sie zu war­nen. Ver­geb­lich. Beim ers­ten Mal hat­te er am nächs­ten Tag von dem tra­gi­schen Tod ei­ner Frau ge­le­sen. Mit­ten am Tag, mit­ten in der Stadt in ei­ner Ne­ben­straße war sie ent­deckt wor­den. Da kei­ne Pa­pie­re bei ihr ge­fun­den wor­den wa­ren, hat­te die Po­li­zei eine Be­schrei­bung der To­ten in die Zei­tung ge­setzt. Frank war schlecht ge­wor­den und der Schwin­del­an­fall hat­te ihn um­ge­wor­fen.
    Wie durch einen Schlei­er be­kam er mit, dass ein Bus ab­fuhr, des­sen An­kunft er nicht mit­be­kom­men hat­te. Er hob den Kopf - und da sah er ihn.
    Der jun­ge Mann auf der an­de­ren Sei­te der Straße saß wie er an der Bus­hal­tes­tel­le. Al­les an­de­re drum­her­um ver­schwamm. Nur er selbst strahl­te. Von ei­nem auf den an­de­ren Mo­ment kam zu dem Käl­te­ge­fühl auch ein Schweiß­aus­bruch. Frank krümm­te sich auf sei­nem Sitz zu­sam­men, konn­te aber den Blick nicht von dem Mann las­sen, der noch völ­lig ah­nungs­los mit sei­nem Han­dy spiel­te.
    Auf ein­mal er­in­ner­te Frank sich an den Mo­ment, an dem sei­ne äl­te­re Schwes­ter ihn ein­mal bei­sei­te ge­nom­men hat­te. Da­mals war er vier­zehn ge­we­sen. In sei­nem Kopf klang ihre Stim­me hohl nach.
    »Wir bei­de sind was Be­son­de­res. Manch­mal fühle ich ge­nau, wie du dich fühlst. Es ist eine ei­gen­ar­ti­ge Sa­che.« Und dann hat­te sie noch et­was hin­zu­ge­fügt, das er nicht ver­stan­den hat­te. »Bei star­ken Emo­tio­nen ist es fast, als wür­den wir mit­ein­an­der re­den.«
    Wie­so kam ihm die­se Er­in­ne­rung jetzt? Angst und Un­si­cher­heit schnür­ten ihm die Keh­le zu. Er at­me­te hef­tig und stoß­wei­se, um die Übel­keit und Ohn­macht zu be­sie­gen.
    Ge­gen­über fuhr ein Bus an die Hal­tes­tel­le und kurz dar­auf war
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