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2170 - Das Reich der Güte

Titel: 2170 - Das Reich der Güte
Autoren: Unbekannt
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Tirotu.
    Doch davon später. Die ersten Flüge mit Hardys'Hiraz unternahm ich ganz bewusst alleine, ohne Meloce. Ich fürchtete mich fast zu Tode dabei, denn die Bedienung des Calkhoo und die Navigation in der Sphäre waren keineswegs so einfach, wie es bei ihr ausgesehen hatte. Doch ich wollte mir - und vor allem ihr - beweisen, dass ich es auch ohne Hilfe schaffen konnte. Und ich schaffte es.
    Gut, einmal wäre ich beinahe in die Sonne gesprungen, als ich eine Transition zu überhastet eingeleitet hatte. Irgendwie kam ich gerade noch am Schwerefeld des Zentralgestirns vorbei; von da an ging ich es etwas gemächlicher an. Schließlich kriegte ich Brett und Bügel immer besser in Griff. Und mein Leben auch.
    Jener erste Ritt mit Meloce bedeutete einen Wendepunkt. Mein Interesse an der Tymdit'horial, dem Zertifikat, das mich als Vaia'Kataan bestätigt hätte, sank immer schneller und erlosch schließlich ganz. Was sollte ich mit dem dummen Wisch? Ich wollte staubreiten. Nichts sonst. Außer Meloce, natürlich. Unser Verhältnis zueinander definierten wir nie. Oder jeden Morgen aufs Neue. Klar war: Wir liebten uns. Immer wieder. Einmal sogar während einer Transition. Doch, das geht. Es ist aber, ehrlich gesagt, nicht so toll, wie es sich vielleicht anhört. Eher stressig. Nein, glaub mir, mein Freund, so genau willst du das gar nicht wissen.
    Viel wichtiger war das Lebensgefühl, das wir teilten. Wir empfanden uns als frei.
    Freier als alle anderen in der Sphäre. Ungleich freier als die Vaianischen Ingenieure, die in ihren Tymdits schufteten. Wir hätten mit keiner und keinem getauscht. Nicht einmal mit dem Verkünder persönlich. Ijotha? Vergiss ihn! Wir schuldeten niemandem Rechenschaft. Wir waren niemandem verantwortlich. Auf unseren Calkhoo durchmaßen wir, nackt und leuchtend, das Caldera-System von einem Ende bis zum anderen. 840 Millionen Kilometer. Und sie gehörten uns.
    Die Kommissköpfe auf den Caldhur-Seglern betrachteten wir nicht einmal als Konkurrenz. Wenn wir von - oder gar mit - ihnen sprachen, blinkten wir rotgelb vor Mitleid. Derart schwerfällige Schiffe, gesteuert aus Tymdits... Was unterschied die Piloten von Fabrikarbeitern wie meiner Mutter? Nichts außer ihren öden dunkelblauen Uniformen. Das wollten wir nicht. Wir hatten uns und die ganze Calditische Sphäre.
    Wir liebten uns, Meloce und ich. Konsequenzen waren daraus übrigens keine zu befürchten. Wann eine Guyar fruchtbar war, ließ sich ganz exakt von ihrem Geflecht ablesen. Und selbst dann gab es unproblematische Mittel und Wege. Obwohl wir uns immer wieder einmal stritten, befetzten, trennten, ewige Rache schworen und gleich darauf ewige Treue - ich war in jener Zeit, glaube ich, sehr glücklich. Meine Eltern ... nicht so.
    Unschöne Szenen spielten sich zwischen uns ab. Hässliche Worte fielen, die ich nicht wiedergeben möchte. Ich hatte ja Verständnis für sie. Mutter war enttäuscht, dass ich nun doch nicht in ihre Fußstapfen trat. Vater fühlte sich persönlich getroffen, gab sich und seiner zu laxen Erziehung die Schuld. Beide taten mir Leid. Doch ich konnte nicht ewig Rücksicht auf sie nehmen. Ich musste mein eigenes Leben leben. Auf meine eigene Weise.
    Umgekehrt verstanden sie mich leider überhaupt nicht. Ständig lamentierten sie über ungenützte Chancen, vergeudete Talente, Undankbarkeit, Verblendung und anderen Unfug. Zum größten Desaster führte der Versuch, Meloce mit heimzubringen. Dabei hatte sich meine Liebste für ihre Verhältnisse außergewöhnlich dezent gekleidet.
    Dennoch beglotzten meine Eltern sie vom ersten Moment an, als wäre sie die leibhaftige Teufelin; und so gingen sie auch mir ihr um. Das ließ sich Meloce nicht gefallen, und ... Wenig später zog ich von zu Hause aus.
    Ich nahm mir ein Zimmer in einer Wohngemeinschaft. Die Suite war ziemlich verlottert, doch die meisten von uns lebten als Staubreiter eben buchstäblich in höheren Sphären. Bald genügte mir mein Anfängerbrett nicht mehr. Hardys'Hiraz II kam, nur um nach kaum einer halben Thadrin durch Hardys'Hiraz III ersetzt zu werden, einen Calkhoo, der es schon fast mit Meloces Gerät aufnehmen konnte. Und dabei motzte sie es permanent mit allen High-Tech-Modulen auf, deren sie nur habhaft werden konnte.
    Die für unseren durchaus extensiven Lebensstil nötigen Finanzmittel besorgten wir, indem wir uns zwischenzeitlich als Lohnkutscher verdingten. Dazu wurde unter dem Brett ein Gondelkörper angedockt, in dem bis zu sechs Passagiere Platz
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