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231 - Der Preis des Verrats

231 - Der Preis des Verrats

Titel: 231 - Der Preis des Verrats
Autoren: Mia Zorn
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würde als Oberflächenkriecher über die geeigneten Mittel verfügen.
    Lachend tauchte Agat’ol durch die dunklen Fluten. Das Wasser rauschte durch seine Kiemen. Gleichzeitig perlte es angenehm kühl über seine schuppige Haut. Mit einem Mal hörte er ein sprudelndes Glucksen. Es kam von unten. Schnell bewegte sich der Mar’os-Anhänger auf die Geräuschquelle zu, bis er den schlammigen Grund des Flusses erreichte. Vorsichtig tastete er sich vorwärts. Sehen konnte er hier unten rein gar nichts. Doch das Geräusch glich jetzt einem Rauschen. Plötzlich spürte er einen warmen Schwall, der gegen seine Körperseite drückte.
    Mit ausgestreckten Armen schwamm er gegen den Widerstand an. Erst als seine Flossenhände das harte Metall einer runden Öffnung ertasteten, erkannte er, dass es sich um ein Abwasserrohr handeln musste.
    Er wusste genug über die Städte der Lungenatmer, um zu erkennen, dass ihn dieses Rohr in die Stadt führen würde.
    Schnell schwamm er zurück zum Ufer, wickelte Bekleidung und Stiefel in die Öljacke und band sich diese auf den Rücken. Dann machte er sich wieder auf den Weg zu dem neu entdeckten Einlass. Dort angekommen, zwängte sich der Mar’osianer in das Rohr. Mit angewinkelten Armen und kleinen Paddelbewegungen seiner Füße bewegte er sich mühsam vorwärts.
    Es war stockdunkel hier drinnen. Agat’ols Augen konnten sich zwar besser in der Nacht zurechtfinden als die der Lungenatmer, aber dazu brauchte es trotzdem eine Lichtquelle, egal wie klein und wie entfernt diese war. Hier gab es nichts dergleichen. Das bedeutete, dass er einen langen Weg vor sich hatte.
    Egal, dachte der Mar’osianer. Nur enger darf die Röhre nicht werden! Mit zusammengebissenen Zähnen schwamm er gegen die Strömung an. Es schien eine Ewigkeit vergangen zu sein, als er den Eindruck gewann, dass sich die Dunkelheit vor ihm erhellte. Tatsächlich konnte er eine Weile später erkennen, dass er in hellbraunem trüben Wasser schwamm. Und wieder später stießen seine Flossenkämme gegen einen federnden Widerstand.
    Agat’ol schob sich ein Stück zurück, um besser sehen zu können. Eine Handbreit vor ihm versperrte ein netzähnliches Gebilde den Weiterweg. Eine Art Sieb, vermutete der Mar’osianer. Vereinzelt hingen kleine Äste und Nester aus Fasern in den Maschen. Agat’ol lockerte seine Muskeln und fädelte seine Amphibienarme nach vorne. Mit seinen verkrüppelten Fingern zerrte er an dem Sieb. Doch vergeblich: Es gab zwar auf Druck nach, löste sich aber nicht.
    Bei Mar’os, jetzt bin ich so weit gekommen, um an einem verrottetem Netz der Lungenatmer zu scheitern? Niemals! Er schlug seine Zähne in die Maschen und begann zu nagen. Doch schon bald verkrampften sich seine Kaumuskeln. Er musste immer längere Pausen einlegen und spürte, wie insgesamt seine Kräfte nachließen. Schließlich versuchte er sich zu motivieren, indem er daran dachte, wie Maddrax seinen gezähmten Kraken Korr’akk verletzt hatte.
    Der Zorn auf den blonden Oberflächenkriecher mobilisierte tatsächlich neue Kräfte. Unbeirrt biss der Mar’osianer sich durch. Endlich waren die Maschen so marode, dass er sie mit seinen Flossenfingern restlos zerfetzten konnte. Während ihm aufgeweichter Unrat entgegenkam, glitt er durch die entstandene Öffnung.
    Ganz offensichtlich befand er sich jetzt in einer breiteren Wasserrinne. Vorsichtig richtete er sich auf: Er konnte stehen! Schemenhaft erkannte er die Umrisse eines gemauerten Schachts. Das Wasser ging ihm bis über die Knie. Über ihm hing so etwas wie Fäden von der Decke. Vermutlich Wurzelwerk von Bäumen und Sträuchern. Rechts und links der Rinne ertastete Agat’ol jeweils einen Sims aus schroffen Gestein, jeder so breit wie einer seiner Arme.
    »Geschafft!«, jubelte er und erschrak im selben Augenblick über das Echo seiner Knack- und Schnalzlaute. Sicherlich war er bereits unterhalb der Stadtmitte. Jetzt musste er nur noch einen Ausstieg finden.
    Er kletterte auf einen der Simse und lief los. Im Schacht roch es nach Moder und Exkrementen. Immer wieder mal strich ihm ein Windzug über das Gesicht. Anscheinend gab es über ihm einige Ausgänge. Doch entweder waren sie zugewachsen oder lagen an einer für ihn unzugänglichen Stelle.
    Agat’ol gab nicht auf. Nach einer Stunde Fußmarsch wurde seine Beharrlichkeit belohnt: Der Steinpfad vor ihm war in graues Licht getaucht. In der Wand entdeckte der Mar’osianer Eisenklammern, die in regelmäßigen Abständen nach oben zu einer
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