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2240 - Der Graue Autonom

Titel: 2240 - Der Graue Autonom
Autoren: Unbekannt
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stellvertretend für die Orakel getroffen hatte.
    Als die Nacht anbrach, machten sich die Motana an den Auszug. Er war schnell erledigt. Die Motana hatten in der Regel nur die Kleider, die sie am Leib trugen, mit auf die SCHWERT gebracht und wenig Gelegenheit gehabt, in der Zwischenzeit Besitz anzuhäufen. Innerhalb von weniger als einer Stunde war die Höhle ausgeräumt, die Tische und Stühle und übrige Einrichtung, die den Orakeln im Weg sein würde, an anderen Stellen des Schiffs verstaut. Rhodan fand sich allein in dem zweistöckigen Raum wieder, der ihm nun viel größer und weitläufiger erschien. Sie mussten nur noch die Duschanlagen improvisieren, was nach Echophages Angaben kein Problem darstellte, und die Ozeanischen Orakel konnten ihn beziehen.
    Zuerst aber kehrten die Motana zurück.
    Anfangs glaubte Rhodan, dass einzelne Motana doch noch von Sentimentalität überwältigt worden waren und sie ein letztes Mal in Ruhe von der Höhle, die zu ihrer Heimat geworden war, Abschied nehmen wollten. Sie waren ausnahmslos Vertriebene, stammten wie Zephyda von Baikhal Cain, wo die Kybb-Cranar eine gnadenlose Jagd auf ihr Volk veranstalteten, oder von Ash Irthumo, dem Planeten, der in der Zwischenzeit aus dem Sternenozean heraus in den Normalraum gefallen war, einem Ungewissen Schicksal entgegen. Die SCHWERT und insbesondere die Höhle waren zu ihrer neuen Heimat geworden.
    Rhodan sah zu, dass er sich in den dämmerigsten Abschnitt der Höhle zurückzog. Eine Geste nur, Motana besaßen hervorragende Nachtsicht, aber ■ eine, die ihm wichtig war. Es lag ihm fern, die Motana in ihrem Trauerritual - um was sonst konnte es sich handeln? - zu stören.
    Allein und in Gruppen von zweien oder dreien strömten die Motana in die Höhle. Anfangs flüsterten sie nur, erfüllten die Höhle mit einem melodischen Summen, das Rhodan, selbst wenn er genau hinhörte, nicht als Jamisch erkennen konnte. Dann, der Zustrom hielt unvermindert an, sprachen die Motana lauter. Chöre bildeten sich heraus, und ehe Rhodan es sich versah, waren die Motana in einen mehrstimmigen Gesang verfallen, der ganz und gar nicht nach Trauer klang. Was ging hier vor? Als ob der Gesang ein Zeichen darstellte, betraten weitere Motana die Höhle. Wildes Johlen begrüßte die Neuankömmlinge. Einige Augenblicke lang setzte der Gesang aus, um dann von neuem zum Leben zu erwachen, stärker jetzt, als die Neuankömmlinge ebenfalls ihre Stimmen erhoben.
    Rhodan sah in die Gesichter und las Freude in ihnen. Es waren fremde Gesichter. Der Terraner hatte die neu eingetroffenen Motana noch niemals gesehen. Es musste sich um Bewohner von Tom Karthay handeln. Die Frauen besaßen die zarte Haut, wie er sie bei den Einwohnern von Kimte gesehen hatte, die in ihrer Stadt geschützt vor den Klima-Extremen lebten, die den Planeten prägten.
    Und die Männer ... die Männer besaßen derbe Gesichter. Linien hatten sich tief in die Haut gegraben, und ihre - unverhohlene, echte - Freude konnte eine gewisse Unbeholfenheit nicht überdecken. Es mussten Männer aus der Feste Roedergorm sein, die den Umgang mit anderen Motana nicht gewohnt waren, schon gar nicht den mit selbstbewussten Frauen. Die Entfernung zwischen der Feste Roedergorm und Kimte bemaß sich zwar geographisch in Kilometern, und die Motana gehörten ein und demselben Volk an, aber Rhodan wusste, dass er Zeuge wurde, wie soziologische und kulturelle Welten aufeinander prallten.
    Rhodan versuchte, die Motana zu zählen, aber mittlerweile standen sie so dicht, dass ihm die Leiber der vorderen den Blick verwehrten. Der Terraner konnte nicht einmal mehr den Ausgang der Höhle erkennen. Er überlegte. Sollte er sich die Wand entlanghangeln, bis ...? „Perry!"
    Der Ruf war so laut, dass er mühelos den Gesang der Motana übertönte. „Perry!"
    In die kompakte Wand der Motana kam Bewegung. Die Frauen und Männern wichen zur Seite, nicht wie unter Zwang, sondern aus einem inneren Antrieb heraus, als wäre die Planetare Majestät Kischmeide auf den Plan getreten ...
    Eine Lücke tat sich auf - und durch sie hindurch humpelte eine junge Motana^ gestützt auf ein nagelneues Paar hölzerner Krücken. Sie war schlank und hatte die langen Haare zu einem Zopf zusammengebunden. Die orangefarbenen Einsprengsel in ihren grünen Katzenaugen leuchteten. Die Motana lachte. „Venga!", sagte Rhodan. „Was tust du hier?"
    „Perry, ich bin ja so froh, dich zu sehen. Endlich ein bekanntes Gesicht!" Venga kam vor dem Terraner zu stehen.
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