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2297 - Unter dem Kondensator-Dom

Titel: 2297 - Unter dem Kondensator-Dom
Autoren: Unbekannt
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was ihr neue Kraft und Klarheit gegeben hat.
    Etwas, das sie vor uns verborgen halten will. Etwas Verbotenes.
    Ich sah Filana ins entstellte Antlitz, fixierte ihr rechtes Auge. Der Blick flackerte nicht unstet wie so oft in den letzten Tagen. Ich konnte auch keinerlei Anzeichen für Drogenmissbrauch erkennen. Nur Wut, Hingabe und die flehentliche Bitte, ihr hier und jetzt, ohne weitere Fragen zu stellen, zu vertrauen.
    Genau das tat ich.
    Ich komplimentierte die übrigen Positroniker hinaus. Ihr Personalvertreter kündigte eine Beschwerde bei der Schiffsführung an. Geschenkt. „Ich bleibe", sagte ich, nachdem sie entrüstet abgerauscht waren.
    Filana blinzelte, leckte sich mit herausgestreckter Zunge über die Unterlippe, horchte in sifch hinein. Dann nickte sie langsam. „Okay. Aber verhalt dich bitte ruhig."
    Ich verzog mich in eine Ecke. Sie setzte den Rucksack ab und neigte sich über ihn, sodass mir ihr Gesicht verborgen war. In dieser Stellung verharrte sie, gestützt von der hydraulischen Krücke, eine Viertelstunde lang.
    Du weißt so gut wie ich, Perry, dass es kokett wäre, mich als technisch Unbedarften zu bezeichnen. Ich halte Ehrendoktorate zahlreicher namhafter Institute aus der halben Galaxis und nicht bloß, weil man mir damit schmeicheln wollte. In so vielen Jahrtausenden sammelt sich allerhand Wissen an; noch dazu, wenn man einen Logiksektor mit fotografischem Gedächtnis besitzt.
    Trotzdem habe ich bis heute keinen blassen Schimmer, was da wenige Schritte neben mir abgelaufen ist.
    Hinterher erfuhr ich, dass wir stark erhöhten Stromverbrauch registrierten. Karonadses Implantate oder der Inhalt ihres Ranzens, ich weiß es nicht, Wie ich zugeben muss, bezogen offenbar drahtlos Energie aus den Zapfstellen des Labors. Die übermannshohe, mehr als zwei Drittel des großen Raums ausfüllende Halde aus Kybb-Gerätschaften war an vielerlei Messapparaturen angeschlossen worden. Keine davon zeigte Aktivitäten an.
    Zweifellos hatte Filana eine unsichtbare Verbindung zwischen ihrer positronischen Schnittstelle und den Datenspeichern etabliert. Doch ich bekam nicht das Geringste von einer Interaktion oder einem Transfer mit. Ich fühlte mich als zur Passivität verdammter Laie in die Medizinhütte eines schamanistischen Geistheilers versetzt, der im Trance-Zustand die Aura eines Patienten liest.
    Endlos zogen sich die Minuten. Einmal stöhnte Karonadse leise, dann passierte scheinbar wieder lange Zeit nichts.
    Ich zuckte regelrecht zusammen, als sich Filana plötzlich aufrichtete. Sie schwankte, fing sich aber gleich wieder, noch bevor ich bei ihr war. „Puh", sagte sie, Schweiß von der rechten Gesichtshälfte wischend. „Huiuiui. Das war ... ein imposantes Erlebnis."
    „Bist du okay?"
    Sie nickte. Strahlte mich an. „Und fündig geworden."
    Meine Augen begannen vor Erregung zu tränen. „Inwiefern?"
    „Ich habe eine gute Nachricht, eine Besorgnis erregende - und zwei sehr schlechte."
    Die Einsatzbesprechung fand wie üblich im kleinen Konferenzraum unweit der Zentrale statt.
    Ich hatte sie für Punkt acht Uhr angesetzt, doch bereits zehn Minuten früher waren wir vollzählig versammelt. Das freute mich: Die Teammitglieder brannten sichtlich darauf, das Unternehmen fortzuführen, trotz der am Vortag erlittenen Rückschläge.
    Hajmo Siderip war äußerlich am stärksten gezeichnet. Er sah furchtbar aus. Als hätte er Rugby gespielt, und zwar gegen eine Mannschaft von Halutern. Seine Augen waren halb zugeschwollen, sämtliche sichtbaren Körperteile mit Schürfwunden, Blutergüssen und Biomol-Pflastern übersät. Der junge Xenopsychologe ächzte bei jeder unachtsamen Bewegung, also oft; Phlegma und Apathie gehörten nicht zu seinen herausragenden Charaktereigenschaften.
    Der Oxtorner Gorm Goya hingegen war wie immer die Ruhe selbst. Falls seine seidig schimmernde, extrem widerstandsfähige Haut überhaupt Kratzer abbekommen hatte, waren diese inzwischen verheilt. Der Kommandant der Raumsoldaten und Kampfroboter, die Hajmos und Filanas Eskorte bildeten, saß regungslos auf seinem hochverdichteten Spezialstuhl. Er erinnerte mich an die Statue eines entspannten Buddhas allerdings eines schlanken, überaus wehrhaften, mit buchstäblich stählernen Muskeln bepackten.
    Jallon Hypt, der Leiter der Abteilung Außenoperationen, kaute noch auf den Resten seines Frühstücks herum. Nach dem Geräusch splitternder Knochen zu urteilen, hatte es sich um eine Ochsenkeule gehandelt, bei unseren ertrusischen Cousins
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